Hafen ohne Geburtstag

Die Absage der Feierlichkeiten für den 832. Hamburger Hafengeburtstag kommt knapp sechs Monate vor dem geplanten Termin im Mai 2021 viel zu früh und wird  weitere Auswirkungen auf den Tourismus in der Hansestadt haben. Betroffen von den coronabedingten Maßnahmen sind nicht nur hunderttausende potentieller Hamburg-Besucher*innen, sondern vor allem auch all diejenigen, die vom Hafen und den vielen anderen touristischen Attraktionen unserer wundervollen Stadt leben. 

Pobacken sind schon am Anschlag

Als braver Bürger tue ich jetzt das, was der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI) Lothar Wieler von mir erwartet: Ich kneife meine Pobacken zusammen. In einer Pressekonferenz zur „Corona-Lage in Deutschland“ am Donnerstag (12. November) dachte Wieler dabei wohl kaum an Übungen zur Straffung ermatteter Gesäßmuskulaturen. Nein, es geht darum, dass wir weiterhin unsere Kontakte  auf ein Mindestmaß beschränken und auf alle Vergnügungen verzichten sollen, Reisen auch innerhalb Deutschlands eingeschlossen. Wie lange wir noch die Pobacken  zusammengekniffen halten sollen, verriet Wieler nur vage, indem er von „ein paar Monaten“ sprach. 

Hamburgs parteiloser Wirtschaftssenator Michael Westhagemann hat da offenbar schon weitergehende Erkenntnisse: Am Donnerstag (12. November) sagte er die Feierlichkeiten für den 832. Hafengeburtstag ab, knapp sechs Monate vor dem geplanten Veranstaltungstermin vom 7. bis 9. Mai 2021. Westhagemanns Argument, dass „keine realistische Chance auf eine Durchführung bestünde“, verwundert zu diesem frühen Zeitpunkt schon und gleicht eher Hellseherei. Eine faktenbasierte Grundlage für diese weitreichende Entscheidung konnte er nicht vorlegen. 

Ob der Hamburger Senat Partnern, Helfern und Dienstleistern für den Hafengeburtstag mit dieser frühen Absage tatsächlich einen Gefallen tut, wie Westhagemann in seiner Pressemitteilung vom 12. November weismachen will, erscheint mehr als fraglich. Gerade für Selbständige und Kleinunternehmen aus der Veranstaltungs- und  Schaustellerbranche einschließlich der mobilen Gastronomie hätte der Hafengeburtstag zumindest ein Lichtblick sein können. Die meisten Unternehmer*innen und Mitarbeiter*innen aus diesen Branchen kneifen – um Wielers Worte aufzugreifen – seit Monaten die Pobacken dermaßen zusammen, dass sie längst am Anschlag sein dürften. Gut besoldete Staatsbedienstete wie Wieler, Westhagemann und Co. haben dagegen keine existenziellen Nachteile durch die Maßnahmen, die sie selbst mit zu verantworten haben. 

Erinnerung an den Hafengeburtstag im Mai 2011

Und es geht nicht nur um Einnahmeverluste wegen der nun nicht stattfindenden Feierlichkeiten zum Hafengeburtstag. Diese – viel zu frühzeitige – Absage hat eine verheerende Signalwirkung auf den gesamten Tourismus in Hamburg. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird man so auch viele potentielle Besucher von vornherein vergraulen, die nach (hoffentlich baldiger) Aufhebung der Corona-Maßnahmen auch außerhalb des  Hafengeburtstags die Hansestadt gern besucht hätten. Die Botschaft des Wirtschaftssenators, der auch noch für die touristische Vermarktung Hamburgs zuständig ist, lautet schließlich: „Kommt besser nicht nach Hamburg“

Hamburg liegt touristisch am Boden

Die frühzeitige Absage des Hafengeburtstags könnte negative Signalwirkung haben. Aus touristischer Sicht liegt Hamburg damit erst einmal am Boden, nicht nur in der Zeit des „Lockdown light“, sondern auch für die Zeit danach, wenn Hotels, Gaststätten, Museen und Theater hoffentlich bald wieder öffnen dürfen. Dann wird die Hansestadt von Touristen wohl ähnlich gemieden werden wie München in diesem Sommer, nachdem schon im April das Ende September stattfindende Oktoberfest abgesagt wurde. Hinzu kommt in Hamburg, dass weitere Touristenattraktionen wie der Fischmarkt, die Musicaltheater und das „Rotlicht“ auf St. Pauli vorerst geschlossen bleiben. 

Bei der Entscheidung für die frühzeitige Absage der Feierlichkeiten zum 832. Hafengeburtstag hat der Senat unzureichend die weitreichenden Konsequenzen für den Tourismus und die damit verbundenen unzähligen Arbeitsplätze in der Hansestadt bedacht. So bescheuert das auch klingen mag: Jetzt müssen Wirtschaftssenator Westhagemann und seine Kolleg*innen in Hamburgs Landesregierung wohl darauf hoffen, dass Corona der Stadt noch möglichst lange „erhalten“ bleibt – denn andernfalls hätten sie einen kapitalen Fehler gemacht, der nur schwer zu korrigieren sein wird.