Gefahr erkannt – und NICHT gebannt
Es bleibt dabei: Der Weg zu den Hörsälen im Zentrum für Medien und Soziale Arbeit (ZMS) ist für Studenten und Dozenten der Hochschule Mittweida nicht selten ein „Spießrutenlauf“ zwischen Autos und LKWs. Eine schnelle Behebung der gefährlichen Straßensituation ist weiterhin nicht in Sicht.
Für die nette Verkäuferin im Bäckereiwagen ist klar, dass es hier „früher oder später richtig krachen wird“. Die Frau muss es wissen. Von ihrem mobilen Verkaufsstand aus, blickt sie auf eine besonders gefährliche Verkehrskonstellation: Neben ihr die unübersichtliche aber stark frequentierte Zufahrt zum „Schwarzen Block“ – wie das Zentrum für Medien und Soziale Arbeit wegen seines dunklen Anstrichs häufig genannt wird. Vor ihrem Verkaufswagen sieht sie häufig lange Auto- und LKW-Schlangen auf der Bahnhofsstraße, die das Mittweidaer Stadtzentrum mit dem Bahnhof sowie der Ausfallstraße in Richtung Altmittweida und Chemnitz verbindet. Als wenn das noch nicht genug wäre, befindet sich gegenüber noch die Zufahrt zum belebten Parkplatz des Discounters LIDL und zwei Bekleidungsmärkten. Wenn mittags ganze Studentengruppen das ZMS verlassen, um über die Bahnhofsstraße in Richtung Mensa und Bibliothek zu gehen, wird der Fußweg über die Bahnhofstraße regelmäßig zum gefährlichen Spießrutenlauf.
(1) Die Bahnhofstraße in Mittweida hat den Charakter einer Durchgangsstraße, die besonders häufig von LKWs befahren wird. | (2) Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich die Zufahrt zum stark frequentierten LIDL-Parkplatz | (3) Die Ausfahrt des öffentlichen Parkhauses am ZMS ist stark sichtbehindert | (4) Der Haupteingang des ZMS liegt schräg gegenüber der Einfahrt vom LIDL-Parkplatz | (5) Der direkte Weg führt vom “Schwarzen Block” zur Mensa und Bibliothek, weiteren Hochschulgebäuden sowie zu den gegenüberliegenden Einkaufsmärkten über die Bahnhofsstraße.
„Die Situation ist wirklich sehr gefährlich“, hat längst auch Sylvia Bäßler erkannt. Die Kanzlerin der Hochschule Mittweida bemüht sich seit geraumer Zeit eine Lösung zu finden, scheiterte bislang jedoch an der „Verkehrsbürokratie“. Im April des vergangenen Jahres wurde von der Hochschule bereits eine Fußgängerzählung durchgeführt. Im „Abschlussbericht“, der zugangsberechtigten Mitarbeitern über die Website der Hochschule Mittweida zur Verfügung steht, ist unter anderem nachzulesen, dass in der Mittagszeit regelmäßig 200 Fußgänger an dieser Stelle die Bahnhofstraße überqueren – innerhalb von nur 30 Minuten. Dabei war zu diesem Zeitpunkt das neu erbaute Laserzentrum hinter dem ZMS noch nicht einmal in Betrieb. Auch die Forscher, Dozenten und Studenten aus diesem Gebäude nutzen inzwischen den direkten Weg über die Bahnhofsstraße, um in die Mensa, Bibliothek oder andere Gebäude der Hochschule zu gelangen.
Ein Fußgängerüberweg ist längst überfällig
Ein Fußgängerüberweg vor dem „Schwarzen Block“ ist längst überfällig, möchte man meinen. Wer ist also verantwortlich dafür, dass endlich Zebrastreifen vor dem ZMS auf die Straße gemalt werden? Die Stadt Mittweida jedenfalls nicht, sagte Oberbürgermeister Ralf Schreiber noch bevor er – als einziger Kandidat – mit 95,9 Prozent der abgegebenen Stimmen im Juni 2015 in das Amt gewählt wurde beim “Wahlforum der Freien Presse” (YouTube bei 12:25 Min.) – ausgerechnet im Zentrum für Medien und Soziale Arbeit. Ohnehin ist der CDU-Mann kein Freund einer weiteren Fußgängerüberquerung auf Höhe des ZMS, weil es hier „einen sehr engen Ampelbesatz“ gebe. Mit anderen Worten: Wer die Bahnhofsstraße überqueren will, müsste entweder rund 250 Meter in Richtung Stadtzentrum oder die gleiche Entfernung in Richtung Bahnhof zurücklegen.
Es ist schon erstaunlich, dass ein Lokalpolitiker soweit weg von der Lebenswirklichkeit seiner Bürger sein kann, wenn er beispielsweise davon ausgeht, dass Studis und Profs einen Umweg von rund einem halben Kilometer in Kauf nehmen würden, um dem täglichen Spießrutenlauf auf dem Weg vom Hörsaal zur Mensa zu entgehen. Schreiber wiederholte damit allerdings im Prinzip nur das, was sein Amtsvorgänger, CDU-Parteifreund – und heutiger Landrat von Mittelsachsen – Matthias Damm schon im Jahr 2014 gegenüber 99drei Radio Mittweida geäußert hatte. Der sah damals schon keinen Handlungsbedarf, weil er sich wegen einer möglichen Beeinträchtigung des fließenden Verkehrs auf der Bahnhofstraße sorgte – und nicht etwa um die Sicherheit der Fußgänger.
Weil die Bahnhofsstraße am ZMS ein Teil der Kreisstraße ist, kommt das Landesamt für Straßen und Verkehr (LASuV) als zuständige Behörde ins Spiel – was die Sache mit dem „Zebrastreifen“ nicht unbedingt vereinfacht und schon gar nicht beschleunigt. Wie mir die Kanzlerin schon vor einigen Wochen mitteilte, „will das LASuV auf Grundlage der bereits im April 2016 durchgeführten Fußgängerzählung bis Mitte dieses Jahres eine Studie mit dem Ziel erarbeiten, die Kreisstraße zu verlegen und diesen Teil der Bahnhofstraße in den Zuständigkeitsbereich der Stadt Mittweida zu übergeben.“ Zudem gebe es Überlegungen der Behörde, in diesem Bereich eine verkehrsberuhigte Zone zu schaffen.
Unsere Kanzlerin, Sylvia Bäßler, will in der Sache zwar nicht lockerlassen und „das Thema in der nächsten Beratung wieder ansprechen.“ Dennoch ist bislang nicht abzusehen, wann endlich Studierende, Dozenten und Mitarbeiter der Hochschule ihre Arbeits- und Studienplätze im ZMS einigermaßen gefahrlos erreichen können. Wie bis zur vermeintlichen Verkehrsberuhigung in wohl etwas fernerer Zukunft der tägliche Spießrutenlauf auf die andere Straßenseite am besten zu bewältigen ist, war leider auch kein Thema der „Gesetzlich vorgeschriebenen Arbeits- und Brandschutzbelehrung“ im Januar dieses Jahres. Dafür lernte ich vom Sicherheitsingenieur der Hochschule, dass ich als Fahrradfahrer kräftig klingeln solle, wenn Gefahr im Verzug sei. Bedauerlich, dass ich kein Fahrradfahrer bin.
Offenlegung: Bildmaterial, Informationen und Textauszüge dieses Blogposts stammen teilweise aus dem Beitrag „Oder muss erst was passieren?“, den ich am 4. Dezember 2015 hier bei Medien!Student veröffentlicht hatte.