USA: East – West – Central

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Ulrike Langer hat uns in Seattle die schönsten Seiten der „Emerald City“ gezeigt. Diese – und viele weitere Höhepunkte unserer Ferienreise an die US-Ost- und Westküste sowie in die kanadischen Rocky Mountains findet ihr in unserem vierten Reisetagebuch mit dem Titel East – West – Central.

Ulrike Langer war unsere wunderbare Reiseleiterin in Seattle

Vor dem Abflug

Startklar für East-West-Central

16. August 2012 | Im ersten Teil des Reisetagebuchs 2012 stellen wir euch die geplante Route unserer Ferienreise in diesem Sommer vor: New York – Seattle – Vancouver – Rocky Mountains – Chicago – oder einfach „East-West-Central“.

Horst und Julia bei der Reiseplanung

Es war gar nicht so leicht, einen passenden Titel für unser diesjähriges Tagebuch zu finden. Zum Glück half uns Thomas Dürselen, selbst USA-Fan mit eigenen Reisetagebüchern, mit einem griffigen Slogan aus der Patsche: „East-West-Central“. Passt genau.

Heute (Donnerstag) Mittag starten wir in München mit United Airlines zunächst in Richtung New York. Für die drei Tage im „Big Apple“ haben wir uns neben dem schon fast traditionellen Abstecher zur Freiheitsstatue und dem unvermeidlichen Besuch des Shopping Centers „Century 21“, diesmal zumindest auch ein Museum vorgenommen – vermutlich geht’s am Samstag in das Museum of Modern Art.

Am Sonntag fliegen wir weiter nach Seattle, wo wir zwei Tage bei Ulrike Langer zu Gast sein dürfen. Dann setzen wir mit der Fähre nach Vancouver Island über und hoffen, dass wir auf der größten Pazifikinsel Nordamerikas beim Whale Watching Orcas zu sehen bekommen. Über die Olympia-Stadt Vancouver, für die wir vier Tage vorgesehen haben, geht’s dann in die kanadischen Rocky Mountains mit den bislang geplanten Stationen Whistler, Lake Louise und Banff. Dort hat sich Horst bereits mit Katharina Pocher verabredet. Seine frühere Studentin arbeitet in Banff noch bis November für „Parks Canada“. Katharina hat uns schon im voraus mit jeder Menge Tipps für die Rockys versorgt. Auf dem Rückflug von Seattle nach München nutzen wir dann noch die Stopover-Möglichkeit in Chicago, um vier Tage lang Barack Obamas Heimatstadt am Lake Michigan zu entdecken.

Soweit unser Plan. Was wir auf den Stationen unserer Tour entdecken und erleben, könnt ihr ab sofort täglich in unserem Reisetagebuch 2012 East-West-Central nachlesen. Übrigens – Tipps für die nächsten Stationen unserer Reise sind stets willkommen.

Kommentare:

WeiterWinkel, 16. August 2012
Gute Reise. Jetzt ist es an mir neidisch zu sein 🙂

vera, 16. August 2012
#Hach. Habt eine gute Zeit. Ich freu mich schon auf’s Mit’reisen‘.

1. New York City (3 Tage)

Apfelladen mit nobler Adresse

17. August 2012 | Im 2. Teil unseres Reisetagebuchs erreichen wir New York und schauen gleich mal im Apple Store an der Fifth Avenue. Inge will sich ein neues Tablet mit Apfelzeichen anschaffen.

Inge mit ihrem neuen Tablet im Apple Shop an der Fifth Avenue

Wenn man im New Yorker Stadtteil Manhattan auf der Fifth Avenue „uptown“ in Richtung Central Park geht, werden die Läden immer exklusiver und bei Bulgari & Co. erreichen die Preise für ausgestellte Luxusartikel astronomische Höhen. Kaum zu glauben, dass es in dieser noblen Gegend für deutsche Ottonormalverbraucher Schnäppchen zu holen gibt. Gibt es doch. Zum Beispiel im „Apple Store“. Der – nicht zuletzt wegen seiner öffentlich zelebrierten Verkaufsstarts neuer iPhone- und iPad-Modelle – weltweit berühmteste Apfelladen am Rande des Central Parks hat angeblich 365 Tage im Jahr rund um die Uhr geöffnet. Immerhin gibt es hier – wie überall in den USA – die Apple-Artikel zum gleichen Dollar-Preis, den wir in Deutschland in Euro entrichten müssen. Wenn’s mit dem Euro allerdings weiter so bergab geht, wird sich dieses vermeintliche Schnäppchen wohl bald erledigt haben.

Inge mit einer Apple Mitarbeiterin

Wir haben am Donnerstag gleich nach unserer Ankunft diesen berühmten „Apple Store“ aufgesucht, weil Julia und Horst mir unbedingt am ersten Tag ihr wundervolles Geburtstagsgeschenk überreichen wollten: Ein nagelneues iPad. Das Personal von Apple ist offenbar angehalten, stets Konversation mit den Kunden zu betreiben. Also fragte mich die Mitarbeiterin bei Übergabe des Geschenks, was ich denn mit meinem neuen „Gerät“ so alles machen wolle. „Zum Beispiel meine Reisetagebücher schreiben“, habe ich ihr geantwortet.

Der Madison Square Garden liegt gegenüber von unserem Hotel

Später haben wir meinen Geburtstag noch in einer Filiale der Steakhaus-Kette „Outback“ nachgefeiert. Beim Knabbern an unseren Spare Ribs sind wir allerdings fast eingeschlafen – schließlich hatten wir einen gaaaaanz langen Tag hinter uns: Start mit drei Stunden Verspätung in München. Neun-Stunden-Flug mit vielen Turbulenzen. Dann die Überraschung bei der Ankunft in Newark: Die Verspätung wurde durch die schnelle Abwicklung der Einreiseformalitäten fast wieder ausgeglichen. Zu unserem Hotel „Affinia“ in Midtown Manhattan, gleich gegenüber vom berühmten Madison Square Garden, haben wir uns ein Taxi geleistet. Kostenpunkt 80 Dollar. Mit so genannten öffentlichen Verkehrsmitteln wären wir zu dritt fast auf die Hälfte gekommen. Kofferschleppen inklusive.

Berittener Polizist am Times Square

Dafür sind wir später von unserem Hotel die rund acht Kilometer weite Strecke bis zum Apple Store zu Fuß gelaufen; haben dabei sogar noch einen Abstecher zum Times Square gemacht, der uns diesmal irgendwie klein vorkam…

Schnäppchenjagd am One World Trade Center

18. August 2012 | Teil 3 unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“: New York mit Statue of Liberty, South Street Seaport und dem schnell „wachsenden“ neuen One World Trade Center.

Familenbild auf Liberty Island mit der Südspitze von Manhattan im Hintergrund

Als wir vor drei Jahren das letzte Mal New York besuchten, gab es an der Stelle, wo bis zum 11. September 2001 die beiden Türme des World Trade Centers standen, außer Bauzäunen kaum etwas zu sehen. Seitdem ist das neue One World Trade Center in den Himmel gewachsen. Bei seiner für das Jahr 2013 geplanten Eröffnung soll der mächtige Bau über 541 Meter hoch sein – und damit das höchste Gebäude in New York.

Nur wenige Meter vom Baugelände entfernt befindet sich in der Cortlandt Street das „Century 21“. Auf den ersten Blick wirken die verwinkelten und mit Waren überhäuften Räume auf drei Etagen wie ein riesengroßer Ramschladen. Tatsächlich ist dieses eigenwillige Kaufhaus jedoch eine unendliche Fundgrube für Schnäppchenjäger: Damen- und Herrenkonfektion, Kosmetika, Brillen, Uhren, Modeschmuck und sogar Möbel. Fast alles, was hier angeboten wird, stammt von namhaften Herstellern. Allerdings werden die Markenwaren zu unglaublich niedrigen Preisen schon fast verschleudert. Unschlagbar ist das „Century 21“ im Hinblick auf Auswahl und Preise vor allem bei Sportschuhen. Horst hat sich gleich drei Paar Trainings- und Freizeitschuhe von „Puma“, „Reebok“ und „Adidas“ zu einem Preis gekauft, für den er in Deutschland kaum ein Paar bekommen hätte.

Wir haben uns heute Nachmittag rund drei Stunden lang durch das Schnäppchenparadies am One World Trade Center gewühlt. Danach waren wir so geschafft, dass wir das geplante Abendessen bei „Bubba Gump“ (Seafood) am nächtlichen Times Square gegen leckere Salate und Früchte aus einem „Deli“ ganz in der Nähe unseres Hotels eingetauscht haben.

Den zweiten Tag in New York hatten wir am Vormittag mit einer Bootsfahrt zur Statue of Liberty begonnen. Auf Liberty Island kann man nicht nur die typischen Touristenfotos  „schießen“ – Familie mit Freiheitsstatue im Hintergrund. Von hier aus gibt’s auch den besten Blick auf die Nachbarinsel „Ellis Island“, die früher erste Station für Einwanderer aus Übersee war und vor allem eine „Breathtaking View“ auf die Südspitze Manhattans. Zum Mittagessen sind wir dann um die Südspitze Manhattans herum zum South Street Seaport am East River spaziert. Auf der Terrasse der „Food Lane“ hat man die berühmte Brooklyn Bridge direkt vor sich. Die an sich reizvolle Szenerie wird zurzeit allerdings durch Bauarbeiten an der Brücke sichtlich gestört. Macht nichts – die Atmosphäre ist dennoch außergewöhnlich.

Damit unsere New Yorker Stippvisite nicht zur schnöden Sightseeing- und Shoppingtour verkommt, soll’s am Samstag ins Museum of Modern Art (kurz MoMA) gehen. Ob’s tatsächlich klappt, erfahrt ihr in der nächsten Ausgabe unseres Reisetagebuchs.

Moderne Technik statt moderner Kunst

19. August 2012 | 4. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“: New York mit dem schönsten Apple Store in der Grand Central Station, Menschenmassen bei Macy’s und am Times Square – aber ohne Museum of Modern Art.

Julia auf einem Balkon in der Grand Central Station

Wir hatten es uns doch so fest vorgenommen: Heute Vormittag wollten wir endlich etwas Kunst und Kultur in unser Reiseprogramm aufnehmen. Beim dritten Aufenthalt in New York sollte nun wirklich das Museum of Modern Art besucht werden. Und wo sind wir gelandet? Im vermutlich schönsten aller Apple Stores. Der wurde im Dezember des vergangenen Jahres in der Grand Central Station eröffnet und nimmt fast die gesamte Balkonetage dieses prachtvollen Bahnhofsgebäudes in Midtown Manhattan ein. Wir wollten nur mal kurz reinschauen – und sind dann doch mehr als zwei Stunden geblieben. Also haben wir unser Motto des Tages leicht verändert: Statt moderner Kunst, nunmehr moderne Technik.

Apple Store in der Grand Central Station

Eigentlich waren wir am Vormittag nur zur Grand Central Station gefahren, um in der „Fressgasse“ im Untergeschoss zu frühstücken. Das ist dort zwar nicht unbedingt ein Schnäppchen, aber dafür recht originell. Für 6,40 Dollar gibt’s zum Beispiel einen angeblich fettarmen Jogurt mit irgendwelchen Körnern, der so mächtig ist, dass selbst Horst die Hälfte der Portion stehen lassen musste. So gesehen, war das Frühstück doch noch preiswert.

Weil ich gerade beim Essen bin: Zum Lunch haben wir uns heute bei einem chinesischen Deli in der Nähe unseres Hotels mit Caesar’s Salat (offenbar nach Pekinger Art wegen der ungewohnten Schärfe), Meeresfrüchten und Obst eingedeckt. Verzehrt haben wir unsere Leckereien am Herald Square, eine kleine mit Stühlen und Tischen bestückte Grünfläche, direkt vor Macy’s, dem nach eigenen Angaben größten Kaufhaus der Welt. Dort war heute mal wieder „Super Sale“ und damit verbunden ein so „höllischer“ Betrieb, dass wir nach einer Stunde regelrecht „geflüchtet“ sind. Selbst Julia, die schon allein altersbedingt „Rummel“ an sich mag, meinte heute Abend: „New York finde ich klasse, aber leben möchte ich hier nicht. Das sind mir einfach zu viele Menschen.“

Julia und Inge am Times Square

Die fanden sich zu Tausenden auch heute Abend am Times Square ein. Einfach um den teilweise kitschigen Lichterglanz an der Kreuzung zwischen Seventh Avenue und Broadway zu bewundern und – genau wie wir – unzählige Digitalfotos zu produzieren. Das werden wir auch in den nächsten Tagen weiterhin tun – zum Beispiel ab Sonntag gut 3.800 Kilometer weiter westlich in Seattle.

2. Seattle/Washington (3 Tage)

Fitnessprogramm in Seattle

20. August 2012 | 5. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“: Unser sportlicher Start im Nordwesten der USA 

Die Skyline von Seattle

Ulrike Langer ist nicht nur eine sehr gute Medienjournalistin und Social Media Expertin, sie ist auch eine sehr sportliche Frau. Zur Begrüßung in Seattle machte sie mit uns im flotten Schritt einen rund zweistündigen Rundgang, der uns von ihrem gemieteten Haus hinunter zum Alki Beach am Pazifik (mit verkleinerter Nachbildung der Statue of Liberty) und zurück (stets bergauf) durch Teile des „Schmitz Preserve Parks“ führte. Das kleine Naturschutzgebiet, das der deutsche Einwanderer und später erfolgreiche Banker Ferdinand Schmitz vor rund 100 Jahren der Stadt Seattle geschenkt hatte, bietet eine gute Möglichkeit, innerhalb kurzer Zeit einen Eindruck von der Flora im Nordwesten der USA zu erhalten.

Ulrike (rechts) hält uns ganz schön in Schwung

Wir sind angekommen in Seattle, eine der wirtschaftlich bedeutendsten Regionen der USA, wo unter anderem „Boeing“ und „Starbucks“ ihre Konzernzentralen haben. Das Leben sei hier besser als in vielen anderen Metropolen der USA, erzählt uns Ulrike, die seit einem Jahr mit ihrem Mann Achim und den beiden Kindern Leon und Marie in dem gut bürgerlichen Stadtteil West Seattle lebt und für drei Tage unsere wunderbare Gastgeberin ist. Die sozialen Unterschiede sind hier geringer als beispielsweise in New York oder Los Angeles. Und doch kommt es immer wieder zu Schießereien, selbst in diesem Stadtteil. Dennoch – Ulrike und ihre Familie schätzen die Vorteile des „American Way of Life“ und haben sich langfristig an Seattle gebunden. Im November werden sie ihr eigenes Haus in unmittelbarer Pazifik-Nähe beziehen.

Blick auf den Pazifik am frühen Abend

Jetzt freuen wir uns schon auf die angekündigte Entdeckungstour. Ulrike will mit uns heute unter anderem Kajak fahren. Zum Glück können wir zwischendurch unseren Mietwagen benutzen. Das ist für Ulrike keinesfalls selbstverständlich. Erst in der vergangenen Woche hatte sie eine rund 100 Kilometer lange Radtour über Inseln und Landzungen in dieser zauberhaften Region gemacht. An einem Tag, versteht sich.

Kommentar:

Stefan Scheider, 20. August 2012
Hi Inge! I benyde you gerade very much!…;-) Sehr schönes Travellogbuch – gerade Seattle geht bei mir direkt ins Herz! Wir schwitzen hier „zuhause“ bei 40 Grad und lechzen nach kühler Küstenluft! Freu mich schon auf die nächsten Blogs. Gruß!
Stefan

Fünf Prozent Seattle

21. August 2012 | Heute lernen wir die besonders schönen Seiten der „Smaragdstadt“ kennen. Dafür, dass wir auch nichts verpassen, sorgt unsere wunderbare „Fremdenführerin“ Ulrike Langer. 

Mit Ulrike auf Tour durch Seattle

Um ehrlich zu sein, hatten Inge und ich uns etwas gewundert, als Ulrike Langer uns vor etwa zwei Jahren mitteilte, dass sie mit ihrer Familie von Köln nach Seattle umziehen wolle. ‚Warum nicht New York, Boston oder San Francisco?’ hatten wir uns seinerzeit gefragt. Eine überzeugende Antwort haben wir an diesem Montag bei einer Tour mit Ulrike durch „The Emerald City“ („Smaragdstadt“ wegen der vielen Grünflächen) erhalten: Seattle ist jetzt auch für uns die schönste aller bislang besuchten Metropolen in den Vereinigten Staaten.

Für diese Einschätzung gibt es durchaus gute Gründe: Seattle ist längst nicht so hektisch wie beispielsweise New York; dazu wirken die Menschen viel gelassener und freundlicher. Genau wie in San Francisco spielt die Lage am Meer für das Besuchsprogramm eine große Rolle. Nur – in Seattle hatten wir nicht den Eindruck, andauernd Touristenfallen ausweichen zu müssen.

Klar, auch hier gibt es typische Anziehungspunkte für Besucher wie zum Beispiel „Space Needle“. Von dem zur Weltausstellung von 1962 errichteten Turm soll man einen weiten Blick über die Stadt sowie die umliegende Wasser- und Inselwelt haben. Ulrike hat uns an dieser „Touristenfalle“ vorbeigelotst und ist mit uns zum Kerry Park gefahren. Von diesem Aussichtspunkt konnten wir ganz in Ruhe die Stadt betrachten, fotografieren und filmen.

Der berühmte Fischmarkt von Seattle

Wer Seattle besucht, kann unmöglich den Pike Place Market auslassen, der vor allem für seine „fliegenden Fische“ berühmt ist. Wenn an einem der ausladenden Stände ein ganzer Fisch verkauft wird, wirft der Händler diesen zu seinem Kollegen an der Waage. Damit’s die Touristen auch mitbekommen, gibt’s dazu den entsprechenden Lärm. Julia ist stolz darauf, einen Lachs „in vollem Flug“ mit ihrer Kamera erwischt zu haben.

Inge und Julia in der Ur-Starbucks-Filiale

Ebenfalls am Pike Place haben wir kurz in die erste „Starbucks“-Filiale geschaut, die hier 1971 eröffnet wurde. Wegen des großen Andrangs an dieser vermeintlichen „Urstätte der modernen Kaffeehauskultur“, verlegten wir das zweite Frühstück jedoch in eine andere Filiale der Kette einige Häuserblocks weiter, die sogar noch schöner, weil uriger eingerichtet ist.

Ulrike hat uns an diesem Montag noch weitere besonders schöne Seiten von Seattle gezeigt: Zum Beispiel den Gas Works Park am Lake Union. Auf dem Gelände eines ehemaligen Gaswerks wurden Teile der stillgelegten Anlagen in die Gestaltung eines Freizeitareals mit einbezogen. Von einem aus Abbruchteilen und Bauschutt errichteten künstlichen Hügel hatten wir einen weiteren schönen Blick auf Seattle und Umgebung.

Nach dem Lunch in einem kleinen mexikanischen Restaurant am Portage Bay, einem Ausläufer von Lake Union, sind wir am Nachmittag entlang des Lake Washington bis an das südliche Ende von Seattle gefahren. Bei schönem Wetter waren die Ufer des größten Süßwassersees der Stadt mit Badenden recht bevölkert. Ulrike erzählte uns, dass der Pazifik hier im Nordwesten der USA selbst im Hochsommer zum Baden einfach zu kalt sei. 

Lachfischer in den Ballard Logs

Am frühen Abend waren wir dann noch an den Ballard Locks. Die Anlage zur Schiffsschleusung am Lake Washington Ship Canal bietet mit ihrer so genannten Fischtreppe noch eine Besonderheit: Hier kann man Lachse bei ihrer Wanderung stromaufwärts beobachten. Leider jedoch nicht an diesem Montag – eine Robbe hatte sich in das Areal verirrt und die Lachse von ihren waghalsigen Sprüngen abgehalten.

Als wir uns später im „Hi-Life“, einem typisch amerikanischen Restaurant in einer ehemaligen Feuerwache im Stadtteil Ballard, mit Ulrikes Familie trafen, berichteten wir begeistert über unseren wundervollen Tag in Seattle. Ulrikes Mann Achim hörte sich unsere Schwärmereien amüsiert an, beugte sich dann zu mir herüber und flüsterte „dabei habt ihr heute höchstens fünf Prozent von Seattle gesehen.“

Im Emergency Room

22. August 2012 | Teil 7 unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“: Erfahrungen mit dem amerikanischen Gesundheitssystem und eine Underground-Tour in Seattle mit „Opa-Rabatt“

Familie Müller vor der Skyline von Seattle

Es gibt ganz bestimmt eine Reihe von Aspekten, die den „American Way of Life“ lebens- und liebenswert machen. Das Gesundheitssystem in den USA gehört allerdings nicht dazu. Auf unserer vierten Ferienreise in den Vereinigten Staaten haben wir erstmals selbst diese Erfahrung machen müssen.

Bei Julia hatte sich in den beiden vergangenen Tagen im rechten Auge ein Gerstenkorn gebildet, das nun auch zu schmerzen begann. Also sind wir am Dienstagvormittag in West Seattle in eine Art Polyklinik gefahren, um ein Rezept für eine heilende Salbe zu erhalten. Pech gehabt – die „Doctors“ hätten an diesem Tag keinen Termin mehr frei, beschied uns die Dame am Empfang. Noch schroffer wurden wir in der nächsten Gemeinschaftspraxis abgewiesen, in der wir unser Glück versuchten.

Hilfe kam von Ulrike, bei der wir hier in West Seattle drei Tage lang wohnen. Sie meldete uns telefonisch bei einer so genannten „Walk-In Clinic“ an. Tatsächlich zeigte man dort große Bereitschaft, Julia sofort zu helfen; allerdings sei das nur im „Emergency Room“ möglich. Inge musste dann „nur“ noch ein halbes Dutzend Formulare – fast immer mit denselben Angaben – ausfüllen und schriftlich erklären, dass wir bereit sind, für den reinen Zugang zu einem Doktor 300 Dollar zu entrichten. Das war ein regelrechtes Schnäppchen, in anderen Emergency Rooms kann die „Aufnahmegebühr“ auch schon mal 1.000 Dollar betragen. Die Gesundheit unseres Kindes liegt uns am Herzen – also unterzeichneten wir den Vertrag für die Behandlung.

Julia wartet vor dem Emergency Room

Dann ging’s tatsächlich auch ganz schnell. Nach zehn Minuten wurde Julia zur Behandlung aufgerufen. Der erste Blick der freundlichen Ärztin galt nicht etwa dem Auge. Nein – zunächst mussten von einer Sprechstundenhilfe Julias Gewicht und Größe ermittelt – dann auch noch Puls und Körpertemperatur gemessen werden. Und nun ging’s endlich ans Auge. Die Ärztin stellte schnell fest, dass es sich tatsächlich um ein „Stye“ – zu deutsch Gerstenkorn handelt. Da würde eine Salbe gut tun, lautete ihr medizinischer Ratschlag und tippte sofort ein entsprechendes Rezept in ihren Computer.

Jetzt nahm die Geschichte doch noch eine positive Wendung. Weil die Tochter der Frau Doktor zurzeit in Bonn studiert, erhielten wir als Deutsche einen Sonderpreis für die umfassende Behandlung. Statt 300 Dollar „Eintrittsgebühr“ plus Behandlungskosten, mussten wir am Ausgang des vermeintlichen Emergency Rooms „nur“ 225 Dollar entrichten. Weiter ging’s zur vorgegebenen Pharmacy, wo wir nach weiteren 15 Minuten Wartezeit und dem Ausfüllen zwei weiterer Formulare auch schon die verschriebene Salbe erhielten. Kostenpunkt: 4 Dollar.

Die gute Nachricht des Tages lautet: Die insgesamt 229 Dollar teure Salbe zeigt Wirkung. Julias Gerstenkorn hat sich schon sichtlich zurückgebildet. Am Nachmittag konnten wir mit dem Wassertaxi von West Seattle aus über die Elliot Bay ins Zentrum übersetzen. Dort haben wir die sehr empfehlenswerte „Underground Tour“ mitgemacht. Eine forsche Reiseführerin, die nach ihrem Tonfall zu urteilen zuvor in der Army gedient haben muss, führte uns in die Gewölbe des ehemaligen Seattles, auf das nach dem großen Feuer von 1889 das heutige Zentrum einfach draufgesetzt wurde.

Das schiefe Parkhaus in Form eines Schiffsbugs im Zentrum von Seattle

Dabei haben wir übrigens schon wieder gespart. Als „Neu-Sechzigjähriger“ konnte ich ein Seniorenticket lösen. Für den Besuch des Untergrunds von Seattle musste ich statt 16 nur 13 Dollar bezahlen. Für mich war es das erste Mal, dass ich einen so genannten „Opa-Rabatt“ in Anspruch nehmen konnte. Mir ist allerdings noch nicht klar, ob ich mich darüber tatsächlich freuen soll…

Kommentare:

Thomas, 22. August 2012
Den Opa-Rabatt habe ich in Boise, Idaho ungefragt am Tag vor meinem 55. Geburtstag erhalten. Ein Senior-Ticket für’s Kino. Meine Begeisterung hält sich bis heute in Grenzen. Gute Besserung an Miss Emergency Room

Christl, 22. August 2012
Tröste dich, und ich fahre als Schwerbehinderte schon seit Jahrzehnten mit der Senioren-Bahncard. Die Dt. Bahn macht da keine Unterschiede. Bekommt man übrigens auch ab 60. Take it easy! Viel Spass noch auf eurem Trip!

Tamara Huhle,  22. August 2012
Na, das klingt ja reichlich „geschäftstüchtig“. In Norwegen hatten wir ähnlich Erfahrungen, dort war es nicht der Preis, sondern die Kilometer, die wir weiter fahren sollten (60), weil der Arzt keine Lust auf Überstunden hatte. Ich habe meinem Mann dann Wadenwickel und Brustwickel gemacht und das Fieber runter bekommen, der Rest kam dann aus der Reiseapotheke. Da weiß mann erst was man am deutschen Gesundheitssystem hat. Weiterhin „krankheitsfreie“ Reise

3. Victoria/Vancouver Island (Kanada)

Celebrating

22. August 2012 | 8. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ mit der Überfahrt nach Vancouver Island in Kanada, einem herausragenden Abendessen und vielen Lichtern am Parlamentsgebäude von Victoria.

Julia als Gallionsfigur auf der Fähre von Washington State nach Vancouver Island

Gestern noch von einem Gerstenkorn geplagt – heute schon auf den Spuren von Kate Winslet – allerdings ohne Leonardo DiCaprio. Dank der insgesamt 229 Dollar teuren Salbe geht es Julia inzwischen schon viel besser. Auf unserer gut zweistündigen Überfahrt von Anacortes im Norden des US-Bundesstaates Washington nach Sidney auf Vancouver Island versuchte sich unsere Tochter als lebende Gallionsfigur am Bug eines Schiffes. Das war zum Glück nicht die Titanic, sondern die Autofähre „Chelan“, die an diesem Nachmittag vor allem mit Kanadiern besetzt war (und keinen Eisberg rammte).

Autofähre von Washington State nach Vancouver Island

Bei Kanadiern seien Ausflüge in die USA zurzeit sehr beliebt, erzählte uns ein nettes älteres Paar aus Victoria an Bord der Fähre. Grund sei die Stärke des eigenen gegenüber dem US-Dollar (der Kurs steht etwa bei 1:1), wodurch Kurztrips einschließlich ausgiebigen Einkäufen in den Vereinigten Staaten für Kanadier recht günstig geworden seien. Für uns ist Kanada dagegen längst nicht mehr das preiswerte Reiseland, das es noch vor einigen Jahren war; schon gar nicht in Victoria, der einzigen Metropole auf Vancouver Island und Station für zwei Tage auf unserer Ferienreise.

Von den „saftigen“ Preisen konnten wir uns beim Abendessen am Mittwoch selbst überzeugen. Nach ausgiebigem Studium von Restaurantempfehlungen bei „Yelp“ entschieden wir uns für das „Il Terrazzo“ im Stadtzentrum von Victoria, das nicht nur hervorragende Kritiken wegen seiner guten Küche bekommt, sondern obendrein auch noch im Hinblick auf die Preise als „moderate“ eingestuft wird. Nun ja: Unsere Rechnung für drei Personen belief sich auf fast genau 100 Euro, dabei hatten wir nicht einmal Wein. Dazu kamen noch einmal 10 Prozent Steuer und 15 Prozent Trinkgeld.

Dafür war der Gegenwert allerdings excellent: Julia schwärmte bis zum Einschlafen vom besten Caesar Salad, den sie je bekommen habe. Inge war von ihrem Lachs begeistert und ich hatte eine so gut abgestimmte Grillplatte, dass mir jetzt noch das Wasser im Mund zusammenläuft. Dazu war der Service so, wie man sich das in einem guten Restaurant wünscht: Freundlich, sehr aufmerksam, aber unaufdringlich. Wir haben unseren ersten Abend in Kanada bei diesem vorzüglichen Essen regelrecht zelebriert. (Sollten weitere Abendessen dieser Güte folgen, müssten wir allerdings einen Spendenaufruf starten….)

Vor dem erleuchteten Parlamentsgebäude am Hafen von Victoria

Victoria zelebriert den ganzen Sommer über den 150. Jahrestag als Hauptstadt der kanadischen Provinz British Columbia zu der auch die Millionenmetropole Vancouver gehört. Aus diesem Anlass gibt es unzählige Festivitäten und Veranstaltungen. Wir sind am Mittwochabend nach unserem Restaurantbesuch noch mitten in einem von chinesischen Einwanderern veranstalteten Straßenfest gelandet. Zum Jubiläum wurde auch das gesamte Hafenviertel als Mittelpunkt der rund 80.000 Einwohner zählenden Stadt „aufgehübscht“. Auf unserer abendlichen Rückfahrt zu dem etwas außerhalb gelegenen Motel haben wir noch kurz am Parlamentsgebäude angehalten. Das ehrwürdige Gebäude am Rande des Hafenbeckens wirkt nach Einbruch der Dunkelheit wegen der vielen Lichter fast wie ein überdimensioniertes Weihnachtshaus in Oberbayern.

Kommentar:

Verena, 23. August 2012
Liebe Inge, nur für dich zur Info. yelp gibt es mittlerweile auch in Deutschland. Also, wenn ihr wieder in der Heimat seid und hier auch eure ehrlichen Erfahrungen mit anderen Menschen teilen wollt, dann einfach auf yelp.de registrieren und losyelpen. Ich bin übrigens die Community Managerin von München und freue mich riesig über deine Beiträge auf Yelp.
Liebe Grüße sendet die Verena

Auch ohne „Walfahrt“ restlos glücklich

24. August 2012 | 9. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ mit einer Art Liebeserklärung an Victoria auf Vancouver Island,  Hauptstadt der Kanadischen Provinz British Columbia.

Sonnenuntergang am Hafen von Victoria

Schöner kann ein Ferientag kaum enden. Wir sitzen auf der Mole des Stadthafens von Victoria auf Vancouver Island und blicken in den Sonnenuntergang. Vor uns haben wir drei dicke Portionen Lachs mit Salat, für die wir mehr als eine halbe Stunde bei „Red Fish, Blue Fish“ angestanden haben. Dabei handelt es sich keinesfalls um ein Nobelrestaurant, sondern um eine Art Imbissbude, an der den ganzen Tag über Urlauber und Einheimische für unglaublich große und leckere Fischgerichte wie gegrillten Lachs auf Salat, Fish and Chips mit Heilbutt oder Scallops im Teigmantel Schlange stehen. Alles wird frisch zubereitet; beim gegrillten Lachs spürt man einen Hauch vom Holzkohlengrill, der den würzigen Geschmack jedoch keinesfalls verdirbt, sondern vielmehr unterstützt.

Gelandetes Wasserflugzeug im Hafen von Victoria

Hin und wieder taucht ein Wasserflugzeug am Horizont auf, das bald darauf im äußeren Hafenbecken landet und schließlich an einem Steg vor dem Abfertigungsgebäude neben „unserer Fischbude“ festmacht. Victoria hat laut Angaben in den Prospekten den verkehrsreichsten Wasserflugplatz der Welt. Wir können das gut nachvollziehen. Schon bei unserem ersten Besuch im Hafen am Vormittag war uns das ständige Starten und Landen der kleinen Maschinen mit den Wasserkufen aufgefallen.

Hafen mit Parlamentsgebäude in Victoria

Im Stadthafen von Victoria, der von dem Parlamentsgebäude der Provinz British Columbia und mehreren Luxusherbergen begrenzt wird, herrscht den ganzen Tag über bis nach Sonnenuntergang ein sprichwörtliches buntes Treiben, ohne dass dabei der Eindruck von Hektik entsteht. Zwischen Yachten, Ausflugsschiffen und Wasserflugzeugen bahnen sich kleine Wassertaxis ihren Weg, die aus der Ferne wie ferngesteuerte Schiffsmodelle wirken.

Wassertaxi im Hafen von Victoria

An fast jeder Ecke werden den Besuchern Whale Watching Touren für umgerechnet etwa 80 Euro angeboten. Und das in der Regel sogar mit einer zweifelhaften Garantie: Sollten die Gäste bei einer Ausfahrt mit den schnellen Zodiacs oder einem der größeren Ausflugsboote einmal keine Wale zu sehen bekommen, kann die Tour kostenlos wiederholt werden. Nur – den Termin dafür bestimmt der Veranstalter. Meistens sind dann die enttäuschten Gäste schon längst wieder abgereist.

Wir haben am Donnerstag mit Rückkehrern von einer solchen Tour gesprochen, die gerade von Bord eines Ausflugsboots der Firma „Prince of Whales“ an Land gingen. Alle waren blass von dem rauen Seegang, der an diesem Vormittag herrschte. „Obwohl einige von uns reichlich Fische gefüttert haben, hat sich kein Wal blicken lassen“, meinte eine amerikanische Touristin sichtlich zerknirscht.

Buchart Garden auf Vancouver Island

Also haben wir auf die „Walfahrt“ verzichtet und sind am Nachmittag gegen den anfänglichen Widerstand von Horst zu den Butchart Gardens gefahren. Das ist ein wundervoll gestalteter Botanischer Garten, rund 20 Kilometer nördlich von Victoria. Bei unserem rund dreistündigen Rundgang haben wir unter anderem den tiefer gelegten „versunkenen Garten“, ein prächtiges Rosenareal sowie den italienischen und japanischen Teil bewundert. Obwohl Horst immer noch behauptet, dass Bonsai nichts anderes als „Broccoli made in Japan“ sei, war er am Ende genau so begeistert wie Julia und ich.

Das Familienbild in Buchart Gardens hat ein quietschfideler 90jähriger US-Tourist aufgenommen

Am Ende des Tages sind wir auch ohne „Walfahrt“ restlos glücklich. Morgen (Freitag) geht’s weiter nach Vancouver. Dafür muss ich jetzt noch eine Unterkunft finden und mache deshalb für heute Schluss. Gute Nacht aus Victoria auf Vancouver Island.

Bewegte Bilder

15. August 2012 | 10. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ mit Julias Video „Drei Tage Seattle“, einer erholsamen Überfahrt nach Vancouver und dem ersten dicken Stau in unseren Ferien.

Julia schneidet auf der Fähe nach Vancouver das Video "3 Tage in Seattle"

Ein Reisetagebuch mit Bildern sei ja ganz nett, meinte Julia vor einigen Tagen. Noch besser wäre allerdings ein Video. Weil Horst und ich keine Lust hatten, im Urlaub auch noch ein aufwendiges Video zusammenzuschneiden, setzte sich Julia selbst an den Mac und produzierte ihr erstes Video von dieser Reise unter dem Titel „Drei Tage Seattle“.

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Die letzten Schnitte ihres Film machte Julia übrigens heute Nachmittag an Deck der Fähre während unserer knapp zweistündigen Überfahrt bei herrlichem Sonnenschein von Sidney auf Vancouver Island nach Tsawwassen, einem der Fährhäfen der Millionenmetropole Vancouver.

Familie Müller auf der Fähre von Vancouver Island nach Vancouver

Kanada ist ein riesiges Land, knapp 30 mal so groß wie Deutschland. Allerdings leben auf der gewaltigen Fläche „nur“ gut 34 Millionen Menschen. Das macht gerade mal 3,4 Einwohner pro Quadratkilometer, in Deutschland sind es dagegen stattliche 229 (hoffentlich rechnet niemand diese Zahlenspielerei nach). Warum sich allerdings heute Nachmittag nach unserer Ankunft auf dem kanadischen Festland ein stattlicher Teil der einheimischen Bevölkerung zum kollektiven Stau auf dem Highway 99 zwischen dem Fährhafen Tsawwassen und Vancouver verabredet hatte, ist uns schleierhaft. Wir haben jedenfalls für die etwa 20 Kilometer knapp zwei Stunden gebraucht. Als wird endlich unser Hotel in Richmond, südlich von Vancouver erreichten, hatten wir beim besten Willen keine Lust mehr, noch ins Zentrum zu fahren – das verschieben wir auf Samstag.

Zwei Mädchen ziehen am Willows Beach in Vancouver Strandgut an Land

Weil Staus in Kanada genau so blöd aussehen wie in Deutschland, haben wir lieber einen Schnappschuss gewählt, der vom steinigen Willows Beach auf Vancouver Island stammt. Die beiden kleinen Mädchen, die sich so ambitioniert mit Strandgut abmühen, sind allemal fotogener als Blechlawinen auf einem verstopften Highway.

Kommentare:

Andrea Stullich, 25. August 2012
Liebe Inge, ich verfolge euer Reisetagebuch mit großem Interesse und viel Spaß. Das Video ist spitze und macht richtig Lust auf Seattle! Grüße unbekannterweise an deine begabte Tochter – ganz großartig gemacht! (Ich könnte das nicht…). Und weiterhin viel Spaß auf eurer Reise – ich freue mich auf unser Wiedersehen und den Amerika-Austausch am 1. Oktober in Düsseldorf! LG, Andrea.


Inge Seibel, 26. August 2012
Liebe Andrea, wir freuen uns alle, dass Du so begeistert mitliest – macht ja auch Arbeit, so ein Tagebuch. Dein Lob freut natürlich ganz besonders Julia. Bis bald in Düsseldorf. LG, Inge.

4. Vancouver/Kanada (2 Tage)

Hop off!

26. August 2012 | 11. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ mit guten Gründen, Vancouver auf eigene Faust zu entdecken und Rundfahrtbusse zu meiden.

Blick vom Harbour Tower in Vancouver

Rundfahrtbusse sind eine Erfindung für faule Touristen, die sich zuvor nicht oder nur oberflächlich mit ihrem nächsten Reiseziel beschäftigt haben. Wir waren faul, bevor wir nach Vancouver kamen. Oder – vielleicht auch nur zu verwöhnt von dem tollen Ausflug, den Ulrike Langer in Seattle mit uns gemacht hat. Weil am Samstag in Vancouver keine Ulrike zugegen war, die uns zielsicher die schönsten Seiten der Stadt hätte zeigen können, sind wir tatsächlich in so einen „Hop-on-Hop-off-Bus“ geklettert und haben das sehr bald bereut.

Hoo-on-hop-off-Bus in Gastown

Nach einer gut einstündigen Tour auf der zwar keine Sehenswürdigkeiten, dafür eine Reihe von Hoteleingängen angesteuert wurden, um jeweils neue Rundfahrtgäste aufzunehmen, haben wir unseren „Big Bus“ im historischen Stadtteil Gastown fluchtartig verlassen – und damit begann ein weiterer erlebnisreicher Ferientag.

Hochzeitsfoto an der Steam Clock in Gastown

Wir sind ohne langatmige Erklärungen aus plärrenden Buslautsprechern durch Gastown geschlendert und haben dabei auch ein chinesisches Brautpaar bei den – hier obligatorischen – Aufnahmen der Hochzeitsfotos an der mit Dampf betriebenen „Steam Clock“ beobachtet. Jeder fünfte Einwohner von Vancouver ist chinesischer Abstammung. Viele von ihnen sind vor der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie Hongkong Mitte der 1990er Jahre an die nordamerikanische Pazifikküste übergesiedelt.

Familienbild auf dem Harbour Tower in Vancouver

Gleich hinter Gastown schließt sich der Hafen an, der von dem 142 Meter hohen Harbour Tower überragt wird. Von der Aussichtsplattform hatten wir eine umwerfende Sicht über die Bucht bis hin zu den Ausläufern der Rocky Mountains am Horizont. Der Aussichtsturm, der mit einem Shopping- und Business Center verbunden ist, wurde übrigens im August 1977 von dem gerade verstorbenen Astronauten Neil Armstrong (erster Mann auf dem Mond) eröffnet.

Blick von Granville Island auf die Burrand Bridge

Mit einem Wassertaxi (Ticket ist in der „Hop-off-Tour“ enthalten) sind wir dann nach Granville Island übergesetzt. Die Halbinsel ragt weit in den False Creek hinein, der Vancouver an der südlichen Seite umgibt. Zugegeben – der Begriff „buntes Treiben“ ist ziemlich einfallslos für die Beschreibung von touristischen Zielen. Für Granville Island fällt mir allerdings nichts Zutreffenderes ein: Ein Public Food Market mit überladenen Ständen, bei denen die bunten Früchte ins Auge – und die Fische nur ein wenig in die Nase stechen. Daneben gibt es Kunsthandwerkstätten, kleine Boutiquen und gemütlich wirkende Restaurants, die vor allem Fischspezialitäten im Angebot haben. Wir haben uns einmal mehr für unglaublich gut schmeckenden „Lachs auf die Hand“ entschieden, den wir auf einer Holzbank am Ufer des False Creek verzehrten und dabei vorbeischippernde Yachten und Paddler in ihren kleinen Booten beobachtet.

Sky Train and der Station Bridge Port

Am frühen Abend sind wir dann mit dem Sky Train – einer fahrerlosen Schnellbahn – zurück nach Richmond gefahren. Das Schnellbahnsystem in Vancouver gilt weltweit als vorbildlich. Wohl zu recht. Innerhalb weniger Minuten brachte uns die moderne Bahn völlig ruckelfrei über die gut 20 Kilometer lange Strecke vom Hafen am nördlichen Rand der Metropole zurück in die südlich gelegene Vorstadt Richmond. Und das für umgerechnet kaum mehr als zwei Euro pro Person. Das ist weniger, als die einfache Busfahrt von Stephanskirchen nach Rosenheim kostet. Dafür dauert die länger und es ruckelt mehr. 

5. Von Vancouver nach Banff

Willkommen in …?

27. August 2012 | 12. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ mit unserer Fahrt auf dem Sea-to-Sky-Highway von Vancouver über die Horseshoe Bay und Whistler bis zu unserem fast unaussprechlichen Etappenziel.

Sonnenuntergang am Seton Lake bei Lillooet

Wie würdet Ihr diesen Ort aussprechen: „Lillooet“? Egal wie. Unser heutiges Etappenziel ist zumindest so außergewöhnlich wie sein Name. Hier, 255 Kilometer nordöstlich der modernen Metropole Vancouver, scheint die Zeit vor einigen Jahrzehnten einfach stehengeblieben zu sein. Die Farben der Häuser sind verblasst, die Reklameschilder an den Motels, Restaurants und Geschäften kann man teilweise nur mit Mühe entziffern. Leuchtreklamen gibt es gar nicht. Auf der Fahrt zu unserem „Mile-o-Motel“ ist uns gleich am Beginn der etwas vergessen wirkenden Ortschaft ein Laden mit der Aufschrift „Bäckerei“ aufgefallen. Tatsächlich hat sich hier ein deutscher Bäcker niedergelassen, bei dem es Grau- und Schwarzbrot, frische Brötchen und Kuchen nach heimischen Rezepten geben soll. Wir werden das – natürlich nur aus Neugierde – am Montag zum Frühstück ausprobieren.

Julia auf dem Balkon unseres Motelzimmers in Lillooet

Hoffentlich waren die Schnitzel besser als die Bratwurst mit Rotkohl und Sauerkraut, die Horst am Freitag auf der Fahrt ins Texas Hill Country in der von deutschen Einwanderern gegründeten Kleinstadt Fredericksburg gegessen hatte. Zumindest hatte dieses wurstartige Gebilde mit einer guten deutschen Bratwurst so wenig gemeinsam, wie deutsche Rippchen mit echten amerikanischen Spare Ribs.

Familienfoto an der Horseshoe Bay

Weiter ging’s auf dem Sea-to-Sky-Highway, der zunächst noch am Howe Sound, einer fjordartigen Bucht des Pazifiks entlang führt und bei der Kleinstadt Squamish schließlich in die Rocky Mountains abbiegt. Immer wieder gibt es am Rand der gut ausgebauten Straße „View Points“,von denen wir herrliche Aussichten in enge Wasserschluchten oder auf die teilweise schneebedeckten Berge hatten.

Inge und Julia haben es sich in den Olympischen Ringen in Whistler gemütlich gemacht

Nach gut 80 Kilometern erreichten wir dann Whistler, einen der bekanntesten kanadischen Wintersportorte und Austragungsort der alpinen Wettbewerbe bei den Olympischen Winterspielen 2010. Für uns zeigte sich der Ort wie eine Mischung aus Disney Land und Kitzbühel: Micky Maus haben wir zwar nicht getroffen, dafür sehen die Häuser im autofreien Ortskern so künstlich aus, dass sie uns an Kulissen in einem Freizeitpark erinnerten. An den Hängen der Berge sieht es ähnlich wie in Kitzbühel und in anderen Skigebieten der Alpen aus: Der Baumbestand wurde zu Gunsten von weitläufigen Skiabfahrten einfach abgeholzt. Wir haben Whistler abgehakt und zum vorläufigen Favoriten für unsere Flop-Liste am Ende der Reise erklärt.

Selbstauslöser am „Last Spike“

28. August 2012 | 13. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ ohne deutsche Brötchen und ohne Fotografen für unser Familienportrait. Dafür mit einem unglaublich langen Güterzug.

Abfahrt in Lillooet ohne Frühstück

Es gibt Ferientage, an denen nicht alles so läuft, wie man sich das vorgestellt hatte. Mit den frischen Brötchen hat es heute Morgen in Lillooet leider nicht geklappt. An der kleinen deutschen Bäckerei in der Main Street hing das Schild „Closed – try again“. Auf die mögliche Wiedereröffnung wollten wir doch nicht warten und haben rund 125 Kilometer weiter östlich in Kamloops in einer Starbucks-Filiale gefrühstückt.

Julia am Fraser River bei Lillooet

Die Landschaft am Trans-Canada Highway, den wir heute den ganzen Tag nicht verließen, war zumeist steinig und wenig bewaldet. Zwischendurch konnten wir immer wieder in tiefe Felsenschluchten blicken, durch die sich der Fraser River seinen Weg bahnt oder Seen wie der Kamloops Lake die eher karge Landschaft etwas auflockern.

Horst am Kamloops Lake

In Sicamous, einem nicht besonders hübsch angelegten Bootshafen am weitverzweigten Shuswap Lake sind wir dann das erste Mal „unserem“ Güterzug der Canadian Pacific Railway begegnet. Von zwei Diesellokomotiven gezogen, ratterten minutenlang Wagen um Wagen über die Eisenbahnbrücke, die den kleinen Hafen vom See trennt. Horst hat tatsächlich den gesamten Zug gefilmt und später die Güterwagen nachgezählt: Es waren genau 99.

Nach den beiden Lokomotiven folgten noch 99 Güterwagen. Gesamtlänge des Zuges: 1,5 km

Das zweite Mal sahen wir den Zug am „Last Spike“. An dieser Stelle in Nähe der kleinen Ortschaft Craigellachie wurde am 7. November 1885 mit dem symbolischen Einschlagen des letzten Nagels in eine Schwelle die transcontinentale Eisenbahnverbindung zwischen den kanadischen Zentren im Osten und Vancouver geschlossen. Zur Erinnerung an dieses für Kanada so wichtige Ereignis, gibt’s heute hier ein paar historische Fotos, einen ausrangierten Eisenbahnwaggon sowie einen Souvenirladen – aber keine Besucher. Zumindest nicht, als wir am Nachmittag am „Last Spike“ eintrafen und das schon fast obligatorische Familienfoto von einem Touristen „schießen“ lassen wollten. Da blieb Julia, die für die Bebilderung unseres Reisetagebuchs zuständig ist, nichts anderes übrig, als das heutige „Familienportrait“ per Selbstauslöser aufzunehmen.

Familienbild per Selbstauslöser am Last Spike

Später haben wir dann „unseren“ Zug in Revelstoke, dem Ziel unserer heutigen Etappe, zum dritten Mal gesehen. Die Waggonschlange zog sich auf den Gleisen parallel zur Main Street durch die gesamte Kleinstadt und darüber hinaus. Offenbar in Erinnerung an seine sehr weit zurückliegende Karriere als jugendlicher Modellbahnbauer hat Horst die Länge des Zuges mit Hilfe des Kilometerzählers unseres Mietwagens abgemessen. Er kam auf genau eine Meile – also auf rund 1,6 Kilometer.

Slow Down

29. August 2012 | Im 14. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ berichten wir davon, wie der gute Ratschlag eines kanadischen Verkehrspolizisten uns zu einem besonders beeindruckenden Tag verhalf.

Julia am Lake Louise

Blöder hätte der heutige Ferientag eigentlich nicht beginnen können. Als wir am Morgen in Revelstoke aus unserem Motel kamen, blickten wir in tiefgraue Wolken. Eher missmutig fuhren wir auf dem Trans-Canada Highway in Richtung Osten. Vor uns ein schwer beladener Sattelschlepper, der deutlich unter der erlaubten Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 KM/Stunde dahinschlich. Endlich eine lange Gerade. Horst drückte aufs Gas und überholte das Hindernis. Kurze Zeit später winkte uns am rechten Straßenrand ein Verkehrspolizist zu. In Erwartung einer saftigen Geldbuße drehten wir um und fuhren zu dem kanadischen Ordnungshüter zurück. Der lächelte uns nur milde an, sagte aber bestimmt: „Slow Down!“ Dann meinte er noch, dass dieser Ratschlag diesmal gratis sei. Glück gehabt.

Gletscher am Mount Revelstoke

Es war die Wende zum Positiven an diesem Tag. Kurze Zeit später, wir fuhren gerade in den Glacier National Park ein, rissen die Wolken auf und wir hatten von der östlichen Seite einen herrlichen Blick auf den Gletscher am Mount Revelstoke. Wenig später, nachdem wir das kleine Städtchen Golden passiert hatten, beobachteten wir am Straßenrand eine Bergziegenfamilie, die sich von den vielen Autos auf dem Highway gleich nebenan in keinster Weise stören ließ.

Die Bergziege am Rande des Highways lässt sich nicht stören

Unseren ersten Halt im folgenden Yoho Nationalpark machten wir an der Natural Bridge. Dabei handelt es sich um eine Felsformation in den reißenden Fluten des Kicking Horse River, über die man trockenen Fußes ans andere Ufer gelangen kann. Inge und Julia haben’s selbst ausprobiert; daraufhin ist ihnen gleich eine „ganze Busladung“ chinesischer Touristen auf dieser vermeintlich waghalsigen Flussüberquerung gefolgt.

Ganz schön mutig: Inge und Julia auf der Natural Bridge

Nur acht Kilometer weiter konnten wir uns davon überzeugen, dass der Emerald Lake seinen Namen völlig zu recht trägt. Das smaragdfarbene Wasser mit den hohen, teilweise schneebedeckten Bergen im Hintergrund wählten wir spontan als Kulisse für unser heutiges Familienfoto aus.

Familienbild am Emerald Lake

Der Yoho Nationalpark hat mindestens noch ein weiteres Highlight zu bieten: Kurz vor dem Übergang zum Banff Nationalpark stürzen die vom Daly Gletscher gespeisten Takakkaw Falls über 381 Meter in die Tiefe. Es ist der vierthöchste Wasserfall Kanadas und wirkt so mächtig, dass die fast gegenüberliegenden, immerhin 180 Meter hohen Twin Falls von kaum einem Touristen beachtet werden.

Horst an den Takakkaw Falls

Zurück im Auto wollten wir möglichst rasch zum Lake Louise weiterfahren. Ganz so schnell ging’s dann doch nicht. Auf dem Trans-Canada Highway wurden wir immer wieder durch Schilder mit der Aufschrift „Slow Down“ auf Baustellen aufmerksam gemacht. Für die rund 30 Kilometer von den Takakkaw Falls zu dem wahrscheinlich bekanntesten Urlaubsort Kanadas benötigten wir schließlich gut eineinhalb Stunden. Als wir schließlich den von Bergen umhüllten Lake Louise erreichten, hatte sich die Sonne gerade für diesen Tag verabschiedet.

Letzter Blick für heute auf den Lake Louise

6. Banff/Kanada (4 Tage)

Wilde Tiere

30. August 2012 | Im 15. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ zeigen wir, warum der Banff Nationalpark selbst eingefleischten Oberbayern die Sprache verschlagen könnte.

Gletscher am Moraine Lake

Endlich einen Ruhetag in unserem wunderbaren Hotel „Buffalo Mountain Lodge“ in Banff – hatten wir zumindest für Mittwoch eingeplant. Dann las Inge beim Frühstück die Facebook-Nachricht von Hans Oberberger vor: „Gebt’s zu: Ihr seid in Wirklichkeit in Berchtesgaden und wolltet nur ein paar Wochen Ruhe.“ Von wegen – dem werden wir’s zeigen. Also haben wir uns gegen Mittag doch wieder ins Auto gesetzt und sind über den Bow Valley Park Way in die knapp 60 Kilometer entfernte Region am Lake Louise aufgebrochen. Die frühere Route des Trans-Canada Highways führt zumeist durch dichte Wälder. Entlang der Straße sollen immer wieder Elche sowie Schwarz- und sogar Grizzlybären beobachtet worden sein. Heute leider nicht.

Familie - ohne Bär - am Bow River

Dafür bekamen wir wieder reichlich unglaubliche Naturschönheiten zu sehen. Zum Beispiel beim ersten Halt am Johnston Canyon mit seinen zwei Wasserfällen, die Dank gut ausgebauter Pfade bequem zu erreichen sind.

Julia im Johnston Canyon

Das Wetter war heute im Banff Nationalpark viel schöner als von den Meteorologen vorhergesagt. Nur – ausgerechnet in der Region um Lake Louise zogen dicke Wolken auf und es regnete sogar für einige Minuten. Deshalb haben wir den Lake Louise selbst heute ausgelassen und sind zum fast 1.900 Meter hoch gelegenen Moraine Lake gefahren. Da auch dort die Sonne kaum die grauen Wolken durchdringen konnte, sind unsere Erinnerungsfotos von dem ansonsten smaragdglänzenden See etwas blass ausgefallen.

Der Moraine Lake

Entschädigt wurden wir dann bei der Rückfahrt über den Trans-Canada Highway nach Banff. Auf beiden Seiten der gut ausgebauten Schnellstraße reiht sich ein Naturschauspiel an das andere – und das auf einer Länge von knapp 60 Kilometern. Besonders beeindruckt waren wir von dem 2.766 Meter hohen Castle Rock, der im aufkommenden spätnachmittäglichen Sonnenlicht glänzte.

Castle Rock am Trans Canada Highway

Kurz vor Banff fällt dann der Cascade Mountain auf, der die Kleinstadt wie eine schräg liegende Schiefertafel überragt. Schade, dem eigenwillig geformten Berg fehlen nur zwei Meter – dann könnte er sich als „Dreitausender“ bezeichnen lassen.

Nur 2 Meter fehlen dem Cascade Mountain am Dreitausender

Auch wenn’s mit Bären und Elchen heute nicht geklappt hat, so haben wir heute Abend zumindest ein „wildes Tier“ ganz in der Nähe unseres Bungalows in der „Buffalo Mountain Lodge“ beobachten können.

Chipmunk statt Bär - ist ohnehin viel possierlicher

Um ehrlich zu sein, sind mir Chipmunks ohnehin viel lieber als Grizzlys – zumindest ohne Zaun dazwischen.

Über Schwarzbären, Grizzlys und Erdhörnchen

31. August 2012 | 16. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“: Mentale Vorbereitungen auf unsere Ausflüge in die kanadische Wildnis.

Julias bislang einzige Begegnung mit einem Bären war eher harmlos

Wer – so wie wir heute – ganz gemütlich durch den hübschen Ferienort Banff schlendert, dem werden bald Aushänge in vielen Schaufenstern auffallen, mit denen für „Bear Spray“ geworben wird. Laut Aufschriften auf den Verpackungen handelt es sich dabei um ein Pfefferspray, das angreifende Bären oder Grizzlys angeblich sofort in die Flucht schlagen soll. Eine in den USA und Kanada übliche „Money Back Guarantee“ bei unzureichender Wirkung wird allerdings nicht eingeräumt. Wegen der fehlenden Garantie haben wir auf den Kauf dieser vermeintlichen Wunderwaffe verzichtet und uns lieber mental auf die geplanten Ausflüge in die kanadische Wildnis vorbereitet. Hilfreich dabei ist der Prospekt „Bear Viewing Guide“, den wir im Information Center erhielten. Darin wird zunächst der Unterschied zwischen den in dieser Gegend verbreiteten Schwarzbären und Grizzlys erläutert:

Die Farbe ist kein guter Indikator. Auch Schwarzbären können wie die Grizzlys ein braunes Fell haben. Bessere Unterscheidungen bieten die unterschiedlichen Formen des Rückens und der Gesichtszüge. Außerdem sind die Krallen des Grizzlys doppelt so lang.

Also werden wir uns bei der ersten Bärenbegegnung erst einmal die Vorderpfoten zeigen lassen, um überhaupt einordnen zu können, wer uns da möglicherweise bedrohlich gegenübersteht. Auch für diese Situation bietet der Bärenratgeber wertvolle Tipps:

Die Stimmung eines Bären können Sie an seiner Körpersprache erkennen. Ein relaxter Bär wird Ihnen kaum Beachtung schenken. Was tun: Ruhig verhalten und die Show genießen. Wenn sich ein Bär allerdings auf die Hinterbeine stellt, ist Vorsicht geboten. Er könnte aggressiv werden. Was tun: Reden Sie ruhig auf den Bären ein, sodass er weiß, dass Sie ihm nichts Böses anhaben wollen. Dann sollten Sie sich langsam von ihm entfernen.

Hoffen wir mal, dass die Schwarzbären und Grizzlys, denen wir vielleicht in den nächsten Tagen begegnen könnten, diese Verhaltensregeln ebenfalls kennen. Dass so eine Begegnung nicht völlig auszuschließen ist, zeigt die Titelgeschichte in der aktuellen Ausgabe der lokalen Wochenzeitung „The Banff Crag & Canyon“. Erst am vergangenen Samstag musste die Strecke eines Radrennens mit 1.500 Teilnehmern in der Region um Banff um 40 Kilometer verkürzt werden. Grund: Auf dem Bow Valley Parkway hatten die Organisatoren morgens eine Schwarzbärenmutter mit ihren drei Jungen entdeckt und daraufhin die Teilstrecke für Radfahrer gesperrt. Auf dieser Straße sind wir übrigens am Mittwoch in die Lake Louise Region gefahren – da hatte sich die Bärenmama mit ihrem Nachwuchs allerdings schon wieder verzogen.

Unser Erdhörnchen war überhaupt nicht angriffslustig

Die hilfreichen Tipps im Umgang mit Bären und Grizzlys haben wir heute bei einer anderen wilden Spezies der Region mit Erfolg ausprobiert. Das Erdhörnchen, das ein Loch unterhalb unserer Terrasse bewohnt, hat uns tatsächlich nicht angegriffen, obwohl es sich zunächst bedrohlich auf die Hinterbeine stellte. Schließlich hatten wir ruhig auf das possierliche Tierchen eingeredet.

Kommentare:

Ulrike Langer, 31. August 2012
Euer Reisetagebuch wird immer besser. Der letzte Absatz hier – großartig 🙂 Wir können die jeweils neuen Folgen kaum abwarten. Aber wir freuen uns natürlich auch sehr, wenn es wenigen Tagen heißt: „Heute fahren wir nochmal nach Seattle.“

Inge Seibel, 31. August 2012
Liebe Ulli, Dein Kommentar freut uns sehr! Schon jetzt denken wir mit Wehmut an die schönen Tage in Seattle zurück – ein Höhepunkt unserer Reise. Nochmals herzlichen Dank für Eure Gastfreundschaft! Sehen uns hoffentlich am Mittwoch im Outback 🙂 Liebe Grüsse an die ganze Family! Inge, Horst & Julia

Kitschige Ansichtskarten aus Banff

1. September 2012 | 17. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ mit der „Besteigung“ des Sulphur Mountain, unserem Ausflug an den Lake Minnewanka und einer Hochzeit (fast) vor unserer Tür.

Familienfoto auf dem Sulphur Mountain

Den besten Ausblick auf unseren derzeitigen Ferienort Banff habe man von dem 2.281 Meter hohen Sulphur Mountain wird in fast jedem Prospekt versichert. Also haben wir uns heute Morgen auf den Weg zum Gipfel gemacht – nicht etwa mit der „Banff Gondola“, sondern zu Fuß. Schließlich hatte uns Ulrike Langer in Seattle mit einem ausgeklügelten Fitnessprogramm auf solche „Gewaltmärsche“ in den Rocky Mountains vorbereitet.

Chipmunks sind unsere ständigen Begleiter

Auf dem gut zweistündigen Aufstieg wurden wir regelmäßig von Chipmunks begleitet, die sich vor uns aufbauten und uns damit offensichtlich klarmachten, dass sie eigentlich Nüsse oder andere Leckereien als Wegezoll erwarten. Wir blieben dennoch hart. Schließlich ist es in den Rocky Mountains streng verboten, wilde Tiere zu füttern. Und dazu zählen auch die süßen Streifenhörnchen.

Die Banff Avenue

Oben, auf dem Gipfel des Sulphur Mountains hatten wir dann tatsächlich eine unglaublich gute Aussicht auf Banff und die Naturschönheiten in der direkten Umgebung. Im Vordergrund sahen wir den Bow River, der das kleine Städtchen teilt. Selbst aus dieser Entfernung erkannten wir auch die Banff Avenue, die sich vom Bow River im Süden über mehrere Kilometer durch die ganze Kleinstadt bis zum Trans- Canada Highway im Norden erstreckt.

Lake Minnewanka nur wenige Kliometer von Banff entfernt

Bergrunter haben wir dann doch die Seilbahn genommen. So blieb uns am Nachmittag noch Zeit für einen Abstecher zum nahegelegenen Lake Minnewanka. Mit 28 Kilometern ist er der längste See in den kanadischen Rocky Mountains. Obwohl heute das lange Wochenende wegen des Labour Days am kommenden Montag begann und Banff restlos ausgebucht ist, waren neben uns nur wenige Touristen an diesem Nachmittag an den reizvoll gelegenen See gekommen.

Bryan und Barbara haben gerade "Yes" gesagt

Zurück in der Buffalo Mountain Lodge staunten wir nicht schlecht über eine ziemlich große Hochzeitsgesellschaft, die sich fast direkt vor unserem Zimmer versammelt hatte. Einige Minuten später gaben sich Bryan und Barbra das Ja-Wort. Und das vor der herrlichen Naturkulisse, die ganz normale Fotos manchmal wie kitschige Ansichtskarten aussehen lässt.

Unser Haus in Kanada

2. September 2012 | 18. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“: Wir haben heute einen ganz faulen Tag gemacht und nutzen die Gelegenheit, um euch unser gemütliches Zimmer in der Buffalo Mountain Lodge in Banff mit einem kleinen Video vorzustellen.

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Graue Wolken über den Rockys, vereinzelte Regenschauer und ganz schön heftiger Wind. Dabei Temperaturen um die 12 Grad. Wir können uns wirklich nicht beklagen: Es war der erste von bislang 17 Ferientagen, an dem das Wetter nicht mitgespielt hat. Also haben wir uns fast gar nicht aus unserem gemütlichen Zimmer in der Buffalo Mountain Lodge oberhalb des kanadischen Urlaubsorts Banff bewegt. Unser Ferienquartier nennen wir seit der Ankunft in Banff am vergangenen Dienstag: „Unser Haus in Kanada“.

Julia und Horst haben am Nachmittag ein kleines Video über unser derzeitiges Urlaubsdomizil zusammengestellt. Mit dabei sind auch „Chippy“, ein süßes Streifenhörnchen sowie das Erdhörnchen „Fatty“, das direkt unterhalb unserer Terrasse eine Höhle bewohnt und ganz verrückt nach Erdnüssen ist.

Ansonsten haben wir einfach mal so richtig gefaulenzt – auch das gehört schließlich zu gelungenen Ferien. Für Sonntag haben die Meteorologen bereits wieder Sonne und deutlich höhere Temperaturen angekündigt. Wir freuen uns schon auf weitere erlebnisreiche Ausflüge in den Rockys, von denen wir euch in den nächsten Ausgaben unseres Reisetagebuchs berichten werden.

Auf zu den Inkpots

3. September 2012 | Im 19. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ gibt’s Gedränge in der kanadischen „Wilderness“, herrliche Aussichten im Johnston Canyon, bestens ausgerüstete deutsche Touristen und ein Lied gegen „Bärenbefall“.

Julia an den Upper Falls im Johnston Canyon

Alles klar – das gestrige Sauwetter hatte sich heute Morgen verzogen. Also machten wir uns auf den Weg in die kanadische „Wilderness“. Unser Ziel waren die Inkpots, sechs Wasserquellen, die kleine grüngefärbte Teiche bilden und das ganze Jahr hindurch eine gleichbleibende Temperatur von vier Grad haben sollen.

Lower Falls im Johnston Canyon

Zu erreichen ist die Idylle nach einer sechs Kilometer langen Wanderung mit durchaus anspruchsvollen Steigungen durch den Johnston Canyon, in dem vor allem zwei Wasserfälle herrliche Aussichten bieten.

Ziel unserer heutigen Wanderung: Die Ink Pots

Einsame kanadische Wildnis – von wegen. Dieselbe Idee wie wir hatten noch ein paar Tausend andere Touristen, die das lange Labour-Day-Wochenende (Montag ist Feiertag) in Banff und Umgebung verbringen. Auf dem ersten, rund ein Kilometer langen „Teilstück“ bis zu den Lower Falls herrschte ein Gedränge wie am Times Square in New York. Um in die Grotte unterhalb des Wasserfalls zu gelangen, war vorheriges Schlangestehen unausweichlich.

Schlangestehen vor den Lower Falls

Danach lichteten sich die Reihen der Wanderlustigen schon merklich, zumal es jetzt auch steiler bergan ging. An den Upper Falls konnten wir sogar einige Fotos von Julia machen, ohne dass andere „Wandervögel“ ins Bild liefen.

Familienbild am Zugang zu den Lower Falls

Für das „Familienportrait des Tages“ heuerten wir dann eine nette ältere Dame an, die gemeinsam mit ihrer Schwester die Rocky Mountains von Calgary bis Vancouver bereist. Nach einigen Wortwechseln stellten wir fest, dass die beiden Damen aus Deutschland kommen – und das war überhaupt kein Zufall. Bei unseren Reisen in Nordamerika haben wir selten so viele deutsche Touristen getroffen, wie hier in den Rocky Mountains; dabei haben wir sogar unsere Ferien in Florida im vergangenen Sommer schon einbezogen.

Das ist vermutlich kein Deutscher Tourist an den Upper Falls

Nach unserer Beobachtung zeichnen sich deutsche Touristen vor allem durch sorgsame Vorbereitung auf ihre Reiseziele aus. Während sich Amerikaner, Chinesen oder Inder teilweise in Badelatschen auf das letzte „Teilstück“ von den Upper Falls zu den Inkpots machten, gehört wanderfähiges Schuhwerk für unsere Landsleute genauso zur Grundausstattung wie ein ständig griffbereiter Reiseführer von beträchtlichem Umfang mit dessen Hilfe die besuchten Ziele genauestens analysiert werden. Nicht nur das. Auch die Ratschläge in den Reiseinformationen werden zumeist peinlich genau befolgt. Die beiden älteren Damen wollten zum Beispiel die Wanderung zu den Inkpots partout nicht fortsetzen, weil sie kein Bear Spray zur Abwehr wilder Bestien dabei hatten. Wir konnten sie schließlich doch überreden, den Weg zu dem lohnenswerten Ziel fortzusetzen. 

Hirschkuh mit Nachwuchs vor "unserem Haus in Kanada"

Selbstredend hatten auch wir kein Bear Spray dabei und haben deswegen laut „Wiiiiiinter in Kanada“ (1966 von Elisa Gabbai) gesungen, um Bären oder andere gefährliche Wildtiere auf dem letzten – einsameren – „Teilstück“ zu den Inkpots fernzuhalten. Unser Gesang hat offensichtlich nicht nur wilde Tiere verscheucht, sondern dazu auch noch japanische Touristen verschüchtert. Jedenfalls hat uns eine entgegenkommende Gruppe ganz schön irritiert angeschaut und mitgesungen haben sie auch nicht. Dafür konnten wir schon heute Morgen – ohne Gesang – eine Hirschkuh mit ihrem Nachwuchs beobachten; nicht etwa in der „Wilderness“, sondern direkt vor unserem „Haus in Kanada“, wie wir unser Hotelzimmer in der Buffalo Mountain Lodge hier in Banff nennen.

Ein kapitaler Bock

4. September 2012 | m 20. Teil unseres Reisetagebuchs berichten wir über unsere „Bärenjagd“ in den Rocky Mountains und den Besuch auf Kanadas berühmtester Ranch.

Der Wapiti-Bulle grast ganz friedlich in der Nähe unseres Hotels in Banff

Am letzten Tag in Banff wollten wir’s unbedingt wissen: Ein Bär musste her; am besten ein Grizzly am Straßenrand aufrecht stehend, uns freundlich zuwinkend, sodass wir ihn aus unserem Auto bequem hätten fotografieren und filmen können. Daraus wurde bislang nichts. Obwohl wir nahezu allen im Internet verbreiteten Geheimtipps für die Bärenjagd per Kamera in der Umgebung von Banff gefolgt sind, wollte sich für uns einfach kein Meister Petz in Pose stellen. Dafür haben wir heute Morgen einen kapitalen Bock mit unserer Kamera „schießen“ können. Ganz in der Nähe unseres Hotels graste friedlich ein ausgewachsener Wapiti-Bulle am Waldesrand, der sich von dem gut ein Dutzend Schaulustigen in seiner unmittelbaren Nähe überhaupt nicht stören ließ.

David Cowley ist der Juniochef der Rafter Six Ranch

Eigentlich wollten wir heute über die Sunshine Meadows ein paar Kilometer westlich von Banff wandern. Bei schönem Wetter soll man dort herrlich zwischen Seen, Bergen und Schluchten spazieren können. Doch das Wetter spielte leider nicht mit. Ausgerechnet im Westen hingen graue Wolken tief bis ins Tal hinein. Weil „Sonnenscheinwiesen“ ohne Sonnenschein ziemlich trist sein dürften, griffen wir einen Tipp von Peter Niedner als gelungene Alternative auf. Peter hatte uns vor einigen Tagen per Facebook auf die Rafter Six Ranch aufmerksam gemacht. Das rund 40 Kilometer östlich von Banff gelegene Areal mit typischen Ranch-Gebäuden, Koppeln und vielen Pferden erinnert an Western-Filme der fünfziger und sechziger Jahre.

Inge auf der Rafter Six Ranch

Tatsächlich wurden hier mehrere Western gedreht, darunter im Jahr 1954 „Rivers of No Return“ mit Marilyn Monroe und Robert Mitchum. Die Monroe hatte sich bei den Dreharbeiten zu ihrem einzigen Western übrigens ein Bein gebrochen, was die Produktion des Filmes seinerzeit erheblich verzögerte.

Der Reiter ist 14 Monate alt, der "Pferdealter" gerade mal zweieinhalb Jahre

Auf der Ranch trafen wir eine Familie aus der benachbarten Kleinstadt Canmore. Der Mann arbeitet als Holzfäller im Norden Kanadas und ist für das lange Labour-Day-Wochenende nach Hause gekommen. Unter anderem auch deswegen, um seinen Kindern das Reiten nach Westernart beizubringen. Wir staunten nicht schlecht, als wir den zweieinhalbjährigen Sohn fröhlich und selbstbewusst auf dem Pony sitzend sahen, während der Papa das Tier am Zügel über die Koppel führte. Noch mehr staunten wir allerdings, als das erst 14 Monate alte Brüderchen auf das Pony gehoben wurde und der „große Bruder“ den Zügel hielt.

Abendstimmung in den Rocky Mountains bei Canmore

Auf der Rückfahrt über den Trans-Canada Highway nach Banff am Nachmittag genossen wir dann einmal mehr das Farbenspiel, das durch Sonnenstrahlen, die sich an den Bergfelsen spiegeln, entsteht. Wir hatten wunderschöne Ferientage in Banff. Zu verdanken haben wir das auch Katharina Pocher. Die ehemalige Studentin von Horst arbeitet seit Juni für Parcs Canada in Banff und hatte uns schon vor der Reise mit vielen Tipps für unseren Aufenthalt in den Rockys versorgt.

Katharina Pocher arbeitet seit Juni für Parcs Canada in Banff

Katharina hat uns bei einem gemeinsamen Abendessen versichert, dass Begegnungen mit Bären in der kanadischen Wildnis durchaus keine Seltenheit sind. Sie selbst ist schon fünfmal auf Schwarzbären und Grizzlys gestoßen. Auch wir haben die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben. Zu Beginn unserer morgigen Rückfahrt in Richtung Seattle wollen wir auf den ersten 50 Kilometern vom Trans-Canada Highway abweichen und auf dem parallel verlaufenden Bow Valley Parkway ein letztes Mal unser Glück versuchen. Vielleicht klappt’s ja, dass bei Sonnenaufgang ein Meister Petz am Straßenrand uns freundlich zum Abschied zuwinkt. Ansonsten müssen wir uns in Sachen Wildlife mit unserem kapitalen Bock und unzähligen Schnappschüssen von Streifen- und Erdhörnchen begnügen.

Kommentar:

Thomas, 4. September 2012
Wir wollen Bären sehn, wir wollen Bären sehn, ……..

7. Belllingham + Seattle/USA

Back in the USA

5. September 2015 | 21. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“: Sonnenaufgang in den Rocky Mountains – Sonnenuntergang am Pazifik. Dazwischen eine 825 Kilometer lange Autofahrt mit bester Stimmung „an Bord“.

Sonnenuntergang über dem Pazifik vor Bellingham

Der Sonnenuntergang am Hafen von Bellingham kann sich wirklich sehen lassen. Die rund 70.000 Einwohner große Stadt im Nordwesten des US-Bundesstaates Washington ist das Ziel unserer heutigen 825 Kilometer langen Etappe, die morgens kurz nach Sieben in Banff, inmitten der Rocky Mountains begann.

Sonnenaufgang am Bow River in den Rocky Mountains

Nachdem die ersten 50 Kilometer über den Bow River Parkway mangels Bären am Straßenrand etwas enttäuschend verliefen, hatten wir anschließend eine völlig stressfreie Autofahrt, die zunächst über den Trans-Canada Highway und ab Kamploops über die hervorragend ausgebaute kanadische Autobahn 5 bis an die US-Grenze führte.

Holztransporter auf dem Highway in den Rocky Mountains

Die Stimmung an Bord war bestens, vor allem nachdem wir bereits 150 Kilometer vor der Grenze unseren amerikanischen Lieblingssender „92.9 KISM“ im Autoradio empfangen konnten. Die Classic-Rock-Station aus Bellingham hatten wir bereits auf Vancouver Island und später auch noch in Vancouver regelmäßig eingeschaltet. Bei Titeln wie „Free Bird“ von Lynyrd Skynyrd oder „Hurts so good“ von John Mellencamp war „unser Fahrer“ nicht mehr zu halten und schmetterte die Songs laut mit. Julia, die heute zumeist die Rolle der Co-Pilotin übernommen hatte, musste sich nicht nur zeitweise die Ohren zuhalten, sondern auch noch darauf achten, dass ihr altrockender Vater dabei nicht zu sehr auf das Gaspedal trat.

Altrocker am Steuer

In Kanada sind – ähnlich wie in den USA – die Geschwindigkeiten selbst auf gut ausgebauten Autobahnen zwischen 80 und 100 Kilometer pro Stunde strikt reglementiert. Wobei nach unseren Beobachtungen die kanadischen Autofahrer im Gegensatz zu den US-Amerikanern diese Regeln auch peinlich genau einhalten, obwohl nur ganz selten Polizeistreifen auf der Straße zu sehen sind.

Boot der Coast Guard im Hafen von Bellingham

Den ganzen Tag über hatten wir uns während der langen Autofahrt schon auf frisches Seafood am Pazifik gefreut. In Bellingham angekommen, hatten wir dann allerdings einige Mühe, überhaupt ein geöffnetes Restaurant zu finden – was uns schließlich in dem hübsch angelegten Viertel „Fair Harbour“ unweit der Abfertigungsanlagen für die hier startenden Fähren nach Alaska doch noch gelang.

Endlich wieder Seafood

Wie in fast allen amerikanischen Tourismuszentren ist mit dem Labour Day am Montag auch hier die Sommersaison zu Ende gegangen. Schon wenige Tage später scheint Bellingham in den Herbstschlaf versunken zu sein. Der endet nach Angaben der Rezeptionistin unseres Motels kurz vor Weihnachten, wenn Tausende Ski- und Snowbordfahrer von Bellingham aus auf die Berge in der unmittelbaren Umgebung starten.

Julia im Kaufrausch

6. September 2015 | 22. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“: Wie Julia den Umsatz von „Abercrombie & Fitch“ steigerte, Horst mit der Eisenbahn „spielte“ und wir uns von guten Freunden verabschieden mussten.

Julia im Abercrombie-Fieber

Das Mode-Label „Abercrombie & Fitch“ war in den vergangenen Monaten wiederholt Gegenstand der Berichterstattung in den Wirtschaftsteilen amerikanischer Zeitungen. Tenor der Beiträge: Während das Geschäft international „brummt“, gingen Verkäufe und Gewinne auf dem heimischen US-Markt deutlich zurück. Julia hat am Mittwoch nachhaltig dafür gesorgt, dass die Sorgen des Managements in der Konzernzentrale in New Albany im Bundesstaat Ohio deutlich geringer geworden sein dürften.

Im Adlerwood Shopping Center bei Seattle

Statt an unserem letzten Tag an der Westküste irgendwo am Pazifik oder einem der Seen in Seattle auszuspannen, lotste uns unsere Tochter heute Vormittag zielstrebig in das Alderwood Shopping Center, rund 30 Kilometer nördlich von Seattle. Durch umfassende Internetrecherchen hatte Julia zuvor herausgefunden, dass bei „Abercrombie Kids“ zurzeit der in den USA verbreitete „Back to School Sale“ läuft. Tatsächlich gab’s dort heute die angesagten „Hoodies“, „Jeggings“ und „Tops“ zu Preisnachlässen bis zu 50 Prozent. Julia „schlug“ durch Einsatz eines Teils ihrer Ersparnisse so kräftig zu, dass ich jetzt echte Probleme habe, die Sachen in unserem Reisegepäck unterzubringen.

 

AMTRAK-Personenzug am Bahnhof von Bellingham

Horst, der an sich nicht der geduldigste Begleiter bei ausgedehnten Shopping-Touren von uns Mädels ist, nahm die Sache heute sehr gelassen auf sich. Schließlich hatte sich schon am Morgen ein lang gehegter Wunsch von ihm erfüllt: Am Bahnhof von Bellingham konnte er ganz in Ruhe einen der langen Personenzüge der „AMTRAK“ filmen und fotografieren. Wenig später fuhr auch noch einer dieser endlos langen Güterzüge mit drei Lokomotiven an uns vorbei, während wir eine gefühlte Ewigkeit vor der geschlossenen Bahnschranke standen.

Fahrt in Richtung Downtown Seattle

Als wir später auf der Interstate 5 das Panorama von Seattle vor uns hatten, freuten wir uns schon auf den letzten Abend an der Westküste mit Ulrike Langer, Achim Rohde und ihren Kindern Marie und Leon, die vor unserer Fahrt in die „Rockys“ großartige Gastgeber in ihrem urgemütlichen Haus in West Seattle für uns waren.

Angetreten zum Frozen-Yogurt-Schlemmen: Ulrike mit ihrer Familie und Julia

Wir trafen uns dann in einem Steakhaus der „Outback“-Kette, ganz in der Nähe des Flughafens Seattle-Tacoma, von dem wir am Donnerstagvormittag nach Chicago weiterfliegen. Ulrike hat zurzeit ihre Eltern zu Gast, denen sie ihre neue Heimat im Nordwesten der USA zeigt. Auch einer der nächsten Besuche hat sich bereits angekündigt: Wir kommen im nächsten Jahr ganz bestimmt wieder!

Kommentare:

Matthias, 6. September 2012
Habt Ihr bei Outback eine „Blooming Onion“ gegessen? 🙂

Inge Seibel, 6. September 2012
Klar! Auf Anraten von Ulrike, sie kennt sich ja bestens aus 🙂 – War lecker!

8. Chicago (4 Tage)

Plötzlich mitten in Chicago

7. September 2012 | 23. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ mit ersten Eindrücken aus der Metropole am Lake Michigan und freie Sicht auf den Mount Rainier bei Seattle.

Julia und Inge auf der Columbus Bridge mit dem Tribune Tower im Hintergrund

Eigentlich hatte es uns vor dem heutigen Flug von Seattle nach Chicago ein wenig gegraut. Schließlich ist Fliegen in den USA alles andere als eine bequeme Reiseform. Check-in, Sicherheitskontrolle, Weg zum Flugsteig, Boarding – alles ist noch umständlicher als bei uns in Deutschland. Dazu sind die Maschinen der US-Fluggesellschaften zumeist reichlich in die Jahre gekommen, genauso wie die Flugbegleiter, zumindest bei „United Airlines“. Horst hat Julia heute auf dem Flug mal wieder vorgeschwärmt, dass in seiner Jugend (also weit zurück im vorigen Jahrhundert) nur „Traumfrauen“ als Stewardessen angenommen wurden, die aufreizend durch die enge Kabine gestöckelt seien und damit zumindest den männlichen Passagieren jegliche Flugangst genommen hätten.

Blick aus dem Flugzeug auf Mount Rainier

Zurück zum Thema. Heute gab’s keine größeren Probleme, auch keine Flugangst bei Horst. Kurz nach dem Start in Seattle hatten wir sogar freie Sicht auf den schneebedeckten Mount Rainier, der mit seinen 4.392 Metern bei klarer Sicht eine Traumkulisse für die Smaragdstadt bildet. Ehe wir uns versahen, war der Dreistunden-Flug vorbei und wenig später standen wir schon vor unserem Hotel auf der Monroe Avenue mitten im „Loop“, wie das Zentrum von Chicago genannt wird. Vor uns ratterte einer der legendären „Elevated Trains“ durch die Hochhäuserschluchten.

Eleveted Train - die legendäre Hochbahn in Hamburg

Chicago ist noch beeindruckender, als wir uns das vorgestellt hatten. Die Wolkenkratzer wirken mindestens so mächtig wie die in Manhattan. Allerdings waren die Straßen – zumindest heute Abend – viel weniger belebt, als wir das noch vor drei Wochen in New York erlebt hatten.

Im Millenium Park am Abend

Am Abend haben wir dann noch einen ausgedehnten Spaziergang bis hinunter an den Lake Michigan gemacht, bei „Bubba Gump“ am Navy Pier „Shrimps bis zum Abwinken“ in uns hineingestopft und uns zum Abschluss von einem freundlichen Passanten am Millenium Park für das Familienalbum ablichten lassen.

P.S. Aus Chicago senden wir herzliche Glückwünsche an die Gewinner des Deutschen Radiopreises; insbesondere an Sina Peschke, die als beste Moderatorin ausgezeichnet wurde und an die Jungs von detektor.fm, die den Preis für die beste Innovation erhielten. Wir freuen uns für euch!

Der Boss ist in der Stadt

8. September 2012 | Im 24. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ verraten wir unter anderem, warum Bruce Springsteen heute Abend ohne uns „The Windy City“ rocken musste.

Skyline am Chicago River

Nachrichtensendungen in lokalen und regionalen amerikanischen Fernsehprogrammen folgen regelmäßig einem festen Ritual: Topmeldung ist häufig ein Mord, der in irgendeinem dunklen Viertel der Stadt verübt wurde. Gelegentlich dient auch mal eine Massenkarambolage auf der Stadtautobahn oder einer der Korruption überführter hoher Verwaltungsbeamter als Aufmacher.

Aufmacher in den Lokalnachrichten: Bruce Springsteen in Chicago

Heute wurde die gewohnte Reihenfolge der Lokalnachrichten in Chicago völlig auf den Kopf gestellt. Grund: „The Boss is in Town“. Bruce Springsteen gab am Freitagabend das erste von zwei restlos ausverkauften Konzerten im traditionsreichen „Wrigley Field“, wo sonst die „Chicago Cubes“ ihre Baseballschläger schwingen. Wir waren nicht dabei. Dafür gab’s gleich drei gute Gründe: Erstens hätten wir Karten für das Konzert nur noch auf dem Schwarzmarkt für mehrere Hundert Dollar bekommen. Zum Glück sind wir dieses Wagnis nicht eingegangen, denn – zweitens – waren wir am Abend ziemlich geschafft von unserer heutigen Entdeckungstour zumeist per Pedes durch die Metropole am Lake Michigan und haben deswegen – drittens – ein leckeres Abendessen in einem gleichfalls sehr guten wie sehr preisgünstigen thailändischen Restaurant gleich um die Ecke unseres Hotels vorgezogen.

Familie auf der Michigan Bridge in Chicago

Wer die Wolkenkratzer in New York fotografieren oder filmen will, muss sich am besten einen geeigneten Standort außerhalb Manhattans suchen – zum Beispiel auf Liberty Island. In Chicago ist das einfacher. Hier gibt’s mindestens genau so viele Sky Scraper wie im „Big Apple“, jedoch ist die Innenstadt längst nicht so eng bebaut. Ein bestens geeigneter Ort, um die Skyline innerhalb der Stadt zu fotografieren, ist die Michigan Bridge. Hier erstrecken sich auf beiden Seiten des Chicago Rivers die Wolkenkratzer buchstäblich bis in den Himmel.

Mit dem "Radl" auf Streife - Polizisten auf der Michigan Avenue

Die „Fifth Avenue“ von Chicago ist ein Teilstück der Michigan Avenue, das sich vom Chicago River parallel zum Lake Michigan über eine Meile in Richtung Norden erstreckt. Wegen der zumeist exklusiven Geschäfte wird dieser Teil auch „Magnificent Mile“ genannt. Netter Anblick: Beim Bummel über die illustre Meile fielen uns Polizisten während ihrer „Streifenfahrt“ auf – per Fahrrad. 

Julia im Water Tower Place

Selbst wer sich – so wie wir heute – vorgenommen hat, einen Bogen um Shopping Center zu machen, wird in Chicago kaum um den „Water Tower Place“ herumkommen. Schon am Eingang des 900 Läden umfassenden Einkaufskomplexes beeindruckt ein treppenförmig angelegter Wasserfall, der quasi als Dekoration für die Rolltreppe zur ersten Zwischenetage angelegt wurde. Gleich nebenan befindet sich das John Hancock Center, von dessen Observationsdeck man den besten Blick über Chicago haben soll. Wir werden das am Samstag ausprobieren. Dann soll der Himmel weniger bedeckt sein, als heute.

Kommentare:

Andrea Stullich, 8. September 2012
Good Morning, Chicago! Wenn ich es recht entsinne, hat es für euch diesmal wieder nicht geklappt mit dem MoMa in New York, oder? Also: The Art Institute of Chicago! Super!!!! U.a. mit Grant Woods „American Gothic“ (das aus dem Vorspann von „Desperate Housewives“ :-))) ) Das Art Institute ist wirklich sehr sehenswert und hat, soweit ich mich erinnere, auch einen fabelhaften Museums-Shop. – Gaaaanz viel Spaß noch in the U.S.!!!! Liebe Grüße, Andrea.

Inge Seibel, 9. September 2012
Geil – vielleicht hätten wir uns doch mehr um Karten bemühen sollen…

Inge Seibel,  9. September 2012
Liebe Andrea, das ist ein guter Tipp und wir haben uns das auch schon für den heutigen Sonntag vorgenommen: Park und Museum und dann können wir guten Gewissens am Montag den Heimflug antreten. Bis bald in Düsseldorf und einen sonnigen Wochenendausklang. LG Inge

Anything You Want

9. September 2012 | Im 25. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ zeigen wir euch Chicago vom Wasser und aus der „Luft“. Dazu gibt’s auch noch eine kulinarische Spezialität aus der Windy City.

Skyline von Chicago vom Lake Michigan

Wer die Skyline von Chicago bei herrlichem Sonnenschein vom Lake Michigan aus bewundern darf und anschließend vom John Hancock Tower aus 344 Metern Höhe auf die mächtigen Wolkenkratzer hinunter schaut, hat einen unvergesslichen Ferientag erlebt – so wie wir heute. Während wir an der Reling des Ausflugsbootes standen und auf die sich langsam entfernenden modernen Türme der Windy City blickten, ging uns ein Musiktitel durch den Kopf, den wir am Freitag zufällig im Shoppingcenter „Water Tower Place“ gehört hatten: „Anything You Want“. Die Liveaufnahme aus einem Konzert des amerikanischen Sängers Jason Mraz in Chicago vereint Wohlgefühl, gute Stimmung und Gelassenheit – also alles das, was zu einem unvergesslichen Ferientag dazu gehört. Wir haben endlich unseren Urlaubshit 2012 gefunden.

Inge mit dem John Hancock Tower im Hintergrund

Die 90 Minuten lange Bootsfahrt auf dem Chicago River zwischen unendlich hoch erscheinenden Beton- und Glasbauten war der erste Höhepunkt des heutigen Tages – allerdings nicht der Letzte. Horst hatte kurze Zeit später bei „Downtown Dogs“ sein besonderes „kulinarisches Erlebnis“. Während Julia und ich eher skeptisch auf die mit Ketchup, Senf, Mayonaise, Relish, Zwiebeln, Gurken und weiteren undefinierbaren Zutaten dekorierten Wiener Würstchen in weichen Brötchen blickten, biss „unser Papa“ voller Freude kräftig in seinen Hot Dog und orderte gleich noch einen zweiten nach. Nur mühsam – und mit überzogenen Hinweisen auf anschließende mögliche Übelkeit („jammere uns später nicht vor, dass dir schlecht ist“) ­– konnten wir ihn von einer dritten Portion abhalten.

Downtown Dogs in der North Street ist eine "Kultstätte" für die Würstchen im Brötchen

Für einen ausgedehnten Lunch war an diesem herrlichen Sonnentag ohnehin kaum Zeit. Am frühen Nachmittag sahen wir uns vom John Hancock Tower von oben aus Chicago an. Der Wolkenkratzer, dessen Aussichtsplattform wir mit dem angeblich schnellsten Fahrtstuhl Amerikas in 40 Sekunden erreichten, ist nur das vierthöchste Gebäude der Stadt. Allerdings rieten uns alle Chicago-Kenner, dem Hancock Tower gegenüber dem 98 Metern höheren Willis Tower (früher Sears Tower, mit 442,3 Metern das höchste Gebäude der USA) den Vorzug zu geben, da die Lage für unvergleichliche Aussichten auf die Stadt und den Lake Michigan einfach besser sei.

Blick vom Hancock Tower auf den Strand des Lake Michigan

Wir waren jedenfalls so beeindruckt, dass wir am Nachmittag rund zwei Stunden auf der Aussichtsplattform verbrachten und am Abend noch einmal zurückkamen. Im Vergleich zum Tage war das abendliche Erlebnis allerdings deutlich geringer. Die Aussicht – und vor allem das Fotografieren – wird durch die in der Dunkelheit spiegelnden Fenster erheblich beeinträchtigt. Zudem begann es während unseres zweiten Aufenthaltes auf dem Hancock Tower auch noch zu regnen. Außer einem „Standbild“ mit Julia als mutige Fassadenkletterin haben wir am Abend nur noch wenige weitere Fotos gemacht.

Julia als Fassadenkletterin am Hancock Tower

Insgesamt sind wir am Samstag wieder mehr als 10 Kilometer zu Fuß durch Chicago gelaufen. Deshalb waren wir froh, dass wir trotz des Regens am Abend schnell ein Taxi zurück ins Hotel bekamen. Vielleicht haben wir heute nicht alles bekommen, was wir uns vorgestellt hatten – aber das Allermeiste ganz bestimmt.

Die dicke Bohne im Park

10. September 2012 | Im 26. Teil unseres Reisetagebuchs „East-West-Central“ spiegeln wir uns in der „Cloud Gate“ und beweisen mit einem ausgiebigen Besuch des „Art Institute of Chicago“, dass wir doch keine „vollendeten Kunstbanausen“ sind.

Julia begrüßt Julia in der Spiegelskulptur "Dicke Bohne"

Am Ende waren wir dann doch noch ganz kunstbeflissen. Nachdem wir uns in New York schlechten Gewissens vor dem „MoMa“ (bedeutet nicht etwa „Morgenmagazin“, sondern „Museum of Modern Art“) gedrückt hatten, ging’s heute auf dringendes Anraten unserer Blog-Leserin Andrea Stullich ins „Art Institute of Chicago“. Danke für den Tipp, Andrea. Wir können jedem Chicago-Besucher nur raten, uns das gleichzutun. Das nur wenige hundert Meter von unserem Hotel entfernt liegende Museum bietet breit angelegte Kunstsammlungen, die in hellen weitläufigen Räumen den Besuchern auf angenehme Art präsentiert werden. Interessant fanden wir unter anderem die Bereiche für afrikanische, asiatische und indianische Kunst aus verschiedenen Epochen.

Grant Woods Bild "American Gothic"

Eine Art Aushängeschild für die Sektion American Art ist Grant Woods Bild „American Gothic“, das selbst so manchem Kunstbanausen aus dem Vorspann der TV-Serie „Desperate Housewives“ bekannt sein dürfte. Breite Bekanntheit kommt vor künstlerischem Anspruch – zumindest wirbt das „Art Institute of Chicago“ mit diesem naiven Gemälde als „Aufmacher“ in Prospekten und Anzeigen um Besucher.

In der Mitte des Bildes ist das Werk des Künstlers Gerhard Richter zu sehen

In der Abteilung für zeitgenössische europäische Kunst fiel uns ein Werk des aus Dresden stammenden Künstlers Gerhard Richter auf. Sein – für uns etwas gewöhnungsbedürftige – Werk „Woman Descending the Staircase“ gehört aus Sicht der Museumskuratoren zu den „Top 12“ Exponaten, die selbst eilige Besucher nicht verpassen sollten. Eilig hatten wir’s nicht. Wir waren von dem „Art Institute of Chicago“ so begeistert, dass wir trotz des herrlichen Wetters rund vier Stunden in dem Museum verbrachten und uns sogar Zeit für die Werke von Mark Rothko nahmen (Gisela und ausgewiesene Kunstexperten wissen, was das bedeutet…).

Die Spiegel-Skulptur Cloud Gate im Millenium Park von Chicago

Im sich direkt anschließenden Millennium Park ist die von Einheimischen als „Bohne“ bezeichnete Spiegel-Skulptur „Cloud Gate“ der absolute Mittelpunkt. Zwischen den Spiegelungen von Wolken und Sky Scrapern bemühen sich die vielen Besucher für ihre Fotos möglichst originell in Pose zu bringen. Dank der dicken Bohne im Park konnten wir am Sonntag unser „Familienportrait“ selbst anfertigen, ohne einen Passanten als Fotografen „anheuern“ zu müssen.

Familie im Spiegel der "Bohne"

Eine weitere Attraktion im Millennium Park ist die „Ground Fountain“, die aus zwei 15 Meter hohen LED-Türmen besteht, auf denen abwechselnd die Gesichter von 1.000 verschiedenen Einwohnern Chicagos projiziert werden. Am Ende jeder Videofrequenz spritzt Wasser aus den Mündern der dargestellten Gesichter. An diesem warmen Sonntagnachmittag nutzten Kinder das faszinierende Wasserspiel zur Abkühlung.

Video-Projektion an der Ground Fountain im Millenium Park

Meine Güte – Chicago hat uns in den vergangenen dreieinhalb Tagen gewaltig beeindruckt. Der Besuch der Metropole am Lake Michigan war zweifelsohne ein weiterer Höhepunkt auf unserer diesjährigen Ferienreise unter dem Motto „East-West-Central“. Bevor die Maschine der „United Airlines“ am späten Montagnachmittag in Richtung München startet, stellen wir euch morgen im letzten Teil unseres Tagebuchs noch die Tops und Flops dieser Reise zusammen.

Die Bilanz unserer Reise

Schwere Entscheidungen

10. September 2012 | Im 27. und letzten Teil unseres Tagebuchs „East-West-Central“ ziehen wir Bilanz unserer Ferienreise in den USA und Kanada.

Julia, Horst und Inge auf dem Harbour Tower in Vancouver

Am späten Montagnachmittag startet die Maschine der „United Airlines“ – hoffentlich pünktlich – in Richtung München. Es ist also höchste Zeit für eine Bilanz unserer 27-tägigen Ferienreise, die uns von New York über Seattle, Vancouver Island, Vancouver, Banff in den kanadischen Rocky Mountains, zurück über Seattle nach Chicago führte. Die Überseeflüge von/nach München eingerechnet, waren wir rund 23.400 Kilometer unterwegs, davon 20.400 im Flugzeug und 2.800 im Mietwagen. Den Rest haben wir zu Fuß zurückgelegt. Kein Witz – wir sind im Urlaub noch nie zuvor so viel „gewandert“ wie diesmal.

Rund 2.800 km waren wir mit dem Jeep unterwegs

Am Ende ist es wirklich schwer gefallen, uns auf die Benennung der Höhepunkte unserer Reise zu einigen. Die Eindrücke waren einfach so vielfältig und teilweise überwältigend, dass Vergleiche kaum möglich sind. Bei den Tiefpunkten hatten wir dagegen keine Probleme. Grund: Es gab nur ganz wenige davon.

Versuchen wir’s trotzdem – hier kommen die Tops und Flops unserer Ferienreise vom 16. August bis 10. September 2012:

Ulrike Langer war unsere wunderbare Reiseleiterin in Seattle

Bester Urlaubsort: Die Familie entscheidet sich gemeinsam für Seattle. Ulrike Langer und ihre Familie haben uns drei unvergessliche Ferientage in „The Emerald City“ bereitet. Wir hatten das Gefühl, für kurze Zeit selbst Teil des Lebens im Nordwesten der USA zu sein. Darüberhinaus hat Ulrike mit uns Orte in der Metropolregion besucht, die „normale“ Touristen wohl kaum in so kurzer Zeit zu sehen bekommen. Als wir nach zehn Tagen in Kanada nach Seattle an die US-Pazifikküste zurückkehrten, hatten wir irgendwie das Gefühl, nach Hause zu kommen.

Schwächster Urlaubsort: Whistler, der von den Olympischen Winterspielen 2010 als Austragungsort der Alpinen Skiwettbewerbe bekannte kanadische Ferienort machte auf uns den Eindruck einer Mischung aus Disneyland und Kitzbühel. Wir haben gar nicht erst versucht, dem Ort noch schöne Seiten abzugewinnen, sondern sind nach nur zwei Stunden weitergefahren.

Der Blick vom Sulphur Mountain auf Banff war einer der Hot Spots

Hotspots der Reise: Da sind die drei Müllers nicht „unter einen Hut“ zu bekommen. Für Inge war die Aussicht vom 2.281 Meter hohen Sulphur Mountain auf Banff und Umgebung der beeindruckendste Punkt. Julia hat vor allem der Blick von der Michigan Bridge auf das nächtliche Chicago imponiert und Horst war von der Bootsfahrt auf dem Lake Michigan mit Chicagos Skyline am meisten fasziniert.

Coldspot der Reise: Von der Aussicht vom John Hancock Tower auf das nächtliche Chicago hatten wir uns mehr versprochen. Während wir noch am Samstagnachmittag vom Observations Deck aus fantastische Ausblicke auf die Metropole am Lake Michigan hatten, wurde die Aussicht bei Dunkelheit vor allem durch die stark spiegelnden Fensterfronten doch sehr beeinträchtigt.

Bestes Hotel auf der Reise: Keine Frage – das war „unser Haus in Kanada“. Unser Zimmer in der Buffalo Mountain Lodge in Banff war einfach großartig. Lage, Einrichtung und Ausstattung hätten einfach nicht besser sein können. Allerdings haben wir für diesen Komfort auch einen beträchtlichen Teil unseres Urlaubsbudgets eingesetzt.

Die Lobby im Palmer House Chicago

Schlechtestes Hotel der Reise: Wenn wir überhaupt einen „Kandidaten“ für diese Kategorie benennen können, war es das „Palmer House“ in Chicago. Trotz nahezu idealer Lage im Zentrum der Millionenstadt und glanzvoller Lobby, hat das Haus so einige Macken. Die recht engen Zimmer sind so hellhörig, dass man versucht ist, sich selbst abzutrocknen, wenn der Zimmernachbar geduscht hat. Internetzugang steht überall kostenfrei zur Verfügung: In der Lobby, vor dem Hotel auf der Straße und unter dem Hotel in der Ladenpassage – nur nicht in den Gästezimmern. Da kostet der W-Lan-Zugang 14,95 Dollar plus Steuer pro Tag. Zudem war bei unserer Ankunft die gebuchte und bestätigte Kategorie mit zwei Betten nicht mehr verfügbar. Nach einer Nacht zu dritt in einem angeblichen Kingsize-Bett, das eher begrenzte „Prince-Dimensionen“ hatte, mussten wir am zweiten Tag das Zimmer wechseln. Erfahrene Reisende werden wissen, dass solche „Aktionen“ in den USA immer mit reichlich „Verwaltungsaufwand“ und zusätzlichen Tips für Hotelpagen verbunden sind.

Größtes Glück der Reise: Diesmal ist – abgesehen von einem Streik der Lehrer in Chicago, der unseren Urlaub nun wirklich nicht beeinträchtigt hat – an den besuchten Urlaubsorten absolut nichts passiert: Kein Hurrikan wie 2008 in New York und 2011 in Florida, kein Terroristenalarm wie 2007 in London und auch kein Erdbeben wie 2006 in Rom. Wir hatten diesmal einfach wundervolle und – sorgenfreie – Ferien.

Abschließend stellt sich noch die Frage, auf was wir uns nach dreieinhalb Wochen in den USA und Kanada zu Hause am meisten freuen. Julia sehnt sich schon regelrecht nach dem ersten Frühstück mit einer leckeren Butterbrezn. Inge freut sich darauf, nicht mehr „aus Koffern leben“ zu müssen. Und Horst? Würde am liebsten heute nicht nach Deutschland zurückfliegen, sondern viel lieber diesen Urlaub noch einmal von vorn beginnen lassen.

Das war unser Reisetagebuch 2012 „East-West-Central“. Danke an alle, die unsere Ferien im Weblog interessiert mitverfolgt – und uns immer wieder mit Tipps für unsere Reise versorgt haben. Unser ganz besonderer Dank gilt Ulrike Langer und ihre Familie, die uns nicht nur zu dieser Reiseroute inspirierten, sondern darüberhinaus auch noch großartige Gastgeber in Seattle für uns waren. Wir hoffen, dass wir auch im nächsten Sommer wieder einen ähnlich wundervollen Urlaub gemeinsam erleben dürfen. Vielleicht an der nördlichen Westküste der USA von Seattle durch Oregon bis nach San Francisco. Ob’s wirklich so kommt, erfahrt ihr dann ab Mitte August 2013 an dieser Stelle.