Die schlechte Nachricht zuerst: In diesem Winter wird’s wohl doch kein Alstereisvergnügen geben. Dagegen stehen nicht nur die Corona-Schutzmaßnahmen, die auch in Hamburg vorerst bis zum 7. März verlängert wurden, sondern auch ein Wetterwechsel. Ab Montag sollen die Temperaturen dauerhaft wieder über den Gefrierpunkt steigen und die Sonne wird sich wohl erst einmal verkriechen. Bei diesen eher trüben Aussichten denke ich doch lieber an das vergangene Wochenende (12.-14. Februar) zurück mit knackig kalten Temperaturen und nahezu unendlichem Sonnenschein.
Voller "Laufsteg der Eitelkeiten"
Wenn man – wie an diesem Wochenende – die Menschenmassen sieht, die zumeist ohne Abstand und fast alle ohne Mund- und Nasenschutz, über den 7,4 km langen „Laufsteg der Eitelkeiten“ um die Außenalster spazieren, könnte man meinen, dass die Corona-Pandemie hier keinen Zutritt hat. Dass die Menschen die schönen Tage an der frischen Luft genießen wollen, ist doch in dieser ansonsten so tristen Zeit völlig klar. Vielleicht wäre es trotzdem sinnvoll, das Tragen von „Schnutenpullis“ in diesem stets sehr belebten innerstädtischen Ausflugsgebiet aufzuerlegen. In anderen Teilen der Stadt ist das schon lange vorgeschrieben, selbst wenn diese zurzeit fast menschenleer sind, so wie die Reeperbahn in St.Pauli.
Polizei jagt "Eisgänger"
Weil sich die Polizei an der Alster nicht um Mund- und Nasenbedeckungen kümmern muss und zu geringe Abstände offenbar ignoriert, konnten sich die Beamten am Wochenende voll und ganz den durchgeknallten „Eisgängern“ widmen. Trotz vielfacher Warnungen hatten sich ganze Gruppen von Spaziergängern immer wieder auf die nicht einmal geschlossene Eisfläche des großen Alstersees vorgewagt und dabei teilweise auch noch Kinder mitgenommen. Ein Freund berichtete, dass am Freitagnachmittag die Polizei sogar per Hubschrauberdurchsagen die Eisfläche räumen musste. Am Wochenende hatten die Polizeihubschrauber dann wohl Einsatzpause. Einige Beamte bemühten sich zu Fuß oder vom Motorrad aus, das gefährliche Eis-Roulette auf der Alster zu beenden.
Wer dagegen auf dem etwa 170 m kurzen Nebenarm am Rande der Alsterwiesen Pirouetten auf dem Eis übte oder einfach nur ein wenig herumrutschen wollte, blieb nach meinen Beobachtungen von den Ordnungskräften unbehelligt. Wohl zu Recht: Etwaige Einbrüche wären hier wohl nicht lebensgefährlich gewesen – so wie auf dem großen Alstersee, sondern hätten vermutlich nur zu nassen Füßen geführt. Die gab’s zum Glück wohl nicht, sondern vor allem strahlende Kinderaugen über das seltene Wintervergnügen.
Inge als Entenmutter
Weniger Spaß mit den kalten Temperaturen dürften die Vögel auf den Gewässern haben. Während die 120 Alsterschwäne noch bis weit in den März hinein in ihrem Winterquartier am Mühlenteich sind, kümmerte sich Inge am Sonntagmittag um die Versorgung zumindest einiger Wasservögel an der Alster. Frei nach dem Motto: Neben dem hauptberuflichen Schwanenvater Nieß, gibt’s jetzt auch eine freiwillige Entenmutter. Zuerst versorgte sie am Hellwigpark Enten und ganze Herrscharen von Blässhühnern mit Haferflocken. Neben uns freute sich ein kleiner spanisch sprechender Junge: „Los pájaros son tan lindos, mamá“, rief er begeistert seiner Mutter zu. „Die Vögel sind so süß, Mama.“
Noch lauter als bei den Enten und Blässhühnern ging’s dann bei den Möwen zu. Eine Gruppe schien in einiger Entfernung von der Krugkoppelbrücke am nördlichen Ende der Außenalster auf dem Eis stehend schon auf uns gewartet zu haben. Sobald Inge in ihre Tüte fasste, setzte sich der Schwarm in unsere Richtung in Bewegung. Als die geschickten weiß-grauen Flieger auf uns zukamen, mussten wir unwillkürlich an Hitchcocks Klassiker „Die Vögel“ denken. „Unsere“ Möwen entpuppten sich zum Glück als weniger gefährlich. Sie schnappten sich nur die Haferflocken und Brotstückchen und unterhielten uns dabei mit spektakulären Kunstflugeinlagen. Bald waren Inges Mitbringsel für die Vogelwelt an der Alster zu Ende. Die Vögel drehten ab und wir gingen nach Hause. Schön war’s.
Möwe im Anflug zum „Futterfassen“ an der Außenalster