Der Kontradekan

Mit einem dreifachen „Hoch! Hoch! Hoch!“ wurde am frühen Samstagmorgen im Rahmen eines Festaktes in der Hochschule Mittweida der Medienwissenschaftler Prof. Horst Müller als bundesweit erster Kontradekan offiziell in sein Amt eingeführt. Lesen Sie in diesem Blog-Spezial die ganze Geschichte über Müllers Aufstieg an die Spitze der Fakultät Medien. Außerdem: Bald gefahrlos in den Hörsaal – Grundsteinlegung für den ZMS-Tunnel. Am Ende gibt’s noch eine Entwarnung für „Teile des Lehrkörpers“: Künftig geht’s auch ohne Rechtschreibung. | Titelbild: Helmut Hammer, Hochschule Mittweida

Feierliche Amtseinführung des bundesweit ersten Kontradekans an der Hochschule Mittweida | Bild: Hendrik Schmidt

 Mit der Ernennung des Kontradekans setzt die mittelsächsische Hochschule gut 20 Jahre nach Einführung des „Mittweidaer Modells“ erneut Maßstäbe in der medienwissenschaftlichen Ausbildung, weit über die Grenzen des Landes hinaus. Grundlage war eine Langzeitstudie, in der namhafte Medienwissenschaftler zu dem Ergebnis gelangten, dass es an Hochschul-Fakultäten zwar Pro- jedoch keine Kontradekane gibt.

In Mittweida geht man sogar noch einen Schritt weiter, als die Autoren der Studie ursprünglich empfohlen hatten: Der Kontradekan wird nicht dem Prodekan, sondern dem Dekan der Fakultät Medien gleichgestellt. Bei Abstimmungen im Fakultätsrat erhält der Kontradekan sogar ein allgemeines Vetorecht; das heißt: Gegen seinen Willen werden künftig weder Studiendekane gewählt noch Bewerber für Professuren auf die Vorschlagsliste für den Rektor gesetzt und erst recht  keine potentiellen Arbeitsverweigerer mehr eingestellt. Zudem erhält der Kontradekan zeitlich uneingeschränktes Rederecht bei allen Gremiensitzungen und Veranstaltungen der Fakultät Medien. Als offizielle Anrede wurde auf Vorschlag eines Mitglieds des Wissenschaftlichen Beirats in Anlehnung an „Spektabilität“ für den Dekan, die Wortschöpfung „Despektabilität“ für den Kontradekan festgelegt. Im offiziellen Schriftverkehr muss demnach die korrekte Anrede „Eure Despektabilität“ lauten.

Allerdings ist die Person Müller in Teilen der Professorenschaft durchaus nicht unumstritten. Kritisiert wurde in der Vergangenheit wiederholt, dass der gelernte Industriekaufmann von Kollegen, Mitarbeitern und Studierenden zumindest ansatzweise Kenntnisse der Medienbranche einfordert. So äußerte er seinen Unmut darüber, dass Studierende nicht in der Lage seien, die Spielregeln des RTL-Klassikers „Tutti Frutti“ fehlerlos zu rezitieren. Ein anderes Mal bemängelte er, dass ein Kollege nicht auf Anhieb wusste, wann sich Jenny Elvers zum ersten Mal für den deutschen „Playboy“ entblößte.

„Es reicht schließlich, wenn wir uns ‚Fakultät Medien‘ nennen…“

Vermutlich um die Position des Kontradekans zu erlangen, ist Prof. Müller inzwischen von solchen Forderungen im Hinblick auf die Medienkompetenz seines Umfeldes deutlich abgerückt: „Es reicht schließlich, wenn wir uns ‚Fakultät Medien‘ nennen, dann müssen wir uns ja nicht auch noch inhaltlich mit dieser Materie beschäftigen“, äußerte der sichtlich in die Jahre gekommene Zweimetermann nach seiner Amtseinführung bei einem Empfang im Zentrum für Medien und Soziale Arbeit.

Nicht immer jugendfrei - die Vorlesungen des bisherigen Professors für Redaktionspraxis an der Fakultät Medien der Hochschule Mittweida

Der 64-Jährige war ohnehin erst im zweiten Anlauf vom Wissenschaftlichen Beirat der Fakultät Medien mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit in die neugeschaffene Position gewählt worden. Zuvor hatten Mitglieder des Gremiums Zweifel an der erforderlichen wissenschaftlichen Qualifikation des einzigen Kandidaten geäußert. Aber auch diese Bedenken konnte Müller mit Hinweis auf seine unmittelbar bevorstehende Dissertation schnell zerstreuen. Zwar ist noch unklar, ob er seinen Doktortitel in den kommenden Wochen in Rumänien als „Dr. rum.“ oder in Albanien als „Dr. alban.“ erwerben wird. Dafür verriet er gegenüber Vertrauten schon mal das innovative Thema seiner wissenschaftlichen Arbeit: „370 Grad Videos in 5D – wie das Bewegtbild auch in Mittweida wieder laufen lernt.“ 

„Vorsingen“ am Dienstag beim Kontradekan

In einer ersten offiziellen Amtshandlung wird der Kontradekan am kommenden Dienstag ab 12.00 Uhr im großen Hörsaal des ZMS bei den Probevorlesungen (auch als „Vorsingen“ bezeichnet) der Kandidaten für seine Nachfolge anwesend sein. Die kurzfristige Berufung eines weiteren Professors – bzw. einer Professorin – wird deswegen notwendig, weil sich  Müller künftig vollständig auf seine neuen Aufgaben konzentrieren will. Ob er die so gewonnene Zeit nutzen wird, um bereits auf der Mitarbeiterversammlung der Fakultät am kommenden Mittwoch seine erste große Rede als Kontradekan zu halten, stand bei Redaktionsschluss allerdings noch nicht fest.

 

Grundsteinlegung für den ZMS-Tunnel
Grundsteinlegung für den ZMS-Tunnel im Beisein zahlreicher Honoratioren aus Mittweida und Umgebung | Bild: Hochschule Mittweida

Noch vor Prof. Müllers Amtseinführung fand am ganz frühen Samstagmorgen vor dem Haupteingang des Zentrums für Medien und Soziale Arbeit im Beisein zahlreicher örtlicher Honoratioren aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik die Grundsteinlegung für den ZMS-Tunnel statt. Jahrelang hatte sich Professor Horst Müller für eine sichere Überquerung der stark befahrenen Mittweidaer Bahnhofstraße auf Höhe des erst im Sommer 2014 eröffneten Hochschulgebäudes persönlich stark gemacht. In einer kurzen Ansprache würdigte der Rektor der Hochschule Mittweida ausdrücklich Müllers Einsatz für die Sicherheit der Studierenden und nannte ihn bei dieser Gelegenheit „eine lebende Legende der Fakultät Medien„.

Ein Vertreter des beauftragten Baukonzerns Niederig Flach ging bei der Grundsteinlegung davon aus, dass die unterirdische Passage noch vor dem Berliner Flughafen spätestens bis zum August 2024 fertiggestellt wird. Dann sollen Professoren, Mitarbeiter und Studierende vom Lidl-Parkplatz aus entlang einer attraktiven Shopping Mall direkt den Eingangsbereich des „Schwarzen Blocks“ trockenen Fußes erreichen können.

Nach Informationen von 99drei Radio Mittweida sollen wegen des Tunnelbaus auch Pläne für die Einrichtung eines Studenten-Lotsen-Dienstes über die Bahnhofstraße nach dem Vorbild von Schülerlotsen vorerst nicht weiterverfolgt werden. Ein Professor der Fakultät Medien hatte freundlicherweise bereits angeboten, dass Freunde von ihm aus Leipzig diese Aufgabe „leicht übernehmen“ könnten. Nun muss für die „Spezln“ des Professors eine andere Aufgabe gefunden werden, was erfahrungsgemäß wohl kein größeres Problem sein dürfte.

Rechtschreibung entfällt

Zum Schluss noch eine Entwarnung für Studentinnen und Studenten Teile des Lehrkörpers an der Fakultät Medien: Nachdem mit Beginn des Sommersemesters 2018 Kolloquien als abschließende mündliche Prüfungen von Bachelorprojekten bereits abgeschafft werden, soll künftig auch die korrekte Anwendung der deutschen Rechtschreibung bei Bewertungen von Belegen, Klausuren und Abschlussarbeiten keine Rolle mehr spielen.

Vorbild für diese weitgehende Novellierung der Prüfungsordnung könnte die Onlineplattform medienMITTWEIDA sein. Dort wurde schon vor Monaten die deutsche Rechtschreibung erfolgreich außer Kraft gesetzt. Der Kontradekan will nun von der noch zu bildendenden Kontra-Kommission (KoKo) Leitlinien für die korrekte Anwendung der falschen Rechtschreibung erarbeiten lassen. Details dazu werden – sobald verfügbar – von Medien!Student zuerst veröffentlicht.