Die letzte Prüfung
Das war`s dann wohl. In dieser Woche habe ich die Bewertungen der letzten von mir an der Fakultät Medien der Hochschule Mittweida abgenommenen Prüfungen an Medieninformatik-Studierende übermittelt. Klausuren in geschlossenen Hochschulräumen sind nach meinen Erfahrungen aus 14 1/2 Jahren als Medien-Prof. alles andere als „lästige Routinen“ – sonst wäre dieser letzte Blogeintrag zum Thema Prüfungen auch gar nicht möglich geworden.
Zugegeben – ich war verdammt aufgeregt, als ich am Ende des Sommersemesters 2004 meine erste schriftliche Prüfung vorbereitete: Sind die Aufgaben zu schwer – oder zu leicht? Habe ich wirklich alles bedacht? Mein akademischer Ziehvater, Prof. Dr. Ludwig Hilmer, damals Dekan der Fakultät Medien – heute Rektor der ganzen Hochschule Mittweida, bemerkte meine sichtliche Anspannung und versuchte mich in seiner unvergleichlich jovialen Art zu beruhigen: „Eine Prüfung ist doch gar nicht schlimm, man muss nur auf der richtigen Seite sitzen.“
Und dann kam die erste Klausur – und damit die erste Überraschung: „Haben Sie ‚was dagegen, wenn ich eine halbe Stunde früher gehe?“, fragte mich eine Studentin selbstbewusst kurz vor Beginn der Prüfung. Sie wollte rechtzeitig in Leipzig sein, um ihren Urlaubsflieger (ich glaube es war nach Palma de Mallorca) zu erreichen. Das ging schief – zumindest mit der Prüfung. Ein Jahr später richtete sie sich dann mit der Urlaubsplanung nach den Prüfungsterminen und bestand die Klausur im zweiten Anlauf.
Mein „chinesisches Wunder“
Zu den Teilnehmern im Fach „Journalistisches Arbeiten“ gehörte im Wintersemester 2004/5 eine junge Chinesin. Zu Beginn der ersten Vorlesung nach den Weihnachtsferien überreichte sie mir ein hübsch anzusehendes buntes Päckchen, verbunden mit dem Hinweis: „Für Herr Professor von Eltern“. Mir gelang es nicht, meine Studentin aus Fernost davon zu überzeugen, dass ich von ihr oder von ihren Eltern unmöglich ein Geschenk annehmen könne. Meine Erklärungsversuche scheiterten vor allem an ihren mangelnden Deutschkenntnissen, das glaubte ich zu diesem Zeitpunkt zumindest.
Vier Wochen später, als ich ihre Klausurarbeit korrigierte, staunte ich nicht schlecht über gut formulierte Nachrichten und fundierte Interviewfragen. Am Ende wurde es eine glatte Zwei. Wie die junge Studentin das geschafft hat, weiß ich bis heute nicht. Für mich wurde sie zum „chinesischen Wunder“. Zumindest weiß ich inzwischen, dass sie mich nicht bestechen wollte: In China und anderswo ist es durchaus üblich, dass Studenten ihren Professoren zu Festtagen Geschenke mitbringen.
Ein Schnappschuss, den Ex-Medienmanagementstudent Pascal Schröder über Facebook verbreitete, erinnert mich an die Prüfung am Ende des Wintersemesters 2011/12. Damals hatte ich meinen Lehrbrief „Journalistisches Arbeiten“ zum ersten – und auch letzten – Mal als Unterlage für die Klausur zugelassen. Das Ergebnis konnte sich durchaus sehen lassen – zumindest optisch: Manche Bücher wirkten mit ihren bunten Merkzetteln schon fast wie Kunstwerke. Pascal gehörte nicht zu den fleißigen „Klebern“ – trotzdem ist aus ihm ein besonders erfolgreicher Videoproduzent geworden.
Mein überaus geschätzter Ex-Kollege Prof. Dr. Peter Will, der im vergangenen Februar 2016 in den Ruhestand ging, hatte jahrelang intensiv mit Klausuren zu tun – nicht nur als Lehrender, sondern auch als Vorsitzender des Prüfungsausschusses der Fakultät Medien. In einer seiner Lehrveranstaltungen hatte er seinen Studenten Einblicke in „Tricks“ bei Klausuren gegeben und unter anderem von dem doppelseitig klebenden Etikett auf Wasserflaschen berichtet.
Was der Professor da erzählt, wird wohl stimmen, dachte sich offenbar einer seiner Studenten und probierte den Schummeltrick mit dem Flaschenetikett bei der nächsten Prüfung aus. Peter Will erwischte ihn und erteilte dem Prüfling eine Abmahnung; ob wegen der Schummelei an sich oder weil er den „Flaschentrick“ einfach nur schlecht ausgeführt hat, ist mir leider nicht bekannt.
Hard Rock im Prüfungsraum
Und dann war da noch der Student, dessen Telefon während der schriftlichen Prüfung – nicht klingelte, sondern durch Hard Rock-Akkorde – einen eingehenden Anruf signalisierte. Bevor ich verbal eingreifen konnte, erklärte der Prüfling dem Anrufer, dass es „jetzt schlecht“ sei zu telefonieren. Nachdem er das Gespräch beendet hatte, schaute er mich ein wenig verlegen an und meinte nur „ähhhh, sorry“. Ich habe daraufhin die Prüfungszeit um drei Minuten verlängert, als Ausgleich für die Kommilitonen, die während der Prüfung keinen Telefonanruf erhalten hatten…
So, genug der Anekdoten. Ich drücke allen Studierenden, die künftig eine Prüfung ablegen müssen, ganz kräftig die Daumen. Ich bin derweil froh, dass ich diesen Teil meines Berufslebens ohne größere „Schäden“ überstanden habe. Danke nochmals den Kolleg*innen, Mitarbeiter*innen und vor allem den Studierenden, die mich dabei so großartig unterstützt haben. Tschüss.