Erst ein wenig Chaos - dann Schlittenfahren
Wenn Schnee auf Hamburg trifft, was in den letzten Jahren eher selten vorkam, gibt’s feste Szenarien: Die Bahn meldet winterbedingte Ausfälle, die Köhlbrandbrücke wird wegen rutschender LKWs gesperrt und Rodelschlitten werden von Dachböden oder aus Kellern hervorgeholt. Häufig ist dann der Schnee schon wieder weg, noch bevor die Schlitten zum Einsatz kommen können. Am letzten Januarwochenende war’s in diesem Jahr allerdings ganz anders: Nachdem es ab Freitagnachmittag bis in den späten Abend hinein für Hamburger Verhältnisse recht ergiebig geschneit hatte, blieb die weiße Pracht am Samstag und Sonntag einfach liegen.
Rodeln - nur mit Abstand - gut
Als wir am Samstagmittag in den Innocentiapark am Rande des kleinen Stadtteils Harvestehude kommen, wundern wir uns über die vielen Rodelschlitten, die hier im Einsatz sind. Schließlich hat es in Hamburg vor knapp drei Jahren das letzte Mal so richtig geschneit. Und dennoch steuern selbst kleine Pimpfe ihre Schlitten mit viel Geschick den Hügel runter. Nach längstens hundert Metern ist die ohnehin nicht ganz so rasante Abfahrt aber schon wieder vorbei und der Schlitten muss den kleinen Hügel wieder hinaufgezogen werden. Etwas weiter und schneller schaffen es die zumeist etwas älteren Kinder, die mit so genannten Poporutschern aus Plastik unterwegs sind.
Ob mit Schlitten oder auf Poporutschern – wir sehen nur fröhliche Kinder hier am Rodelhügel. Sie alle freuen sich sichtlich über ein wenig Abwechslung im sonst so tristen Corona-Lockdown. Und wir beobachten auch, dass selbst Kinder inzwischen gelernt haben, Abstand zu halten. Abends hören wir dann, dass im gar nicht mal so weit entfernten Schanzenpark der Andrang der Rodler*innen so groß gewesen sein soll, dass das Areal im Hinblick auf mögliche Ansteckungen von der Polizei zeitweise gesperrt wurde.
Hamburger Alternativen im Schnee
Im Gegensatz zum Schanzenpark ist der 7,4 Kilometer lange Weg rund um die Außenalster offenbar Hamburgs Hochsicherheitszone gegen Corona. Auch an diesem Samstagnachmittag spazieren Tausende, vermutlich sogar Zehntausende über Hamburgs „Laufsteg der Eitelkeiten“. Der Mindestabstand von 1,50 m kann – im Gegensatz zur Rodelbahn – vielfach nicht eingehalten werden, dennoch tragen nur ganz wenige der Spaziergänger einen Mund- und Nasenschutz. Für die Stand-Up-Paddlerin und die beiden Ruderer auf dem Wasser ist diese Vorsichtsmaßnahme wohl nicht erforderlich – sie haben die schneeumsäumte Alster fast für sich allein. Der Mindestabstand scheint bei diesen alternativen Wintersportlern durchgehend gewährleistet zu sein.
Gendergerechte Schneefigur
Einige Probleme scheint den wenig wintererprobten Hamburger*innen die Modellierung von Schneemännern zu bereiten. In den Alsterwiesen gehen wir zunächst an ein paar Schneefiguren vorbei, die eher Schweinchen oder Hündchen ähneln, möglicherweise diese auch darstellen sollen. Schließlich entdecken wir eine übermenschengroße Gestalt, die sich bei näherem Hinsehen eindeutig als Schneefrau erweist. Während die Künstlerin in Begleitung eines kleinen Mädchens noch letzte Hand an das winterliche Meisterwerk anlegt, lobt eine Beobachterin die „gendergerechte Schneefigur“.
Das soll’s noch nicht gewesen sein mit dem Winter in Hamburg. Folgt man den Wetterprognosen, werden wir bis Mitte Februar durchgehend Temperaturen um den Gefrierpunkt behalten. Für einige Tage sind sogar spürbare Minusgrade angekündigt. Nur so strahlender Sonnenschein, wie am letzten Januarwochenende, ist so schnell nicht wieder in Sicht.
Winterspaziergang an der Außenalster