Viva España-Tour

Das Tagebuch unserer privaten Reise durch Spanien vom 25. September bis 22. Oktober 2023. Neben Start und Ziel in Madrid besuchten wir unter anderem Burgos, Vitoria-Gasteiz, San Sebastián, Bilbao, Santander, A Coruña, Santiago de Compostela, Vigo und Salamanca sowie die schönsten Küstenabschnitte und Schluchten im Norden Spaniens. Nach einem Zwischenstop in Madrid ging’s weiter nach Andalusien im Süden, wo wir Córdoba und Sevilla entdeckten bzw. wiedersahen. In unserem Tagebuch könnt ihr nicht nur unsere Erlebnisse nachlesen, sondern findet viele konkrete Tipps für eigene Reisen nach Spanien.

Inhalte dieser Seite

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Prolog: Bevor es losgeht

Viel Spanien zur Silberhochzeit

Zweimal "Jaaaa!" am 21. März 1998 auf dem Standesamt in Prien am Chiemsee

Montag, 25. September 2023 | Eigentlich hatten wir das schon sooooo lange vor: Ohne Zeitdruck durch Spanien zu reisen, schöne Orte wiederzusehen, die wir lange nicht mehr besucht haben. Vor allem aber wollen wir Teile dieses wunderbaren Landes auf der Iberischen Halbinsel entdecken, die wir bislang kaum oder noch gar nicht kennen. Nachholbedarf haben wir vor allem im Norden – im Baskenland, in Asturien und Galicien. Deswegen haben Inge und ich uns zur Silberhochzeit in diesem Frühjahr gegenseitig „viel Spanien“ geschenkt. Ihr könnt übrigens dabei sein, denn wir wollen auf dieser Tour unsere „Tradition“ der Reisetagebücher wieder neu beleben. Auf geht’s jetzt zu unserem ersten Ziel: Madrid.

Unsere Reise durch Spanien beginnen wir in Madrid. Hier seht ihr die Plaza Mayor.

Madrid

Start am Mittelpunkt Spaniens

Casa de Correos an der Puerta del Sol

Montag, 25. September 2023 | Der zentralste Platz Spaniens ist die Puerta del Sol in Madrid. In den letzten Jahren war das „Sonnentor“ eine gigantische Baustelle, durch die auch der „Kilometerstein Null“ verdeckt wurde. Er befindet sich direkt vor dem ehemaligen Postgebäude Casa de Correos, in dem heute die Regionalregierung von Madrid ihren Sitz hat. Von hier aus werden die Entfernungen von zehn Nationalstraßen gemessen, die in alle Teile Spaniens führen. Der zentrale Punkt auf der Iberischen Halbinsel, zu der neben Spanien auch noch Portugal, Gibraltar und der Zwergstaat Andorra gehören, befindet sich 10 km weiter südlich in der Stadt Getafe. 

Kilometerstein Null am Rande der Puerta del Sol.

Inges Schulfreundin Ana erzählte uns, dass in dem imposanten Gebäude an der Puerta del Sol während der Franco-Diktatur politische Gegner gefoltert wurden, vor allem Kommunisten und Sozialisten. Gegründet wurde die Sozialistische Partei Spaniens ( Partido Socialista Obrero Español, kurz PSOE) am 2. Mai 1879 ganz in der Nähe in einer der traditionsreichsten Bars Madrids: Casa labra (C. de Tetuán, 12, 28013 Madrid). In der vor allem von außen gestalteten Bar bekommt man neben Bier, Wein und weiteren alkoholischen Getränken auch übliche spanische Tapas. 

Inge mit ihrer Schulfreundin Ana in der Casa labra

Wir sind angekommen in unserem so lange herbeigesehnten Spanienurlaub, den Inge und ich uns gegenseitig zur „Silbernen Hochzeit“ geschenkt haben. In den ersten Tagen wohnen wir bei Inges Schulfreundin Ana. Zur Erklärung: Beide gingen Ende der 1970er Jahre auf die Deutsche Schule in Madrid und machten dort auch ihr Abitur. Wir profitieren nicht nur von Anas Gastfreundschaft, sondern auch von den vielen guten Tipps, die sie uns für unsere Reise durch Teile Spaniens mit auf den Weg geben kann. 

Don Quijote, Sancho Panza und große Hähnchen

Plaza de España mit dem spanischen Nationaldichter Miguel de Cervantes

Dienstag, 26. September 2023 | Der Tag beginnt nicht wie geplant: Inge hat von ihrem Einsatz als Lektorin auf Mein Schiff 2 in den beiden Wochen zuvor eine heftige Erkältung mitgebracht. Sie macht einen Tag Pause um sich zu erholen. Gut, dass Robin, der Freund unserer Tochter Julia, beruflich gerade in Madrid ist und Zeit für einen gemeinsamen Ausflug hat. 

Madrid hat einen bestens ausgebauten öffentlichen Nahverkehr. Dazu sind die Fahrten mit Metro und Bussen auch noch  preiswert. Zurzeit kostet eine U-Bahn oder Busfahrt nur 65 Cent. Was sofort auffällt, ist die Sauberkeit, die – ähnlich wie in der ganzen Stadt – vor allem in den öffentlichen Verkehrsmitteln einschließlich der Haltestellen und Bahnhöfe herrscht.

Ich treffe Robin an der Metro-Station „Plaza de España“, von wo wir schnell den gleichnamigen Platz erreichen. Umgeben von zwei Hochhäusern aus den 1950er Jahren sitzen in der Mitte Don Quijote auf dem Pferd und sein treuer Gefährte Sancho Panza auf einem Esel. Darüber thront der spanische Nationaldichter Miguel de Cervantes, der zu Beginn des 17. Jahrhunderts mit dem zweiteiligen Roman „Don Quijote“ eines der bedeutendsten literarischen Werke Spaniens erschaffen hat. Das Ende der 1920er Jahre errichtete Monument für den Dichter und seine Helden zählt für mich zu den schönsten Sehenswürdigkeiten in Madrid. 

Das Königliche Schloss in Madrid

Weiter geht’s zum nur wenige hundert Meter entfernt gelegenen Palacio Real. Mit einer Fläche von 135.000 Quadratmetern und 3.418 Räumen ist das das größte Königliche Schloss  der Welt, in dem auch noch ein König repräsentiert. Felipe VI. lebt mit seiner – in Spanien wenig geliebten – Gattin Letizia und den Kindern allerdings in dem wesentlich kleineren Zarzuela-Palast nordwestlich von Madrid. Den Palacio Real kann man auch innen besichtigen. Wir begnügen uns heute mit Außenansichten, weil wir weiter ins Tal zum Manzanares wollen, dem Fluss, den außerhalb Madrids wohl kaum jemand kennen dürfte. 

Madrids "unbekannter" Fluss: Manzanares

Wir gehen ein Stück an dem „unbekannten Fluss“ entlang. Wobei „Fluss“ besser durch „Rinnsal“ ersetzt werden sollte. Man kann eigentlich nur mitleidig auf den Manzanares schauen, der laut einer internationalen Studie auch noch zu den am meisten mit Pharmaka belasteten Fließgewässern in Europa zählen soll. Unser eigentliches Ziel war ohnehin die Casa Mingo (P.º de la Florida, 34, 28008 Madrid), eines der traditionsreichsten Madrider Restaurants, berühmt für seine übergroßen Grillhähnchen. Das urige Gasthaus gibt es schon seit 1888. Ganz so alt dürfte der Kellner noch nicht sein, der mir eine große Portion Geflügel mit Bratensauce (12,75 €) und Robin eine riesige Tortilla (12,60 €) serviert. Uns schmeckt’s ordentlich – die Madrider sind offenbar sogar verrückt nach „Pollo Asado“. Inges Freundin Ana erzählte uns, dass sich vor der Casa Mingo an den Wochenenden den ganzen Tag über lange Schlangen von  „Hähnchenhungrigen“ bilden sollen.

Casa Mingo - traditionsreiches Restaurant

Gleich neben dem Traditionsrestaurant befindet sich die Ermita de San Antonio de la Florida (Gta. de San Antonio de la Florida, 5, 28008 Madrid), ein Museum in einer ehemaligen Kapelle mit dem Grab und Fresken des berühmten Künstlers Francisco de Goya.

Mit Robin in einem Ausflugslokal in der Casa de Campo

Nun überqueren wir den Manzanares und erreichen Casa de Campo, die größte Parkanlage in Madrid und Umgebung. Wir gehen eine Runde um den kleinen See „Lago de la Casa de Campo“ und kehren dann in eines der Ausflugslokale ein. Offenbar weil wir nur Café con leche und nichts zu Essen bestellen, werden wir von dem Camarero ausgesucht flegelhaft bedient. Wir lassen uns davon nicht die gute Laune verderben, erzählen uns viel und genießen die Aussicht weit hinüber auf den Palacio Real. 

Blick vom Casa de Campo auf den Palacio Real

Toledo in Kastilien & La Mancha

Atemberaubend schönes Toledo

Eine der schönsten Städte Spaniens: Toledo

Mittwoch, 27. September 2023 | Es gibt eine Reihe von guten Gründen die etwa 70 Kilometer südwestlich von Madrid gelegene Hauptstadt der Autonomen Region Kastilien-La Mancha Toledo (85.000 Einwohner) zu besuchen: Neben Córdoba und Granada ist Toledo die historisch bedeutendste Stadt Spaniens, war vom 11. Jh. bis Mitte des 16. Jh. selbst Spanische Hauptstadt. In den Museen und Kirchen von Toledo gibt es  unschätzbar wertvolle Kunstwerke. Die Altstadt mit ihren historischen Bauwerken oberhalb des Flusses Tejo bietet den Besuchern schon bei der Ankunft eine traumhafte Kulisse. 

Bahnsteig der "Estación de Tren Toledo"

Toledo erreicht man von Madrid aus am besten mit der Bahn. Vom Hauptbahnhof Atocha braucht man in den modernen Schnellzügen der spanischen Eisenbahngesellschaft (Renfe) nur 35 Minuten. Die Tickets (ca. 12 € pro Strecke) solltet ihr allerdings im Voraus buchen, um einen Platz in den modernen, komfortablen und sehr sauberen Wagen zu bekommen. Nicht selten sind Züge auf der Strecke Madrid – Toledo schon Tage vorher ausgebucht. Wir nutzen für den Kauf von Eisenbahntickets im Ausland immer die App Trainline und sind damit bislang immer bestens „gefahren“. 

Über die Alcántara-Brücke führt der Zugang zur Altstadt von Toledo

Vom Bahnhof in Toledo sind es nur gut zehn Minuten bis ihr nach einer Kurve die atemberaubende Kulisse der Altstadt vor euch seht. Der Zugang in das historische Zentrum führt über die Alcántara-Brücke, die allein schon eine Sehenswürdigkeit ist. Das von den Römern um 105 n.Chr. fertiggestellte 194 m lange Viadukt führt mit einer lichten Höhe von 50 m über den Fluss Tejo. 

Der Alcázar von Toledo

Unter den vielen Bauwerken, die wir von der Brücke aus bewundern, sticht sofort der Alcázar ins Auge, weil die Festungsanlage von den Römern auf der höchsten Erhebung Toledos erbaut wurde. Später war das gewaltige Bauwerk Residenz Spanischer Könige. Während des Spanischen Bürgerkriegs wurde der Alcázar in den 1930er Jahren so stark beschädigt, dass er später teilweise neu aufgebaut werden musste. Heute sind die Bibliothek der Region Kastilien-La Mancha und ein Museum für Militärgeschichte hier untergebracht. 

Im Museo de Santa Cruz

Den Alcázar kann man bis auf weiteres kostenfrei besuchen, genau so wie alle öffentlichen Museen und sonstigen kulturellen Einrichtungen der Stadt Toledo. Wir haben uns als nächstes für das Museo de Santa Cruz entschieden. In dem imposanten Renaissance-Palast war früher ein Hospital untergebracht. Heute sind hier großartige Kunstschätze zu bewundern, darunter einige Werke des von der griechischen Insel Kreta stammenden Malers El Greco, der 1614 in Toledo verstorben ist.

Die Kathedrale Santa Maria von Toledo

Über den zentralen Platz „Zocodover“ bummeln wir weiter durch enge und hübsche Gassen zur gewaltigen Kathedrale Santa María: 112 Meter lang, 56 Meter breit und 44 Meter hoch. Das zwischen 1227 und 1493 erbaute Gotteshaus gilt als eine der wichtigsten gotischen Kirchen Spaniens. In der Sakristei befinden sich Werke von Malern wie El Greco, Goya, Ribera, Raffael und van Dyk.

Im Museo del Queso Manchego

Wenn der Kopf mit so viel Kunst und Historie dermaßen beansprucht wird und die Füße vom Überwinden der Hügel in Toledo schon reichlich müde sind, wird es Zeit für eine Pause. Eher zufällig haben wir das Museo del Queso Manchego (C. de Sixto Ramón Parro, 7, 45001 Toledo) in Nähe der Kathedrale entdeckt. Hier wird mit liebevoll aufbereiteten Utensilien und Exponaten über den berühmten Manchego Käses informiert. Dieser wohl bekanntestes spanische Käse kommt aus der Region La Mancha und wird aus der Milch einer bestimmten Schafsrasse hergestellt. Für uns noch wichtiger als die Theorie waren die Probierportionen, die zusammen mit einem Glas Wein für 6,50 € angeboten werden. 

Inge ist verliebt in Toledo und will möglichst bald wiederkommen

Uns hat’s so geschmeckt, dass wir schließlich so lange Zeit im Manchego-Käsemuseum verbracht haben, dass wir es an diesem Tag nicht  mehr ins El Greco Museum schafften. Unter den dort ausgestellten Hauptwerken des Künstlers sind u.a. das Apostelgemälde sowie eine alte Stadtansicht von Toledo. Grecos Gemälde werden wir uns beim nächsten Besuch in Toledo ganz bestimmt anschauen. 

Lerma in Kastilien-León

Im knallroten Auto nach Lerma

Ein Teil der Stadtmauer mit dem Kirchturm von Lerma

Donnerstag, 28. September 2023 | Wir verlassen für zwei Wochen unser komfortables Quartier, das wir bei Inges Schulfreundin Ana in Madrid gefunden haben. Ana ist nicht nur eine hervorragende Gastgeberin, sondern auch Expertin, wenn es um die Auswahl der Ziele für unsere Fahrt in den Norden Spaniens geht. So hat sie uns mit auf den Weg gegeben, dass wir unsere Fahrt unbedingt in der Kleinstadt Lerma, etwa 210 Kilometer nördlich von Madrid unterbrechen sollen.  

Inge vor unserem knallroten Ford Focus

Als wir am Flughafen Madrid den Mietwagen übernehmen, staunen wir nicht schlecht: Statt des in Aussicht gestellten Opel Mokka bekommen wir einen Ford Focus. Wenn der Ausdruck „knallrot“ jemals zugetroffen haben sollte, dann für die Farbe dieses Autos. Inge meint pragmatisch: „Den finden wir wenigstens immer wieder“. Platz genug hat er auch, selbst wenn uns Julia ab Bilbao begleiten wird. Prima ist auch, dass sich mein Smartphone komplikationslos mit dem großen Monitor des Bordcomputers verbinden lässt. So können wir Google Maps als Navigator auf der Fahrt nutzen. 

Palacio Ducal de Lerma

Mit Googles Hilfe erreichen wir in Lerma durch schmale bergauf führende Gassen schließlich die Plaza Mayor. Am Kopfende befindet sich der zu Beginn des 17. Jh. erbaute Palacio Ducal de Lerma, der Herzogenpalast. Heute dient das Gebäude als Hotel und gehört zur Kette der spanischen Paradores. Allerdings können wir unseren Augen kaum trauen, dass die herrliche von historischen Gebäuden umgebene Plaza am höchsten Punkt Lermas als Parkplatz „missbraucht“ wird, der dazu auch noch kostenfrei ist. Für Besucher wie uns ist das zwar bequem, weil wir so inmitten der nur knapp 2.600 Einwohner zählenden geschichtsträchtigen Kleinstadt unser Auto abstellen können. Die historische Anmutung der Plaza Mayor wird durch die Autos allerdings erheblich beeinträchtigt, vor allem durch einen knallroten Ford Focus…

Plaza de Santa Clara mit dem Mirador de los Arcos

Von der Plaza Mayor gehen wir ein Stück wieder den Hügel hinab und erreichen mit der Plaza de Santa Clara den zweiten zentralen Platz von Lerma. Auffallend sind hier die Torbögen, durch die die teilweise noch gut erhaltene Stadtmauer unterbrochen wird. Vom Mirador de los Arcos, wie sich dieser Aussichtspunkt unter den Bögen nennt, hat man zwar einen weiten Blick ins Umland, das hier jedoch eher öde wirkt. 

Colegiata de San Pedro in Lerma

Gleich nebenan sehen wir die Colegiata de San Pedro. Die imposante Stiftskirche inmitten des Ortes wurde 1617 als letztes bedeutendes historisches Gebäude von Lerma fertiggestellt und mit  Feierlichkeiten eingeweiht, die 21 Tage lang angedauert haben sollen. Diese „Riesenfeté“ bedeutete allerdings auch das Ende der großen Ära von Lerma, die zu Beginn des 17. Jh. kaum 20 Jahre währte.  Unser Besuch in Lerma endet mit spanischen Köstlichkeiten in der Taberna del Pícaro, die unübersehbar an der Plaza Mayor liegt. Gut gestärkt setzen wir anschließend unsere Reise in unserem knallroten Focus „Ford“. Das nächste Ziel Burgos ist nur noch knapp 40 Kilometer entfernt.

Burgos in Kastilien-León

Verirrt und verliebt in Burgos

Auf dem Aussichtspunkt "Mirador del Castillo" hoch über Burgos

Freitag, 29. September 2023 | Bei unseren privaten Reisen sind die Aufgaben klar getrennt: Inge sorgt für unsere Unterkünfte und ich steuere den Mietwagen dorthin. Ich trage das Gepäck und Inge trägt die Verantwortung. Bei unserer Ankunft in Burgos gab’s erst einmal einige Verwirrungen. Das gebuchte Hotel Norte y Londres (Plaza Alonso Martínez, 10. 09003 Burgos) am Rande der historischen Altstadt konnten wir mit dem Mietwagen nicht direkt anfahren, weil es in einer Fußgängerzone liegt. 

...dafür trägt Inge die Verantwortung

Nach ein paar Irrfahrten durch teilweise für den Autoverkehr gesperrte Gassen erreichten wir schließlich das Parkhaus unter der Plaza de España, wo wir unseren knallroten Ford für 14 Euro 24 Stunden lang abstellen konnten. Das etwa 300 Meter entfernt gelegene Hotel entpuppte sich als eine vielleicht etwas altmodische aber durchaus charmante Unterkunft mit zwar spärlich aber im spanischen Stil eingerichteten und sehr sauberen Zimmern. Es ist ein durchaus empfehlenswertes Altstadthotel mit gut erreichbarem Parkhaus in der Nähe. 

Der Eingang zum Norte y Londres Hotel in Burgos

Die 850 Meter hoch gelegene Stadt Burgos entstand im 9. Jh. auf Befehl von König Alfons III. von Asturien als Festung im Kampf gegen die Mauren. Bald darauf wurde Burgos zur Hauptstadt des Königreiches Kastilien-León. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich die Stadt zu einer wichtigen Pilgerstation auf dem Jakobsweg (Camino de Santiago). Asketisch wirkende Pilger, die uns in der Altstadt mit ihren Gehstöcken und überladenen Rucksäcken begegnen,  scheinen während unseres Besuchs auch die einzigen Touristen in der heute etwa 175.000 Einwohner zählenden Stadt zu sein.

Die mächtige Kathedrale von Burgos

Genau so wie uns zieht es auch viele der Pilger zuerst zur riesigen Catedral de Santa María. Immerhin wird das Gotteshaus in allen uns bekannten Reiseführern und sonstigen Beschreibungen über Burgos als wichtigste Sehenswürdigkeit der Stadt dargestellt.Wir erreichen die riesige Kathedrale mit den beiden 88 Meter hohen Türmen von unserem Hotel aus nach 500 Metern über die Hauptgeschäftsstraße Calle de Lain Calvo fast am gegenüberliegenden Ende der historischen Altstadt. 

Bocadillo de jamón serrano.

Wer die Kathedrale von Burgos in ihren ganzen Ausmaßen sehen und fotografieren will, muss an dem Gotteshaus vorbei auf den darüber liegenden Mirador del Castillo gehen. Der Aufstieg ist zwar ein wenig anstrengend, dafür bekommt man als Gegenleistung nicht nur das Gotteshaus zu sehen, sondern die beste Aussicht auf Burgos überhaupt. Noch ein Stück weiter bergauf liegt das Castillo von Burgos. Während unseres Besuchs war die gesamte Festungsanlage wegen Restaurierungsarbeiten „bis auf weiteres“ komplett gesperrt.

Blick auf die Kathedrale und weite Teile von Burgos vom Mirador del Castillo

Burgos hat noch mehr Sehenswertes zu bieten: Die Brücke Puente de Santa María beispielsweise, die über den Rio de Arlanzon zum Arco de Santa María führt. Das erhabene Stadttor aus dem 15. Jh. wirkt vor allem nach Einbruch der Dunkelheit von der Brücke aus fotografiert beeindruckend. Man kann auch ein Stück an der schön gestalteten Uferpromenade des Flusses bummeln und sich in einem der Cafés niederlassen, in denen bis zum späten Abend reger Betrieb herrscht. Weniger beeindruckt waren wir vom vermeintlichen Hauptplatz Plaza Mayor, der durch metallene Zugänge zur der unterirdischen Parkgarage ein wenig verunstaltet wirkt. Macht nichts. Burgos hat uns dennoch prima gefallen. Mehr noch, wir haben uns sogar ein wenig verliebt in die frühere Hauptstadt Kastiliens. 

Die Brücke Puente de Santa María mit dem Stadttor Arco de Santa María

Vitoria-Gasteiz im Baskenland

Viel Mittelalter in Vitoria-Gasteiz

Der Auftritt eines Drachens auf dem Mittelaltermarkt in Vitoria-Gasteiz

Samstag, 30. September 2023 | Es ist womöglich die bei uns in Deutschland unbekannteste Großstadt Spaniens. Dabei zählt Vitoria-Gasteiz mehr als 250.000 Einwohner und ist seit Gründung der Autonomen Gemeinschaft des Baskenlandes im Jahr 1979 deren Hauptstadt – und nicht etwa Bilbao oder San Sebastian. In dem Doppelnamen wurden die Bezeichnungen für dieselbe Stadt einfach zusammengefügt: „Vitoria“ aus dem Spanischen und „Gasteiz“ aus der baskischen Sprache, die offiziell „Euskara“ heißt.

Zweisprachige Straßenschilder in Euskara und auf Spanisch

In der Autonomen Gemeinschaft des Baskenlandes (etwa vergleichbar mit einem Bundesland in Deutschland) müssen alle öffentlichen Beschriftungen zweisprachig dargestellt werden: Zuerst in Euskara und dann auf Spanisch. Nach unterschiedlichen Studien sprechen allerdings nur 28 % bis maximal zu einem Drittel der Bevölkerung im Baskenland die baskische Sprache. In Vitoria-Gasteiz sind wir persönlich nur Spanisch sprechenden Menschen begegnet – sowohl in unserem modernen und sehr komfortablen Hotel Nirea (Eduardo Dato Kalea, 25, 01005 Gasteiz) am Rande der Innenstadt, als auch in Cafés, Restaurants oder auf dem Mittelaltermarkt. 

Feiernde Menschen auf der Plaza del Matxete

Während unseres Besuchs in Vitoria-Gasteiz fand gerade der große Mittelaltermarkt statt, durch den weite Teile der historischen Altstadt mit Buden, Bühnen, Gauklern und einfach feiernden Menschen eingenommen waren. Wir genossen einerseits diesen stets positiven Trubel ohne jeglichen Anschein von Aggressivität. Andererseits wurde unser „touristisches Besichtigungsprogramm“ von den Feierlichkeiten beeinträchtigt, weil einige Sehenswürdigkeiten einfach nicht zugänglich waren. So war es uns beispielsweise nicht möglich, die auf der höchsten Erhebung der Altstadt gelegene gotische Kathedrale Santa María zu besichtigen und auf den Kirchturm zu klettern, um die Aussicht über Vitoria-Gasteiz zu genießen. Wir mussten uns mit dem Blick auf das Gotteshaus von unten begnügen.

Die gotische Kathedrale Santa María "von unten"

Unterhalb des Hügels, auf dem die Kathedrale Santa María liegt, befindet sich mit den beiden Plätzen Plaza de la Virgen Blanca und Plaza de España das eigentliche Zentrum von Vitoria-Gasteiz. Die Plätze sind durch Torbögen miteinander verbunden. Dabei ist die zur Kirche Iglesia de San Miguel leicht ansteigende Plaza de la Virgen Blanca der Mittelpunkt für die Einheimischen, was allein schon an dem Trubel erkennbar wird, der den ganzen Tag über bis in die späten Abendstunden rund um das in der Mitte postierte Denkmal  zur Erinnerung an die Schlacht von Vitoria (1813) anhält. Der Platz selbst wurde schon zu Beginn des 13. Jh. errichtet, kurz nach der Gründung der Stadt Vitoria durch den König von Navarra, Sancho VI., der als der „Weise“ in die Geschichte einging. Vitoria war nichts anderes als eine Erweiterung der damals schon bestehen Stadt Gasteiz.   

Plaza de la Virgen Blanca, Mittelpunkt von Vitoria-Gasteiz

Auf der nebenan gelegenen Plaza de España geht’s erheblich geruhsamer zu. Der Platz wurde Ende des 18. Jahrhunderts nach dem Vorbild des gleichnamigen Hauptplatzes in Salamanca gestaltet. Er ist auf allen Seiten umgeben von zwei- und dreigeschossigen spanischen Stadthäusern im neoklassischen Stil. Auffallendstes Gebäude auf dem Platz ist das Rathaus von Vitoria-Gasteiz. In dem Gebäude befindet sich auch die lokale Touristeninformation. In den Erdgeschossen der weiteren Gebäude sind vor allem Cafés und Restaurants untergebracht. 

Auf der Plaza de España mit dem Rathaus im Hintergrund.

Die „Fressgasse“ von Vitoria-Gasteiz befindet sich allerdings im oberen Teil der Altstadt und heißt passend Calle de la Cuchillería, was so viel wie „Messerstraße“ oder auch „Besteckstraße“ bedeutet. Zum oberen Teil der Altstadt führen mehrere Fließbänder, die ähnlich wie Rolltreppen genutzt werden. So erspart man sich den mühevollen Aufstieg, beispielsweise zum Abendessen in der bereits erwähnten „Messerstraße“. Die zieht sich über 450 Meter längs durch den oberen Teil der Altstadt bis zur Kathedrale Santa María und wird von Restaurants, Pinchosbars, anderen Bars und Cafés zu beiden Seiten gesäumt. 

Calle de la Cuchillería ist die "Fressgasse" von Vitoria-Gasteiz

Aufgefallen ist uns nicht nur hier in der „Fressgasse“ von Vitoria-Gasteiz, sondern auch in den anderen Städten, die wir bislang auf unserer Reise besucht haben, dass in der Gastronomie fast nur spanische oder baskische Küche zu finden ist. „Griechen“, „Türken“ oder „Chinesen“ sucht man hier vergebens. Wir fanden in der Calle de la Cuchillería lediglich ein italienisches Restaurant. Ausgerechnet dort wollte Inge an diesem Abend speisen. Was ich schon fast als „Verrat an der spanischen Küche“ ansah, wiegelte meine Frau mit den Worten ab: „ich habe heute einfach mal wieder Appetit auf Pasta.“

Pasta statt Pinchos in Vitoria-Gasteiz

Ich muss wohl meinen großen Appetit auf Pinchos, die baskische Version der Tapas, noch ein wenig bändigen. Vielleicht klappt’s ja bei unserer nächsten Station in Hondarribia. Wo das ist und was wir dort erlebten, verrate ich euch im nächsten Eintrag unseres Reisetagebuchs. 

Hondarribia im Baskenland

Hitzepause in Hondarribia

Wir stöhnen unter der Hitze auch auf dem Wasser

Sonntag, 1. Oktober 2023 | Inge kennt sich bestens aus in Spanien. Sie hat in der Nähe von Almeria und in Madrid einen Teil ihrer Jugend verbracht sowie an der Deutschen Schule in Madrid ihr Abitur abgelegt. Später war sie noch unzählige Male auf der Iberischen Halbinsel, zuletzt in diesem Sommer als Lektorin auf Kreuzfahrtschiffen. Meine umsichtige Frau hatte gewarnt: „Wenn wir Ende September nach Madrid fliegen und von dort auch noch in den Norden Spaniens weiterreisen, müssen wir auch warme Sachen einpacken, weil es dann verdammt kalt werden kann.“ 

Sonnenhut statt Pudelmütze

Wir haben gründlich vorgesorgt und für diese Reise Pullover, dicke Wetterjacken und sogar Schals und Mützen eingepackt. Nur die von Inge so gefürchtete Herbstkälte will sich einfach nicht einstellen: Seit unserer Ankunft in Madrid vor einer Woche (25. September) haben wir tagsüber meistens über 30 Grad. Stadtbesichtigungen werden da manchmal zur Qual. In den letzten Tagen haben wir mehr Zeit auf schattigen Plätzen mit kühlen Getränken verbracht, als in Kirchen, Klöstern oder auf großen Plazas, die dummerweise meistens in der knalligen Sonne liegen. 

Das historische Zentrum von Hondarribia vom Wasser aus fotografiert

Nach einer Woche wurde es höchste Zeit für eine Hitzepause. Einen idealen Ort dafür haben wir in Hondarribia gefunden. Die 17.000 Einwohner zählende Kleinstadt liegt an der Biskaya in der nordöstlichen Ecke des Baskenlandes. Durch den Hafen verläuft die Grenze zu Frankreich. Das gegenüberliegende Hendaye mit langem und breitem Sandstrand an der französischen Biskaya-Küste erreichen wir mit einer Personenfähre in wenigen Minuten. 

Der Grand Plage mit dem Pointe Saint Anne in Hendaye am 1. Oktober

Begeistert sind wir vor allem von unserer  Ferienwohnung, die Inge bei Airbnb gefunden hat. Das komfortable und ausgesprochen geschmackvolle Apartment liegt an der Plaza de Armas, dem historischen Zentrum der Kleinstadt, auf einer Anhöhe, die wir bequem mit einem Fahrstuhl von der Hauptstraße aus erreichen können, wo wir unseren knallroten Ford für drei Tage kostenlos abstellen können. Wir wohnen im ersten Stock des schmuckvoll renovierten Hauses. Unter uns gibt’s eine typische spanische Tagesbar. Uns stört es nicht, dass wir gelegentlich angeregte Unterhaltungen „von unten“ mitbekommen. Schließlich wollen wir Spanien erleben so wie es ist: Freundlich, fröhlich, gelegentlich laut aber nur selten missmutig oder gar bösartig. 

Unser Ferienapartment liegt im 1. Stock über der Tagebar

Uns gegenüber befindet sich eine gewaltige, fast viereckige Burg, die Kaiser Karl V. zu Beginn des 16. Jh. hier errichten ließ. Heute befindet sich in den altehrwürdigen Gemäuern ein Hotel, das zu der spanischen Gruppe der Paradores gehört. Aus derselben Periode stammt die gotische Pfarrkirche Santa María de la Asunción, gleich nebenan. Der Fußboden des Gotteshauses besteht aus Holz und nicht wie sonst üblich aus Stein. Wenn wir auf einen der schmalen Balkons in unserem Apartment treten, blicken wir nicht nur auf Burg und Kirche, sondern können über die Plaza de Armas den Blick auf die Bucht von Hondarribia bis hinüber ins französische Hendaye schweifen lassen.

Blick auf die Bucht von Hondarribia

Hondarribia bietet uns genau alles das, was wir für eine Ruhe- oder besser „Hitzepause“ gesucht haben. Dazu zählen auch eine ganze Reihe Restaurants und Pinchobars, die sich zumeist in der zweiten Reihe hinter der langgezogenen Hafenpromenade angesiedelt haben. An diesem frühen Sonntagnachmittag finden wir zwei schattige Plätze vor einer typischen baskischen Pinchobar, fast im neuen Zentrum des Ortes, unweit des Hafens. Wir bestellen mehrere dieser köstlichen Weißbrotscheiben, auf denen  mit Holzspießchen (daher „Pinchos“) allerlei Leckereien drapiert sind: Wurst, Serrano-Schinken, eingelegter Käse, Sardinen, Lachs, Scampis und andere Meeresfrüchte. 

Köstlichkeiten in einer Pinchobar in Hondarribia

Während wir diese leckeren Häppchen regelrecht in uns aufsaugen, planen wir schon den nächsten Tag: Am Montag wollen wir das nur gut 20 km entfernte Donostia-San Sebastian besuchen. Neben einem der schönsten Strände Spaniens soll es dort noch viel mehr Pinchos-Varianten geben. Für die Fahrt von Hondarribia wollen wir den öffentlichen Bus nutzen, der uns für 2,75 € pro Person nach Donostia-San Sebastian bringen wird.

Donostia-San Sebastian im Baskenland

Donostia-San Sebastián: "Meer" geht nicht

Inge ist fasziniert von La Concha, dem Strand von Donostia-San Sebastián

Montag, 2. Oktober 2023 | Wir sind ganz schön kaputt am frühen Montagabend, als wir an der Guipúzcoa Plaza im Zentrum von Donostia-San Sebastián in die Buslinie 21 einsteigen. Der Bus bringt uns zurück ins 20 Kilometer entfernte Hondarribia, wo wir für drei Tage ein wundervolles Ferienapartment angemietet haben. Hinter uns liegt ein Ferientag in einer der schönsten Städte, die Inge und ich jemals sehen und erleben durften. Donostia-San Sebastián hat so ziemlich alles, was wir uns von einem Traumziel auf unserer Reise wünschen.

Der Guipúzcoa Palast

Zur Erklärung: Donostia-San Sebastián ist der offizielle Name für die Stadt, die wir gemeinhin in Deutschland nur als „San Sebastián“ bezeichnen. Wir haben uns zur Nennung des vielleicht etwas sperrig zu lesenden Doppelnamens entschieden, der aus dem baskischen Teil „Donostia“ und dem spanischen „San Sebastián“ besteht, die in beiden Sprachen dem Heiligen Bastian gewidmet sind. Dabei halten wir es nicht für angemessen, den offiziellen Städtenamen nach eigenem Gutdünken abzuändern. Schließlich hätten wir wohl auch ein  Problem damit, wenn Spanier die Stadt Chemnitz als „Karl-Marx-Stadt“ bezeichnen würden – nur weil sie früher zeitweise so hieß. 

Zum „Traumziel“ wird die knapp 190.000 Einwohner zählende Stadt vor allem durch ihre fantastische Lage im Nordosten des Baskenlands an der Biskaya. Umgeben von den Felsmassiven des Monte Igueldo und des Monte Urgull liegt Donosta-San Sebastián am weitläufigen muschelförmigen Sandstrand, der deswegen auch „La Concha“ (die Muschel) heißt. Wir haben uns diese großartige Szenerie bestehend aus Stadt, Strand, Wasser und Bergen aus mehreren Perspektiven angeschaut. 

Mündung des Río Urumea und der Strand Zurriola Hondartza

Dazu sind wir zuerst am nördlichen Ende der Altstadt neben dem Museum San Telmo (Baskische Kultur und Geschichte) zum Aussichtspunkt Baluarte del Mirador hinauf gewandert. Diese schweißtreibende Mühe bei Temperaturen von über 30 Grad wurde gleich mehrfach mit herrlichen Aussichten belohnt. Zuerst rückte die Mündung des Flusses Río Urumea sowie der dahinter liegende Zurriola Hondartza in unser Blickfeld. Das ist der zweite große Sandstrand von Donostia-San Sebastian. Nahezu jede andere Küstenstadt wäre wohl froh, überhaupt so einen breiten und einen Kilometer langen Sandstrand vorweisen zu können.

Unser erster Blick von oben auf den Strand "La Concha"

Um schließlich den „Muschelstrand“ sehen zu können, müssen wir noch ein Stück weiter nach oben „klettern“ in Richtung der Burg Motako Gaztelua aus dem 12. Jh.. Dann sehen wir ihn fast unter uns:  La Concha, den viele als den schönsten Strand Spaniens bezeichnen. Wir würden nicht widersprechen. Dabei haben wir hier auf dem Berg an der Spitze der Halbinsel auf dem die Altstadt liegt, noch nicht einmal den schönsten Aussichtspunkt in Donostia-San Sebastian erreicht. 

Mittelpunkt der Altstadt von Donostia-San Sebastián: Plaza de la Constitución

Wir gehen wieder nach unten in die Altstadt, die historisch gesehen in weiten Teilen eher eine „Neustadt“ ist. Donostia-San Sebastián wurde im Jahr 1813 bei der Vertreibung der napoleonischen Besatzer durch britische Truppen fast völlig zerstört. Nahezu alle historischen Gebäude wurden damals niedergebrannt. Dennoch haben wir beim Bummeln durch die Gassen das Gefühl in einer alten – und vor allem sehr gepflegten – Stadt unterwegs zu sein. Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Altstadt zählen die Plaza de la Constitución, die Kathedrale und das imposante Rathaus (Ayuntamiento), das an der Verbindung zum Strand La Concha liegt und ursprünglich 1897 als Casino eröffnet wurde.

Blick in eine Pinchosbar

Wichtiger als die baulichen Sehenswürdigkeiten sind für viel Besucher die kulinarischen Genüsse, die die Gastronomen in Donostia-San Sebastián zu bieten haben. Hier soll es weltweit die höchste Dichte an mit Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurants geben, gemessen an der Einwohnerzahl. Wir wollen uns am frühen Nachmittag allerdings kein mehrgängiges Sterne-Menue leisten, das mehrere hundert Euro pro Person kosten würde. Nein, wir gehen in eine der Pincho-Bars, um die auf kleinen Weißbrotscheiben aufgespießten Köstlichkeiten zu genießen (siehe auch unseren vorherigen Beitrag). Inge trinkt dazu ein Glas Txakolí, ein typischer trockener  Weißwein aus dem Nordosten des Baskenlandes. Ich bevorzuge spanisches Bier ohne Alkohol, das viel süffiger schmeckt, als bei uns in Deutschland. 

Köstliche Pinchos in Donostia-San Sebastián

Nach dieser Stärkung geht’s endlich an den Strand. Genauer gesagt gehen wir auf der oberhalb von La Concha gelegenen Strandpromenade entlang. Für die gut zwei Kilometer lange Strecke brauchen wir viel länger, als wir uns eigentlich vorgenommen hatten. Immer wieder bleiben wir stehen, um Foto bzw. Selfies von und mit dieser reizvollen Szenerie zu machen. Zudem lassen wir uns auf jeder Bank nieder, die unbesetzt ist und einigermaßen im Schatten steht. Am Nachmittag  brennt die Sonne unerbittlich. Später sehen wir im Fernsehen, dass die „gefühlte Temperatur“ bei 35 Grad gelegen haben soll, wohlgemerkt an diesem 2. Oktober. 

Am Strand La Concha mit der Insel Santa Klara

Unser Ziel ist die Talstation der Igueldo-Standseilbahn. Mit der erstmals im Jahr 1912 in Betrieb genommenen Bahn überwinden wir einen Höhenunterschied von 151 Metern. Schon auf der Bergfahrt haben wir immer wieder gute Aussichten auf den Strand und die Stadt. Als wir oben direkt neben der Bergstation auf die Aussichtsplattform des Monte Igueldo treten, sind wir einfach sprachlos.

Atemberaubender Blick auf die Bucht von La Concha

So oft wird von „Atemberaubender Aussicht“ geschrieben und gesprochen: Hier gibt es sie in einer kaum noch zu steigernden Ausprägung. Vor und unter uns liegt der Muschelstrand La Concha in seiner ganzen Ausdehnung. Um den Strand erstreckt sich die Stadt Donostia-San Sebastián bis in die umgebenden Berge hinein. In der Mitte der Bucht von La Concha blicken wir auf die Insel Santa Clara, die wir diesmal aus Zeitgründen leider nicht besuchen können. Ich bin von der Szenerie so begeistert, dass ich Inge in den Arm nehme und ihr ins Ohr flüstere: „Das ist die schönste Stadt, die ich jemals gesehen habe.“ Dabei war ich durchaus schon in Metropolen wie Sydney, Rio oder Kapstadt, die häufig als die schönsten Städte der Welt genannt werden.  

Auf dem Aussichtspunkt Monte Igueldo

Während diese atemberaubenden Aussichten bei mir eher sentimentale Gefühle hervorrufen, führen sie bei meiner Frau zu unbändigem Verlangen nach weiteren Aktivitäten. Als wir an der Talstation der Standseilbahn zurück sind, will Inge unbedingt noch die 500 m entfernte „Peine del Viento“ sehen. Der – übersetzt –  „Windkamm“ ist eine aus drei  Teilen bestehende Skulptur des baskischen Bildhauers Eduardo Chillida (1924-2002), die vor den Felsen am Ausgang der Bucht von La Concha im Meer verankert wurden.

Peine del Viento - der Windkamm

Zum „krönenden Abschluss“ unseres Besuchs in Donostia-San Sebastián will Inge nun auch noch kilometerweit direkt am Strand von La Concha bis in die Stadt zurückgehen. Das tut sie dann auch voller Begeisterung, während ich sie auf der darüber liegenden Hafenpromenade aus der Ferne begleite. Als wir uns am Ende des Strandes kurz vor der Altstadt wiedertreffen, bedauere ich es, dass ich nicht wenigstens einmal meine Füße in das streichelwarme Wasser in der Bucht von La Concha gesteckt habe. Das hole ich beim nächsten Besuch nach.

Inge "wandelt" über den Strand La Concha

Weiter geht’s im Baskenland in Richtung Westen. Am Dienstagmittag werden wir am Bahnhof von Bilbao unsere Tochter Julia und ihren Freund Robin abholen und in unserem knallroten Ford gemeinsam nach Santander weiterfahren.

Bilbao im Baskenland

Bilbao im Schnelldurchlauf

Die Brücke Puente de La Salve über den Nervión und das Guggenheim Museum

Dienstag, 3. Oktober 2023 | Zuhause bei uns in Hamburg wird heute mit einem „Bürgerfest“ die Deutsche Einheit offiziell gefeiert. Wir feiern nahezu zeitgleich in Bilbao im Café Estoril (Emilio Campuzano Pl., 3, 48011 Bilbao, Biscay) unsere Familienzusammenführung mit unserer Tochter Julia und ihrem Freund Robin, die uns von nun an ein Stück auf unserer Spanienreise begleiten werden: Robin kann leider nur für zwei Tage dabei sein, weil er dann in Madrid wieder berufliche Verpflichtungen hat. Julia wird uns dagegen neun Tage lang begleiten, wenn wir weitere Teile des spanischen Nordens erkunden. 

"Familienzusammenführung" in Bilbao

Der Name des Lokals ist übrigens irreführend. Das Café Estoril ist eine Pinchobar, in der die baskischen Tapas-Varianten besonders gut schmecken, weil sie stets frisch zubereitet werden. „Star“ unter den Köstlichkeiten ist hier die „Gilda“. Dieser Pincho wurde angeblich nach der us-amerikanischen Schauspielerin Rita Hayworth benannt. Dabei werden auf einer kleinen Weißbrotscheibe lediglich eine eingelegte Sardine sowie Gurke und grüne Olive mit einem hölzernen Zahnstocher aufgespießt. 

So "geht" ein echter Pincho "Gilda"

Wir hatten Julia und Robin mittags am Bahnhof Bilbao-Abando abgeholt. Anschließend gab’s für Inge eine Stadtführung im Schnelldurchlauf. Ausgerechnet meine Frau, die so viel Zeit im Leben in Spanien verbracht hat, war zuvor noch nie in Bilbao gewesen, als einzige von uns vieren. Die heute mit etwa 345.000 Einwohnern größte Stadt des spanischen Baskenlandes war in den 1970er und 1980er Jahren vom industriellen Niedergang und auch durch Anschläge der Terrororganisation ETA völlig aus dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gleichgewicht geraten. Der erneute Aufstieg Bilbaos begann nahezu zeitgleich mit der Eröffnung des Guggenheim Museums im Jahr 1997. Seitdem hat sich das Haus in Bilbao zu einem der führenden Museen für moderne Kunst in Europa entwickelt, das jährlich von etwa einer Millionen Menschen aus allen Teilen der Welt besucht wird.

Der Gebäudekomplex des Guggenheim Museums

Das schon von weitem sichtbare Gebäude ist selbst ein Kunstwerk aus Glas und Titanium. Auch wir zeigen Inge zuerst diesen imposanten Gebäudekomplex von allen Seiten. Die beste Aussicht auf das Guggenheim Museum haben wir von der Puente de La Salve, die gleich nebenan über den Nervión führt. Auch diese Brücke und andere Neubauten entlang des Flusses am Rande des Zentrums von Bilbao wirken wie „architektonische Ergänzungen“ des Guggenheim Museums. Von der Brücke aus wirkt auch die neun Meter hohe Spinne „Maman“ der französisch-amerikanischen Bildhauerin Louise Bourgeois noch eindrucksvoller, als wenn man ebenerdig davor steht.

Die Spinnen-Skulptur "Maman" vor dem Guggeheim Museum

Wegen des trüben Wetters an diesem Tag kommt die auf der anderen Seite des Museums gelegene Skulptur „Puppy“ nicht sonderlich zur Geltung. Dabei handelt es sich um die zwölf Meter hohe mit Blumen überzogene Darstellung eines West Highland White Terriers. Das „Original“ dieses  erschaffenen ungewöhnlichen Kunstwerks des US-Künstlers Jeff Koons steht auf dem Hof des Barockschlosses Arolsen in Nordhessen.  

Die mit Blumen übersäte Hunde-Skulptur "Puppy" am Guggeheim Museum

Wir haben diesmal keine Zeit, das Guggenheim Museum auch von innen zu besichtigen, sondern gehen weiter an der Uferpromenade entlang in Richtung Altstadt. Die liegt auf der rechten Seite des Nervión und beginnt auf Höhe des 1892 fertiggestellten Rathauses (Ayuntamiento). Die Altstadt (Casco Viejo) selbst besteht aus einer Mischung aus alten Gebäuden, die bis ins 14. Jh. zurückreichen und neueren  Häusern. Die weitgehende Sanierung war nach schweren Überschwemmungen im Jahr 1983 erforderlich geworden. 

Hinter dem Rathaus beginnt die Altstadt von Bilbao

Mittelpunkt der Altstadt ist die 1851 fertiggestellte Plaza Nueva. In den Arkaden der  neoklassizistischen Gebäude rund um den Platz findet man allerlei teurere Geschäfte, Bars, Restaurants und Cafés. Etwa 400 m davon entfernt befindet sich die mächtige Kathedrale von Bilbao. (Catedral de Santiago Apóstol). Das Anfang des 16. Jh. fertiggestellte Gotteshaus ist seit jeher auch eine Pilgerkirche an der Küstenroute des Jakobswegs.  

Die Plaza Nueva ist der Mittelpunkt der Altstadt von Bilbao

Wenn man nicht genau aufpasst, kann man eine weitere Attraktion in der Altstadt von Bilbao übersehen: Das Geschäft des Hutmachers Sombreros Gorostiaga (Viktor Kalea, 9, 48005 Bilbo, Bizkaia). Das 1857 gegründete Familienunternehmen ist vor allem für seine Baskenmützen berühmt geworden. Überhaupt spielen baskische Traditionen in Bilbao eine große Rolle. So sind im Team des Fußballclubs Atlético Bilbao ausschließlich Spieler aus dem Baskenland zu finden. Auch der Anteil der Einheimischen, die die baskische Sprache Euskara sprechen – oder zumindest gut verstehen, soll hier höher sein, als in Bilbao oder Vitoria-Gasteiz.

Der bescheidene Laden des berühmten Hutmachers Gorostiaga

Wir setzen uns in der Altstadt noch in ein hübsches Café und bestellen für vier Personen zwei typisch baskische Käsekuchen. Die sind so lecker, aber auch so mächtig, dass man ein ganzes Stück wohl nur als echter Baske schafft. Danach müssen wir uns schon aus Bilbao verabschieden, weil wir noch an diesem Tag das nächste Ziel unserer Spanienreise erreichen wollen: Santander, die Metropole der Autonomen Gemeinschaft Kantabrien.

Santander in Kantabrien

Santander ist mehr als eine Bank

Julia und Robin am Strand von Santander

Mittwoch, 4. Oktober 2023 | Santander verbanden wir bislang nur mit der gleichnamigen Bank, die übrigens die viertgrößte in Europa ist. Nach zwei wunderbaren Ferientagen in der 172.000 Einwohner zählenden Hauptstadt von Kantabrien sind eine Menge neuer Erkenntnisse dazugekommen: Santander hat weite Sandstrände und malerische Felsenklippen, eine hübsche Altstadt, ausgezeichnete gastronomische Angebote, vor allem, wenn es um Fisch geht. Bei alledem ist das Preisniveau im Vergleich zu den – wesentlich weniger schönen – spanischen Urlaubszentren am Mittelmeer durchaus günstig.

Der herrliche Strand: Segunda Playa del Sardinero

Dabei hatte unser Aufenthalt in Kantabrien am Abend zuvor nicht allzuviel versprechend begonnen. Erstmals in diesem Urlaub regnete es in Strömen, als wir in der Bucht von Santander ankamen, an deren westlichen Ausgang zur offenen Biskaya die Stadt liegt. Auch unser für zwei Tage angemietetes Apartment löste zunächst wenig Begeisterung aus, weil es zwar zweckmäßig aber nicht sonderlich geschmackvoll eingerichtet ist. Immerhin liegt unsere Bleibe nur von einer Straße und der Uferpomenade getrennt gegenüber vom breiten Sandstrand Segunda Playa del Sardinero

Im Fischrestaurant Tasca Alamar

Die in Santander anfänglich etwas gedrückte Stimmung in Santander wich bald großer Begeisterung beim gemeinsamen Abendessen im Fischrestaurant Tasca Alamar (Joaquín Costa, 43, 39005 Santander, Cantabria). Dabei hatten wir Glück, in dem proppenvollen rustikalen Restaurant überhaupt noch vier Plätze zu bekommen. Ich entscheide mich für den „Fisch des Tages“ und bin begeistert von dem Seeteufel, der mit nur mit ein wenig Öl beträufelt nach etwa 20 Minuten zusammen mit feinen Bratkartoffeln und etwas Gemüse serviert wird. Die anderen drei bestellen Arroz al Mar. Dieses kantabrische Reisgericht wird ähnlich wie eine Paella in einer Pfanne serviert, die allerdings tiefer ist. Der mit einem wohlschmeckenden Sud verfeinerte Reis wird dann mit allerlei Meeresfrüchten drapiert. Uns hat’s allen wunderbar geschmeckt. 

Palacio Real auf der Halbinsel La Magdalena

Am nächsten Tag erkunden wir Santander. Zunächst geht’s von unserer Ferienwohnung aus anderthalb Kilometer entlang des breiten und weiten Sandstrandes, vorbei am prachtvollen Casino bis zur Halbinsel La Magdalena. An deren Spitze ließ der Spanische König Alfonso XIII. zu Beginn des 20.Jahrhunderts eine Sommerresidenz erbauen, den schmucken Palacio Real. Heute ist der Parque de la Magdalena mit Rundwegen, Aussichtspunkten auf die Klippen, Nachbildungen historischer Schiffe und Becken bzw. Freigehegen für Seelöwen und Pinguine ein beliebtes Freizeitareal, das auch noch kostenlos betreten und genutzt werden kann.

Paseo Maritim in Santander

Von der Halbinsel La Magdalena aus gehen wir zunächst barfuß über den Strand, später auf der Uferpromenade Paseo Maritim weiter bis wir das Centro Botin am Hafen erreichen. Das Museum für Moderne Kunst kann man nicht nur besichtigen, sondern auch an mehreren Stellen das Dach besteigen. Von dort haben wir gute Ausblicke auf die Uferpromenade, Strände sowie auf Teile der Innenstadt. 

Überraschung: MS Artania im Hafen von Santander

Mein Blick geht jedoch in die andere Richtung zur Estación Maritima. Dort hat das Kreuzfahrtschiff MS Artania festgemacht, bekannt aus der TV-Serie „Verrückt nach Meer“ mit dem inzwischen nicht nur bei Kreuzfahrern berühmten Kapitän Morten Hansen. Solche Zufälle gibt’s nur selten: Ich war noch Mitte September auf einer Norwegen-Reise mit diesem Schiff von Phoenix Reisen unterwegs. Jetzt sehe ich die Artania schon nach zwei Wochen in Santander wieder, einem Hafen, der eher selten von Kreuzfahrtschiffen angelaufen wird. 

Die imposante Kathedrale von Santander

Von der Estación Maritima gehen wir noch in die hübsche Innenstadt von Santander. „Altstadt“ zu schreiben wäre deswegen falsch, weil ein verheerendes Feuer im Jahr 1941 vom Hafen ausgehend weite Teile des Zentrums völlig zerstörte. Bei dem Brand wurde auch die ursprünglich im 14. Jahrhundert fertiggestellte gotische Kathedrale stark zerstört. Nach dem  Wiederaufbau in den 1950er Jahren wurde die Kirche wieder zur wichtigsten Sehenswürdigkeit im Zentrum von Santander. 

Leckeres Frühstück im Café Santa

Auch, wenn Santander kein historisches Zentrum mehr bieten kann, lohnt sich sich ein Bummel durch die eleganten Straßen und über die hübsch gestalteten Plätze allemal. Überall sehen wir auch einladend wirkende Restaurants, Bars und Cafés, die vor allem spanische Leckereien und  kantabrische Spezialitäten anbieten. Wir besuchen das Café Santa & Co (C. Marcelino Sanz de Sautuola, 17, 39003 Santander), das sich auch bestens für ein spätes Frühstück eignet. Inge bekommt für ganze 6 Euro einen liebevoll zubereiteten Avocado Toast einschließlich einer Tasse Kaffee. Ich muss für meinen Lachs-Bagel mit meinen hervorragenden Lachs-Bagel mit reichlich Avocado gerade mal zwei Euro mehr zahlen.  

Robin am Strand von Santander

In Santander müssen wir uns von Julias Freund Robin verabschieden. Wegen beruflicher Verpflichtungen muss er mit der gut funktionierenden spanischen Bahn nach Madrid zurückfahren. Wir steigen zu dritt in unseren knallroten Ford Focus und setzen unsere Reise in Richtung Gijon fort. 

Gijon und die Küste von Asturien

Zufällig entdeckt: Playa de la Franca und Llanes

Ein unglaublich schöner Strand: Playa de la Franca

Donnerstag, 5. Oktober 2023 | Wir sind auf der spanischen Autobahn A8 unterwegs, die ganz im Norden fast parallel zur Biskaya-Küste verläuft. Von Santander kommend haben wir bei Google-Maps unser nächstes Ziel „Gijon“ eingegeben. Nach 70 der insgesamt 190 Kilometer auf dieser Etappe sehen wir wiederholt Schilder an der Autobahn, die auf „Playa de la Franca“ hinweisen. Bis zu dem  Strand, von dem wir zuvor noch nie gehört oder gelesen hatten, sollen es von der Autobahn nur drei Kilometer sein. „Kommt Leute, das schauen wir uns mal an“, schlägt Julia vor. Inge und ich stimmen sofort zu.

Erster Blick vom Parkplatz auf die Playa de la Franca

Als wir über eine Seitenstraße zum nur spärlich besetzten Parkplatz kommen, blicken wir auf eine Sandbucht, die über eine Distanz von etwa 200 m bis zum Wasser führt. Glück für uns: Bei unserem zufälligen Besuch ist annähernd Niedrigwasser. Auf dem Weg durch den weichen warmen Sand zur Wasserkante entdecken wir, dass es in der Bucht weitere Verzweigungen gibt. Felsen stehen da wie Säulen vor uns im Sand. Wir sind einfach fasziniert von diesem Naturschauspiel, das wir nicht erwartet hatten und das wir auch fast allein genießen können. Mit uns sind nur wenige Menschen an dem Traumstrand, obwohl an diesem 5. Oktober die Sonne scheint und die Lufttemperatur bei 30 Grad liegt. Für uns ist die Playa de la Franca eine perfekt gelungene Symbiose aus Meer, Felsen und Strand. Es ist eine der schönsten Meeresbuchten, die wir jemals gesehen haben. 

Playa de la Franca ist eine Symbiose aus Meer, Felsen und Strand

Die Playa de la Franca ist übrigens nach der kleinen Ortschaft La Franca benannt, die kurz hinter der „grünen Grenze“ zwischen Kantabrien (woher wir kommen) und Asturien (wohin wir wollen) liegt. Wir verbringen Stunden in dieser herrlichen Sandbucht, laufen zwischen den Felsen hindurch und machen so viele Fotos und Selfies, dass unsere iPhones schon fast „heißlaufen.“ 

Selfie am Strand Playa de la Franca

Als wir später noch im nahegelegenen Café einkehren wollen, wird uns per Hinweisschild deutlich gemacht, wann hier eigentlich Saison ist: „Wir sehen uns wieder am 28. Juni 2024“ ist darauf zu lesen. Gut, dass wir doch schon etwas früher an diesem Traumstrand waren. Obwohl dieses Paradies am Meer selbst in Spanien nicht sonderlich bekannt ist, muss im kalendarischen Sommer hier so viel Betrieb herrschen, dass die Zufahrt zum Strand gelegentlich gesperrt wird.

Playa de la Franca ist ein von Klippen und Felsen umgebener Traumstrand

Zurück auf der Autobahn, knurrt uns langsam der Magen. Es ist inzwischen später Nachmittag und wir haben seit dem Frühstück keine feste Nahrung mehr zu uns genommen. Deshalb folgen wir den Hinweisschildern nach Llanes. Julia hat schnell gegoogelt und damit herausgefunden, dass es sich um ein reizvolles Fischerstädtchen an der Küste von Asturien handeln soll. 

Der Hafen von Llanes in Asturien

Tatsächlich: Llanes ist so ein kleiner Küstenort an der Biskaya, wie man ihn sich vorstellt und wünscht: Die Historie reicht bis in das frühe 13. Jahrhundert zurück. Damals erhielt der Fischerort bereits die Stadtrechte von König Alfons IX. zugesprochen. Aus dieser Zeit stammt auch die Stadtmauer, die heute noch in Teilen den Ort umgibt. La Torre – der Turm, der auf dem höchsten Punkt von Llanes errichtet wurde, war bei unserem Besuch leider gesperrt. Bis heute spielt die Fischerei eine große Rolle, was man auch an den vielen zumeist kleinen Fischerbooten im Hafen erkennt. 

Das hübsche Zentrum von Llanes

In einer Caféteria am Hafen bestellen wir „Tostadas“. Das sind geröstete Weiß- oder Graubrotscheiben, die in Spanien gern mit Olivenöl und zerdrückter Tomate gegessen werden. Anschließend bummeln wir noch durch das Zentrum mit eleganten Geschäften, Cafés, Patisserien und sichtbar gehobenen Restaurants. Soweit wir recherchieren konnten, ist Llanes bei Spaniern ein beliebter, jedoch keinesfalls preiswerter Ferienort. „Preiswert“ ist allerdings auch hier das Parken. Wir haben unseren knallroten Ford Focus nur wenige Gehminuten vom Zentrum entfernt auf einem Parkplatz abgestellt. Wie in allen kleinen Städten, die wir auf unserer Tour bislang besucht haben: Zum Nulltarif.

Julia vor dem "Gijon"-Zeichen im Zentrum

Auch in unserem heutigen Etappen-Ziel Gijon können wir unseren Mietwagen ohne Zusatzkosten abstellen. Der Stellplatz in einer Parkgarage im Keller des Apartmenthauses, in der sich auch unsere für eine Nacht gemietete Ferienwohnung befindet, ist im Preis enthalten. Als größeres Problem erweist sich allerdings die Einfahrt in die Garage. Ich habe nunmehr seit über 50 Jahren den Führerschein und  würde mich zumindest als „soliden Autofahrer“ einstufen. Doch diese Garage im Zentrum von Gijon hat mir meine fahrerischen Grenzen aufgezeigt. Nur mit der geduldigen Einparkhilfe durch Inge gelang es mir schließlich, unser rotes Ferienmobil an diesem Abend auf dem zugewiesenen Stellplatz abzustellen, ohne dass Schäden am Auto und/oder dem Parkhaus entstanden. Die Ausfahrt am nächsten Morgen verlief ähnlich nervenaufreibend. 

Unser knallroter Ford Focus hat Gijon ohne Schäden überstanden

Durch die nicht eingeplanten – sehr schönen – Aufenthalte an der Playa de la Franca und in Llanes, mussten wir unser Besichtigungsprogramm in Gijon auf ein Minimum zusammenstreichen. Für das Abendessen hatte Julia das Restaurante Gastrochigre (C. Cean Bermúdez, 16, 33208 Gijón, Asturias) in bequemer Gehweite am Rande des Stadtzentrums durch Google-Suche entdeckt. Etwas überrascht zeigten wir uns darüber, dass wir offenbar die einzigen Gäste an diesem Abend waren. Die freundliche Bedienung empfahl uns Gerichte, die eine gelungen Kombination aus japanischer und einheimischer asturischer Küche sind. Wir haben dort gut und gern gegessen.

Während ich an diesem Abend von den schönen Erlebnissen und dem – zuletzt – lästigen Autofahren ziemlich geschafft war, zogen Inge und Julia noch einmal durch das fast menschenleere Zentrum der Stadt. Wir waren schon verwundert, dass Gijon mit immerhin fast 270.000 Einwohnern nach Oviedo die zweite Metropole in Asturien, so einen leblosen Eindruck auf uns machte. Während in allen anderen Städten, die wir auf unserer Reise besuchten, die Menschen das für diese Jahreszeit ungewöhnlich warme Oktoberwetter bis in die Nacht hinein auf den Straßen feierten, herrschte in Gijon nahezu „Totenstille“. Einen nächtlichen Farbtupfer gab’s eigentlich nur durch den erleuchteten Árbol de la Sidra. Dieses 2013 aus hunderten von Cidre-Flaschen errichtete Denkmal im Zentrum ist dem asturischen „Nationalgetränk“ gewidmet, das unserem Apfelwein ähnlich ist. 

Auch am nächsten Morgen, als Inge und ich vor unserer Weiterfahrt an der Markthalle vorbei und durch das Zentrum bis zur kleinen historischen Altstadt gingen, hatten wir nicht den Eindruck in einer pulsierenden Großstadt zu sein. Vielleicht haben wir ja Gijon einfach auch nur zu wenig Zeit gegeben. 

Palacio Valdés markiert den Beginn der kleinen Altstadt von Gijon

Playa de las Catedrales in Galicien

Traumstrand Playa de las Catedrales und noch "Meer"

Julia vor den Felsenbögen an der Playa de las Catedrales

Freitag, 6. Oktober 2023 | Im Gegensatz zur Playa de la Franca, unseren Traumstrand an der asturischen Biskaya-Küste, den wir am Tag zuvor eher zufällig entdeckt hatten, fahren wir heute gezielt zur Playa de las Catedrales in dem östlich von Asturien angrenzenden Galicien. Es soll einer der schönsten Strände Spaniens – und zugleich einer der beeindruckendsten Abschnitte an der Biskaya-Küste sein. Zumindest hatten wir diese Superlative bei unseren Recherchen  herausgefunden. Um das Ergebnis unserer persönlichen Inaugenscheinnahme einfach mal vorwegzunehmen: Das ist so!

Erster Blick auf die Playa de las Catedrales

Vor dem Besuch der Playa de las Catedrales sollte man allerdings den Wasserstand in Erfahrung bringen – zum Beispiel auf der offiziellen Website der Playa de las Catedrales. Das wahre Erlebnis habe man nur bei Niedrigwasser, hatten wir aus mehreren Veröffentlichungen „im Netz“ erfahren. Niedrigwasser war an diesem Freitag für 16.30 Uhr angekündigt. Wir kamen etwas eine Stunde früher am ersten der beiden kostenfreien Parkplätze an, der zu diesem Zeitpunkt nur gut zur Hälfte gefüllt war. Kurze Zeit später konnten wir schon von der Aussichtspromenade erste Blicke auf diese faszinierende Kombination aus Meer, hellem Sandstrand und außergewöhnlichen Felsformationen werfen. 

Faszinierende Felsformationen an der Playa de las Catedrales

Wir hatten Glück: Trotz des herrlichen hochsommerlichen Wetters an diesem Oktobertag waren mit uns nur wenige hundert Menschen an der Playa de las Catedrales. Im Sommer ist der Strand häufig „ausgebucht“, weil dann höchstens 4.500 Tickets pro Tag für den Zugang ausgegeben werden. Neben der Pilgerhochburg Santiago de Compostella ist „Catedrales“ der zweite große touristische Anziehungspunkt in Galizien. Der Name des Strandes ist eine reine Erfindung für den Tourismus. Dieser Küstenabschnitt 10 km westlich der Stadt Ribadeo heißt eigentlich Aguas Santas, was so viel wie „Heilige Wasser“ bedeutet.  

Inge unter einem der riesigen Felsen, die so mächtig wie Katedralen wirken

Vom Zugang unterhalb des Parkplatzes aus können wir zu beiden Seiten mehrere hundert Meter am Strand zwischen den bizarren Felsformationen entlang gehen. Wir haben Spaß, wenn wir an der etwa 150 m entfernten Wasserkante die Füße in die bei Niedrigwasser sanft auslaufenden Wellen der Biskaya strecken. Und auch diesmal machen wir wieder gigabyteweise Fotos und Videos. Wir bleiben so lange, bis schließlich auf der Landseite im Westen die Sonne untergeht und das Wasser merklich wieder steigt. 

Die Flut kommt zurück an der Playa de las Catedrales

Der Traumstrand war allerdings nicht der einzige Höhepunkt an diesem Freitag. Nach der Übernachtung in Gijon waren wir zuerst nach Cudillero gefahren. Das frühere Fischer- und heutige Touristendorf mit knapp 5.000 Einwohnern liegt zwar in Asturien, könnte allerdings auch an der ligurischen Küste in Italien verortet werden. Die Lage des Ortes, eingebettet in die Küstenberge, hat uns zumindest so sehr an die Dörfer der Cinque Terre bei La Spezia erinnert, dass wir unseren Augen kaum trauen konnten.  

Inge und Julia auf dem Weg ins Zentrum von Cudillero

Über die kräftig ansteigende Hauptstraße sind wir bis in das hübsche Zentrum von Cudillero gebummelt. Für den Besuch des außerhalb des Ortes gelegenen kleinen Leuchtturms mit offenbar guten Aussichten fehlte es uns an diesem Vormittag allerdings an der notwendigen Unternehmungslust. Außerdem  musste auch noch das bislang versäumte Frühstück nachgeholt werden. Wir setzten uns auf die Terrasse der Cafetería Galerna (C. Fuente de Abajo, 5, 33150 Cudillero, Asturias) und freuten uns über leckere Tostadas, frischgepressten Orangensaft und bestem Café con leche. Das alles wurde fix und ausgesprochen freundlich serviert. Hinterher wunderten wir uns über die bislang eher „zurückhaltende“ Bewertung der Cafeteria bei Google.

Der hübsche Fischer- und Touristenort Cudillero

Als wir auf dem Parkplatz am kleinen Hafen in Cudillero wieder in unseren knallroten Ford Focus einstiegen, bedauerten wir, dass uns nicht mehr Zeit für diesen hübschen Ort zur Verfügung stand. Wir haben ihn deshalb auf unsere „Wiederholungsliste“ gesetzt. Für uns ging’s weiter an der asturischen Küste bis zum Cabo Vidio. Im Bereich des Leuchtturms Faro de Vidio befinden sich dort mehrere Aussichtspunkte, von denen wir atemberaubende Aussichten auf die bis zu 80 Meter hohe Steilküste hatten. Während wir uns in Cudillero noch an Italien erinnert hatten, dachten wir jetzt  an die wilden Steilküsten in Schottland, zumindest so wie wir sie uns vorstellen. Gewesen sind wir bislang dort noch nicht. 

Julia fotografiert Inge am atemberaubenden Cabo Vido

Übernachtet haben wir am Ende dieses wieder einmal ereignisreichen Ferientages einfach, aber gut und günstig im Gartenhäuschen der Pension Casa Brais (Carretera General, 24, E-27792 Lugo) nur sechs Kilometer vom Playa de las Catedrales entfernt. 

Rias Altas und A Coruña und Galicien

Rias, Rindviecher und der Herkules von A Coruña

Der Leuchtturm "Herkules" in A Coruña bei Sonnenuntergang

Samstag, 7. Oktober 2023 | Auch dieser Tag endete mit einem fantastischen Naturerlebnis. Am frühen Abend  erreichten wir die Hafenstadt A Coruña. Der Sonnenuntergang über dem Atlantik mit dem Herkules Leuchtturm im Vordergrund zählt ganz bestimmt zu den herausragenden Naturschauspielen in Nordspanien. Zuvor haben wir uns zwei Rias Altas im Nordwesten Galiciens angeschaut. Dabei mussten wir feststellen, dass ein besonders attraktiver Aussichtspunkt bereits besetzt war.

Rinder hatten den Aussichtspunkt Mirador Penedo do Galo vor uns besetzt

Julia, die während dieses Teils unserer Reise stets die besten Aussichtspunkte herausfindet, hatte uns an diesem Tag zuerst zum Mirador Penedo do Galo oberhalb der Ria de Viveiro geführt. Die Fahrt dort hinauf hatte es schon in sich: Aus der schmalen asphaltierten Straße mit engen Kurven wurde bald eine steil aufwärts führende Piste mit allerlei Unebenheiten und sogar tiefen Löchern. Unser Ford Focus meisterte diese Herausforderungen bestens. Nur hatten wir zu Beginn der Pistenstrecke ein Schild nicht wirklich ernst genommen, auf dem vor „wilden Tieren“ gewarnt wurde. Diesen vermeintlich wilden Tieren begegneten wir dann tatsächlich oben am Aussichtspunkt: Statt die offenbar traumhafte Aussicht auf die Ria de Viveiro genießen zu können, blickten wir verdutzt auf drei grasende Rindviecher.

Das Rindviech war ganz schön überrascht vom Besuch aus Deutschland

Die Rindviecher schienen nicht weniger überrascht zu sein von unserem unangemeldeten Besuch. Sie wirkten zwar friedlich – aber man weiß ja nie. Schließlich ist unser Mietwagen auch noch knallrot, etwa so wie die Muleta, dem Tuch mit dem Stierkämpfer die Stiere zum Angriff angeblich reizen sollen. Nach kurzer Beratung im Auto – unter ständiger Beobachtung der Rindviecher – entschlossen wir uns einstimmig zum „Rückzug“. Die Tiere setzten derweil das für uns unterbrochene Grasen friedlich weiter fort. Nach dem geglückten Wendemanöver auf dem schmalen Bergweg konnten wir unser nächstes Ziel in die Rias Altas ansteuern.

Inge auf dem Aussichtspunkt "San Roque"

Im Gegensatz zum offensichtlichen „Lieblingsplatz der Rindviecher“ erreicht man den Mirador San Roque über gut ausgebaute – wenn auch streckenweise recht schmale – Straßen. Von diesem Aussichtspunkt hatten wir herrliche Ausblicke auf die Ria de Viveiro und die Kleinstadt, die diesem Meereseinschnitt ihren Namen gab. Rias Altas (obere Rias) sind Meereseinschnitte an der Nordküste Galiciens, die gelegentlich Ähnlichkeit mit den Fjorden Norwegens aufweisen. Allerdings sind Rias nicht durch Eismassen geformt worden – so wie in Skandinavien, sondern durch vom Meer überflutete Flusstäler entstanden. Insgesamt gibt es zehn größere Rias am „Eingang“ zur Biskaya.  

Aussicht auf die Stadt Viveiro und Ria de Viveiro

Zum Kaffeetrinken fuhren wir hinunter in die Kleinstadt Viveiro. Sie wurde von den Römern gegründet, später von den Wikingern besetzt und ist heute eine Kleinstadt mit etwas mehr als 15.000 Einwohnern, die von ein wenig Industrie und auch noch von Fischerei lebt. Die attraktive Lage des Ortes an der Ria hat dazu geführt, dass immer mehr – vor allem spanische – Touristen nach Viveiro kommen. Auch wir bummeln durch das kleine historische Zentrum, das wir „hübsch“, aber nicht „umwerfend“ finden. An der Plaza Mayor bekommen wir im Restaurante Bar La Plaza (Plaza Mayor, 21, 27850 Viveiro, Lugo) sehr guten Käse- und Obstkuchen.

Plaza Mayor in Viveiro

Unser letzter Aussichtspunkt an den Rias Altas heißt „Cargadoiro da Insua“ und bedeutet übersetzt „Frachtschiff“. Tatsächlich gab es hier bis zum Jahr 2002 eine Abfertigungsanlage, über die Frachtschiffe mit Eisenerz beladen wurden, das man damals in dieser Region förderte. Danach hat man den Komplex in eine Art Aussichtsterrasse umgewandelt, die allerdings reichlich überdimensioniert wirkt. Dennoch hatten wir hier am Übergang der Ria in den Atlantischen Ozean gute Ausblicke auf die schroffe Felsenküste.

Aussicht am "Cargadoiro da Insua"

Während der gut 90 Minuten langen Autofahrt aus dem Gebiet um Viveiro nach A Coruña fieberten wir schon einem weiteren Höhepunkt dieses Ferientages entgegen: Der Sonnenuntergang über dem Atlantik am Herkules Leuchtturm auf der Spitze der Halbinsel, auf der auch die Altstadt von A Coruña liegt. Unser The Blue Wave Apartment (Rua San Pedro 24, A Coruña) liegt nur zehn Gehminuten vom Herkules entfernt. Dazu haben wir auch noch Glück, dass wir in dieser quirligen und von Autos regelrecht überhäuften Altstadt einen Parkplatz direkt vor unserer Unterkunft finden. 

Der Herkules in A Coruña ist der älteste aktive Leuchtturm der Welt

Nur wenige Minuten nachdem wir in aller Eile unser Apartment aufgesucht hatten, stehen wir schon unter dem 55 Meter hohen Steinklotz, der Herkules genannt wird. Warum? Das ist nicht genau bekannt. Sicher ist allerdings, dass der Turm schon im 2. Jahrhundert erbaut wurde und bis heute in Betrieb ist. Er ist mit seinen Leuchtsignalen immer noch ein wichtiger Wegweiser für die Schiffe vor der mit Felsen durchsetzten nordostspanischen Küste. Damit ist Herkules der älteste „aktive Leuchtturm“ der Welt. Wir bewundern abwechselnd den historischen Turm und die über dem Atlantik ins Meer fallende Sonne. Bei diesem Anblick geht jeder von uns seinen eigenen Gedanken nach und wir freuen uns darüber, wie gut es uns doch geht.

Sonnenuntergang über dem Atlantik vor A Coruña

Am Ende dieses Tagebucheintrags gibt’s noch einen Tipp für’s Abendessen in A Coruña: In der an diesem warmen Oktoberabend „überfüllten“ Altstadt von A Coruña bekamen wir glücklicherweise drei Plätze in der Taberna de a lado (Praza de España 15, A Coruña). Hier gibt es eine breite Palette an typisch spanischen und galicischen Fleisch- und Fischgerichten. Besonders gefreut haben wir uns über die Camarera (Kellnerin), die uns davor warnte zu viel zu bestellen, weil die Portionen ziemlich „mächtig“ seien. Tatsächlich wurden wir zu dritt von einer Portion „Arroz negro“ (für zwei Personen) und einem gemischten Salat (für eine Person) pappsatt. Dazu schmeckte der schwarze Reis mit allerlei Meeresfrüchten auch noch vorzüglich. So kann es auf dieser Reise gern weitergehen.

Julia und Inge freuen sich auf den Arroz negro

A Coruña, Santiago & Pontevedra

Schneller als alle Pilger: A Coruña, Santiago und Pontevedra an einem Tag

Geschafft: Familien-Selfie vor der Kathedrale von Santiago de Compostela

Sonntag, 8. Oktober 2023 | Laut einer offiziellen Statistik sollen im Jahr 2022 unglaubliche 438.321 Pilger aus der ganzen Welt in Spanien über den Jakobsweg das ersehnte Ziel erreicht haben: Die Kathedrale von Santiago de Compostela. Viele von ihnen waren dann über Wochen, manche gar über Monate unterwegs. Wir haben von unserer vorherigen Station A Coruña kaum eine Stunde mit dem knallroten Ford Focus gebraucht, um die Pilgermetropole im galicischen Hinterland zu erreichen. Das war auch gut so, weil wir zuvor für einen Rundgang durch A Coruña doch mehr Zeit benötigten, als wir das ursprünglich geplant hatten; unter anderem auch wegen eines ausgedehnten Frühstücks.

Galicische Volksmusikgruppe in der Altstadt von A Coruña

Wir waren noch ziemlich verschlafen, als wir an diesem Sonntagvormittag von unserem gemieteten Apartment in Nähe des Herkules-Leuchtturms (siehe Eintrag zuvor) zu Fuß über die Halbinsel bummelten, auf der das Zentrum von A Coruña liegt. Am Rande der kleinen historischen Altstadt Cidade Vella trafen wir auf eine Folkloregruppe, die mit Trommeln, Klappern, Ziehharmonika und Instrumenten, die wie Dudelsäcke aussehen, die umstehenden Passanten unterhielt. Dabei handelt es sich allerdings um die „Gaità“, eine galicische Variante des schottischen Dudelsacks, die allerdings leichter zu spielen sein soll. 

Die Kirche Igrexa de Santiago in der Altstadt von A Coruña

Die Sprache der Galicier „Galego“ ist mit dem benachbarten Portugiesisch verwandt und neben Spanisch die zweite offizielle Amtssprache in der Autonomen Gemeinschaft. Zwei Drittel der Galicier sollen ihre eigene Sprache auch im Alltag verwenden. Wir kamen allerdings bestens mit Spanisch zurecht. Im Gegensatz zu Katalonien, wo man als Spanisch Sprechender schon mal auf Vorbehalte oder gar Ablehnung stoßen kann, wurden wir in Galicien immer höflich und zuvorkommend behandelt. 

Las Galerias de A Coruña - die berühmten Balkone

Die historische Altstadt Citade Vella von A Coruña war bei unserem kurzen Besuch mit so vielen Baustellen durchzogen, dass es uns kaum gelang, ein vorzeigbares Foto zu machen. Wir haben uns mit der Seitenansicht der Kirche Igrexa de Santiago (12. Jh.) beholfen. Über den Hauptplatz der Stadt, Praza de María Pita, benannt nach einer lokalen Volksheldin, erreichen wir den Stadthafen mit dem hübsch angelegten Parque de Mariña. Von hier aus haben wir auch einen wunderbaren Blick auf die Galerias de A Coruña, die weißen gestrichenen Holzbalkons, die die Bewohner vor dem rauen Atlantik schützen sollen. An diesem 8. Oktober strahlt allerdings die Sonne. Gegen Mittag zeigt das Thermometer bereits fast 30 Grad an. Wir sind deswegen überrascht, dass der wenige hundert Meter vom Zentrum entfernte Stadtstrand nur spärlich belegt ist.

Der lange und breite Stadtstrand von A Coruña

Wir haben ohnehin keine Zeit, um uns an den Strand zu legen. Schließlich wollen wir an diesem Tag noch zwei weitere Städte in Galicien besuchen. Zunächst geht’s in die Pilgermetropole Santiago de Compostela, die Hauptstadt von Galicien mit 90.000 Einwohnern und 40.000 eingeschriebenen Studierenden aus aller Welt. Problemlos finden wir ein gutes und günstiges Parkhaus in Nähe des historischen Stadtzentrums, das wir von dort aus in nur fünf Gehminuten erreichen. Die Altstadt macht auf uns den Eindruck eines großen historischen Freilichtmuseums. Zum Glück ist das „Museum“ an diesem Sonntag nicht „überfüllt“, wie das offenbar sonst so häufig der Fall ist. 

Im historischen Zentrum von Santiago de Compostella

So bummeln wir in Ruhe durch die Gassen der Innenstadt und sind einmal mehr beeindruckt von der  Sauberkeit, die in den nordspanischen Städten herrscht. Hier in Santiago de Compostela wirkt jeder Papierschnipsel auf der Straße wie ein Fremdkörper, der zu dem aufgeräumten und sauberen Bild dieser Stadt einfach nicht passen will – zumindest nicht hier im Zentrum. Die Erdgeschosse der Häuser sind fast durchgehend mit Restaurants, Bars, Cafés und vor allem mit Souvenirshops belegt.

Die Kathedrale von Santiago de Compostela und die Praza da Inmaculada

Unser Ziel ist die Kathedrale von Santiago de Compostela. Da unterscheiden wir uns nicht von den Pilgern, die wir mit Stöcken, Hüten, Rucksäcken und derben Wanderschuhen ausgestattet, zumeist erschöpft aber glücklich lächelnd um uns herum beobachten, als wir die Praza Inmaculada erreichen. Von dem Platz haben wir einen ersten guten Ausblick auf den gewaltigen Kirchenbau, der ursprünglich schon im 12. und 13. Jahrhundert entstand und in der Folge mehrfach aus- und umgebaut wurde. 

Der Hauptaltar der Kathedrale von Santiago de Compostela

Wir konnten ohne Wartezeit direkt in die Kathedrale eintreten und den imposanten Innenraum bewundern. Um das Grab des Heiligen Jacobus sehen zu können, hätten wir uns allerdings ans Ende einer unendlich langen Warteschlange stellen müssen. Unsere Plätze haben wir lieber Pilgern überlassen, die viel größere Mühen auf sich genommen haben, um dieser christlichen Reliquie nahe sein zu können. Jakobus war einer der 12 Apostel von Jesus Christi. Um seine Person und den Weg seiner Gebeine nach Santiago gibt es zahlreiche Legenden. Heute ist er einer der bedeutendsten Heiligen weltweit. Neben Santiago de Compostela wurden auch weitere Städte nach ihm benannt, zum Beispiel Santiago de Chile und Santiago de Cuba.   

Die Kathedrale von Santiago do Compotela vom Aussichtspunkt fotografiert

Wenn wir schon Jakobus nicht sehen konnten, wollten wir wenigstens noch ein schönes Bild von der prachtvollen Kathedrale mitnehmen, in der der Heilige (angeblich) seine letzte Ruhestätte fand. Julia hatte herausgefunden, dass es nur 15 Minuten Fußweg vom Zentrum entfernt einen Mirador de Catedral gibt. Von dort machten wir unser Abschiedsfoto von der Kathedrale, die für so viele Pilger der Sehnsuchtsort schlechthin ist.

Praza da Ferraria - der zentrale Platz von Pontevedra

Gelegentlich gibt es auf so einer Tour, wie wir sie gerade durch den Norden Spaniens unternehmen, auch Ziele, die man besser hätte weglassen können. Für uns gehört Pontevedra dazu. Die recht „angeschmuddelt“ wirkende Stadt an der Ría Baixas im Südwesten Galiciens wurde von den Römern gegründet und entwickelte sich wegen ihres geschützten Hafens im Mittelalter zu einem florierenden Handelsplatz. Heute hat Pontevedra 83.000 Einwohner und ist in ganz Spanien als eine der Hochburgen der galicischen  Rauschgiftschmugglerkartelle bekannt. Irgendwie haben wir an diesem späten Sonntagnachmittag keine Lust mehr nach möglicherweise verborgenen schönen Seiten der Stadt zu suchen. Schon nach einem kurzen Spaziergang beschließen wir nach Vigo weiterzufahren. 

Vigo und Islas Cies

Islas Cíes: Reif für die schönsten Inseln

Inge überquert den Damm zwischen der Nordinsel (Monteagudo) und der Mittelinsel (Do Faro)

Montag, 9. Oktober 2023 | Klar klingt das für Leser unseres Reisetagebuchs übertrieben, wenn wir behaupten, dass wir an diesem Montag auf den „schönsten Inseln der Welt“ waren. Zumindest sind die Islas Cíes im Atlantik vor der Bucht von Vigo die schönsten Inseln, die wir jemals gesehen und erlebt haben. Da bin ich mit Inge und Julia einer Meinung – was nicht immer bei Beurteilung unserer Reiseziele der Fall ist. Wegen unserer „Inselabenteuer“ ist der Besuch in Vigo leider zu kurz ausgefallen. Zumindest haben wir die Hafenstadt kulinarisch genossen.

Blick von der der Mittelinsel "Do Faro" auf die Südinsel "Sao Martiño

Die Gruppe der Islas Cíes besteht aus drei Inseln, die etwa 15 km von Vigo entfernt sind. Personenfähren, die zweimal pro Tag vom Hafen in Vigo aus die Nordinsel Monteagudo anfahren, benötigen etwa 50 Minuten für die Strecke. Neben den Plätzen auf der Fähre, muss man sich im Sommer (Juni – September) auch noch Zutrittsgenehmigungen für die Islas Cíes vorab besorgen, da die tägliche Besucherzahl streng limitiert ist ⇒ Las Islas Cies. Von der Nordinsel könnt ihr über einen Steindamm die Mittelinsel Do Faro erreichen. Die Südinsel San Martino ist für Besucher gesperrt. Direkt am Fähranleger auf der Nordinsel sowie in der Nähe des Campingplatzes auf der Mittelinsel gibt es Tagesbars, wo ihr neben Getränken auch typisch spanische Imbisse und einfache Gerichte bekommt.

Der 1.500 m lange Sandstrand "Playa de Rodas"

Wir waren von 12.00 bis 18.00 Uhr auf den Inseln und haben von den sechs Stunden keine Minute bereut. Nach der Ankunft auf der Nordinsel wurden wir zunächst von örtlichen Scouts kurz eingewiesen. Das ist beim Besuch des Naturschutzgebietes obligatorisch. Anschließend haben wir uns jedoch keiner geführten Gruppe angeschlossen, sondern sind auf eigene Faust zunächst am knapp 1,5 km langen herrlichen Sandstrand Playa de Rodas entlang gewandert. Über den Steindamm zwischen den Inseln erreichten wir Do Faro. Dann ging’s – manchmal ganz schön steil – bergan auf knapp 150 m zum Faro de Cíes, der vom Fähranleger etwa vier Kilometer entfernt ist.  

Sichtlich geschafft - aber glücklich: Mit Julia auf dem Faro de Cíes

Bei Temperaturen von erneut um die 30 Grad und grellem Sonnenschein war das durchaus eine Herausforderung. Den Aufstieg zum Leuchtturm haben nach unseren Beobachtungen an diesem heißen Tag nur wenige weitere Inselbesucher gewagt. Insofern fühlten wir uns als Sieger eines imaginären Hochleistungswettbewerbs, als wir den Faro de Cíes zuletzt über Serpentinen erreichten. Wir genossen die Aussichten hinüber auf die Südinsel, hinunter zum kleinen Leuchtturm Faro do Porta und auf die Klippen im Atlantik. Wir konnten uns gar nicht sattsehen, machten unzählige Fotos und Selfies, ließen die Daheimgebliebenen per WhatsApp und Instagram an unserem Ferienglück teilhaben. 

Blick vom großen Leuchtturm Faro de Cíes hinunter zum kleinen Leuchtturm Faro do Porta

Auf dem Rückweg zur Fähre machten wir noch Station an der Praia de Nosa Señora, einem zwischen Felsen etwas versteckt gelegenen kleineren Sandstrand auf der Mittelinsel. Der Sand ist hier puderweich und das Wasser wirkt sauber. An den Felsen kann man sogar bis auf den Grund schauen. Ich fühlte mich bei dem Anblick an die Seychelleninsel „Praslin“ erinnert, auf der ich bislang stets „meinen schönsten Strand“ verortet hatte.  

Praia de Nosa Señora

Für uns ist es die Kombination aus feinen Sandstränden in unterschiedlichen Ausdehnungen und Ausprägungen, dazu atemberaubende Aussichtspunkte und die vielfältige Vegetation, die Islas Cíes so außergewöhnlich machen. Dazu kommt auch noch die gute Erreichbarkeit von der spanischen Großstadt Vigo aus. Man muss also nicht um den halben Erdball fliegen, um dieses Inselerlebnis genießen zu können. Nicht zuletzt sorgen Besucherbeschränkung und die strengen Auflagen zum Schutz der Umwelt dafür, dass dieses Paradies im Westen Europas wohl noch einige Zeit erhalten bleibt.

Auf den Islas Cíes gibt's viele großartige Aussichtspunkt

Wie eingangs in diesem Tagebucheintrag schon erwähnt, haben wir wegen des ganztägigen Besuchs auf den Islas Cíes Vigo ein wenig vernachlässigt. Die mit ca. 292.000 Einwohnern größte Stadt Galiciens liegt an der nach ihr benannten 35 Kilometer langen Bucht Ría de Vigo und erstreckt sich an den Hängen des Hausberges Monte del Castro rund um den Naturhafen. Auch Vigo wurde von den Römern gegründet. Im 10. Jahrhundert kamen die Mauren, die von Fernando II., König von Leon und Galicien, im Jahr 1170 wieder vertrieben wurden. 

Blick auf Vigo vom Wasser aus

Nach Rückkehr von unserer Inseltour bummeln wir vom Hafen aus durch das sich anschließende hübsche Altstadtviertel Berbes bis zur Plaza de la Constitución, dem Mittelpunkt des historischen Zentrums. Weiter geht’s über die Plaza de España ins heutige Zentrum Vigos mit der Einkaufsstraße Gran Via. Weil der Boulevard ziemlich steil bergauf führt, wurden in der Mitte zwischen den Fahrbahnen Laufbänder für Fußgänger installiert. Bergrunter muss man allerdings wieder zu Fuß gehen. 

Plaza de la Constitución in Vigo

Unter dem Strich waren wir von Vigo positiv überrascht. Die Stadt wirkt so großstädtisch, wie keine andere zuvor auf unserer Reise durch Spanien, wenn man M adrid nicht berücksichtigt. Alle Einheimischen, mit denen wir zu tun hatten, waren freundlich und hilfsbereit. So haben uns zwei junge Männer abends in der Dunkelheit den Schlüssel zu unserem Apartment hinterher gebracht, den wir auf der Straße unbemerkt verloren hatten. Zudem ist unsere Unterkunft in Vigo eine hochherrschaftliche Stadtwohnung inmitten des Zentrums, die wir für vergleichsweise „kleines Geld“ über booking.com angemietet hatten: Vigo Centro Vistas, 35 Rua de Urzaiz, E-36201 Vigo.

Meeresfrüchte-Vorspeisenplatte im Restaurante Rias Baixas 1

Und dann hatten wir in Vigo noch eines der besten Abendessen während unserer gesamten Reise. Im Restaurante Rias Baixas 1 (Rua da República Arxentina, 2, 36201 Vigo, Pontevedra) gibt es unglaublich gute Fischgerichte. Wir haben Meeresfrüchte als Vorspeisenplatte genommen und anschließend Bacalhau (Kabeljau) nach galicischer Art mit weiteren Meeresfrüchten in einer Casserole zubereitet. Wir hatten damit nur ein Problem: Es war einfach zu viel.  

Wundervolle Tagesbar "Migas" in Vigo

Dennoch hatten wir am späten nächsten Vormittag vor unserer Weiterfahrt zur Sil Schlucht schon wieder Hunger – oder wohl besser Appetit – auf ein besonderes Frühstück. Das bekamen wir bei Migas (Rúa do Roupeiro, 5, 36201 Vigo, Pontevedra) mit allem was dazu gehört von zwei  älteren Damen liebevoll zubereitet und serviert: Tostadas con Tomate, Bagel mit Creamcheese, Joghurt, frischgepressten Orangensaft und den vielleicht besten Café con leche auf dieser Reise. Dazu hat das kleine Café ein so zauberhaftes Ambiente, dass man es einfach ins Herz schließen muss.

Sil Schlucht in Galicien

Room with a view: Die Sil Schlucht zu unseren Füßen

Inge und Julia schauen fasziniert in die Sil Schlucht

Dienstag, 10. Oktober 2023 | Wir haben auf unseren Ferienreisen durch verschiedene Länder Europas, Nord- und Mittelamerika oder Australien schon so manche Orte erreicht, die zurecht das Prädikat „Breathtaking View“ verdienen. Mit den Miradores de Cañon del Sil in der bergigen geografischen Mitte Galiciens sind gleich mehrere solcher spektakulären Aussichtspunkte dazugekommen. Fasziniert waren wir von den Ausblicken, die wir von der Terrasse unserer Unterkunft hatten, den Miradores do Sil Hotel Apartamento (19 A Teixeira, 32765 Cristosende). Hier lag die atemberaubend schöne Sil Schlucht quasi zu unseren Füßen.

Blick aus dem Wohnzimmer "unseres" Bungalows über die Terrasse hinunter in die Sil Schlucht

Die Parada de Sil, wie die schönsten Aussichtspunkte an der Sil Schlucht zusammenfassend genannt werden, liegen etwa 40 km östlich von Orense. Am Rande der Großstadt mit 104.000 Einwohnern haben wir uns in einem riesigen Lidl-Markt mit Utensilien für das Abendessen an diesem Tag eingedeckt.  Dabei stellten wir einmal mehr fest, dass Lebensmitteleinkäufe in Spanien (Schinken, Käse, Brot, Molkereiprodukte, Wein, Bier, Obst)  inzwischen wieder deutlich günstiger sind, als bei uns in Deutschland. Erstaunlich ist, dass die Qualität der frischen Produkte vielfach besser ist, als wir das aus Hamburger Verbrauchermärkten kennen.

Selfie am Mirador Cañón del Sil

Bald nach Orense ging es auf der schmalen, aber gut ausgebauten Landstraße in zum Teil engen Serpentinen steil bergan. Es dauerte denn auch eine gute Stunde, bis wir unseren ersten Aussichtspunkt Mirador Cañón del Sil erreichten. Schön, dass wir diesen Aussichtspunkt direkt am Rande der Landstraße für uns allein hatten. So konnten wir in aller Ruhe die Speicher unserer iPhones mit Bilddaten nachfüllen. Das obligatorische Familienbild machte Julia als Selfie, weil es keine  weiteren Schaulustigen an dieser schönen Stelle gab. 

Freie Sicht vom Mirador Cañón del Sil

Die Sil Schlucht ist ein etwa 15 Kilometer langer Abschnitt im Verlauf des insgesamt 228 Kilometer langen Flusses Sil, der im Kantabrischen Gebirge in einer Höhe von fast 2.000 Meter entspringt und bei der bereits erwähnten Stadt Orense in den Miño mündet. Der Cañón do Sil ist wegen der schmalen Schlucht zwischen den bis zu 500 Meter hoch ansteigenden Bergen zu beiden Seiten besonders beeindruckend. Die Sil Schlucht ist Teil des berühmten spanischen Weinanbaugebiets „Ribeira Sacra“ – was „Heilige Ufer“ bedeutet.  

Inge im Innenhof des ehemaligen Klosters Santa Cristina de Ribas de Sil

Mit dem Namen „Heilige Ufer“ wird auf die vielen Klöster Bezug genommen, die hier seit dem Mittelalter entstanden. Eins der bekanntesten ist das Mosteiro de Santa Cristina de Ribas de Sil, das oberhalb der Sil Schlucht im 12. und 13. Jahrhundert erbaut wurde. Wir haben uns in der zerklüfteten Klosteranlage umgeschaut (2 € Eintritt) und waren ein wenig enttäuscht, dass wir von hier aus keinen Zugang zur Schlucht hatten. Wir beeilten uns deshalb einen weiteren – und den bekanntesten – Aussichtspunkt am Cañón del Sil anzufahren: Balcónes de Madrid  

Sil Schlucht vom Aussichtspunkt Balcónes de Madrid  

Wir kamen gerade noch rechtzeitig an diesem Aussichtspunkt an, bevor die Sonne sank und den südlichen Teil der Sil Schlucht in Schatten hüllte. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir  noch nicht, dass uns die wohl schönste Aussicht in unserem Bungalow erwartete, den wir hoch oben über der Schlucht in der Siedlung Cristosende für die folgende Nacht gemietet hatten.

Blick von der Terrase unserer Unterkunft auf die Sil Schlucht.

Salamanca in Kastilien & León

Über diese Brücke muss man geh'n in Salamanca

Julia auf der Römischen Brücke mit den Kathedralen von Salamanca im Hintergrund

Mittwoch, 11. Oktober 2023 | So langsam geht unsere schöne Zeit im Norden Spaniens zu Ende. Zum Glück liegen auf unserer Route von Galicen nach Madrid noch zwei Städte, die wir unbedingt besuchen wollen: Heute schauen wir uns zunächst Salamanca an, die etwa 145.000 Einwohner zählende Stadt in der Autonomen Gemeinschaft Kastilien & Leon. Nach einer Übernachtung geht’s am Donnerstag über Avila zurück in die Spanische Hauptstadt. 

Die Rua Mayor in Salamanca

Es gibt Städte, die man sofort mag. Uns ging das so, als wir am frühen Nachmittag in Salamanca in Richtung Innenstadt durch breite Alleen, vorbei an schmucken Häusern und stattlichen Gebäudekomplexen fuhren. Unser Ziel war ein recht nobles Apartment, das Inge mal wieder für „kleines Geld“ über Booking.com für eine Nacht gemietet hatte: 10, Cuesta del Carmen, Entreplanta, E-37002 Salamanca. Eine „Unterkunft“ für unseren knallroten Ford Fiesta war praktischerweise in einem naheliegenden Parkhaus im Preis gleich enthalten. 

Plaza Mayor in Salamanca

Unsere Stadtbesichtigung in Salamanca begannen wir auf der Plaza Mayor, die gelegentlich als der schönste Hauptplatz in Spanien bezeichnet wird. Ansichtssache. Der 1729 fertiggestellte prachtvolle Platz soll ein Geschenk von König Felipe V. zur Belohnung dafür gewesen sein, dass Salamanca im Spanischen Erbfolgekrieg treu an seiner Seite gestanden hatte. Früher fanden hier auch Stierkämpfe statt. Heute ist die von dreigeschossigen Gebäuden und dem Rathaus umgebene Plaza Mayor ein beliebter Treffpunkt für Einwohner, Studierende und Besucher der Stadt. Fast alle Untergeschosse der Häuser sind mit Cafés, Bars und Restaurants belegt. 

Das mit den spanischen Nationalfarben beleuchtete Rathaus am Abend

Am späten Abend kamen wir noch einmal zurück auf den Hauptplatz. Das Rathaus war in spanischen Nationalfarben angeleuchtet. Das – so konnten wir auf der offiziellen Website der Stadt Salamanca nachlesen – , sei ein Zeichen der Verbundenheit mit Spanien. Tags darauf ist Día de la Hispanidad. Am Nationalfeiertag wird an die Ankunft von Christoph Kolumbus in der „Neuen Welt“ am 12. Oktober 1492 erinnert.  

Gebäude der Universität Salamanca

Wenn man durch die Innenstadt von Salamanca bummelt, trifft man immer wieder auf Gebäude der Universität. Sie wurde im Jahr 1218 von Alfons IX., König von Leon, als eine „Allgemeinschule des Königreiches“ gegründet und ist damit die älteste Universiät Spaniens und eine der ältesten in Europa. Heute hat die Uni Salamanca etwa 40.000 Studierende und mehrere international sehr angesehene Lehrstühle. Neben dem Tourismus und einigen Dienstleistungsunternehmen ist die Universität der wichtigste Wirtschaftsfaktor der Stadt.

Die zwei Kathedralen von Salamanca in einem Komplex

Das beeindruckendste Gebäude Salamancas sind zwei Kathedralen. Ich weiß, dass diese Formulierung zunächst einmal falsch wirkt und dennoch zutrifft: Die alte Kathedrale aus dem 12. und die größere neue Kathedrale aus dem 16. Jahrhundert bilden zusammen  einen Gebäudekomplex und sind auch gemeinsam Bischofskirche des Bistums Salamanca. 

Die Kathedralen von Salamanca von der Römischen Brücke aus fotografiert

Um die Kathedralen wirkungsvoll ins Bild setzen zu können, müssen wir noch ein Stück weiter auf die Puente Romano gehen. Die Römische Brücke, die vermutlich im 1. Jh. n. Chr. zur Zeit des Kaisers Trajan errichtet wurde, überspannt mit einer Länge von 176 m die breiteste Stelle des Flusses Tormes. Nach vielen Bildern, die wir auf der Brücke von der Kathedrale gemacht haben, sind wir noch bis an das andere Ufer  gegangen. Von dort konnten wir schöne Aufnahmen von der historischen Steinbrücke im Vordergrund mit den mächtigen Kathedralen dahinter machen.

Die Römische Brücke mit den Kathedralen von Salamanca im Hintergrund

Unseren wunderschönen Tag in Salamanca schlossen wir mit einigen Tapas (Tortilla, Croquetas, Queso) auf den Gehsteigplätzen der einfachen Taberna de Dionisos (Calle Íscar Peyra, 16, E-37002 Salamanca) ab. Hier passierte es uns erneut, dass der freundliche Camarero uns davor warnte, zu viel zu bestellen. Die Portionen seien recht groß. Er sollte recht behalten. Geschmeckt hat alles wunderbar – trotz der günstigen Preise.

Famiienabendessen mit Tapas "auf der Straße"

Avila in Kastilien & León

Endlich auf der Stadtmauer von Avila

Mit Inge endlich auf der Stadtmauer von Avila

Donnerstag, 12. Oktober 2023 | Seit ich Inge kenne – und das sind inzwischen schon 27 1/2 Jahre – schwärmt sie mir in regelmäßigen Abständen von Avila vor. Auch unsere Tochter Julia kann sich gut daran erinnern, dass ihre Mutter eigentlich „schon immer“ von Avila sprach, quasi als Synonym für die Schönheit spanischer Städte. Inge hatte Ende der 1970er Jahre mit der Deutschen Schule Madrid einen Ausflug in die altehrwürdige Stadt in Kastilien & Leon gemacht und war vor allem von der „endlos langen“ Stadtmauer enorm beeindruckt.

Blick auf Avila vom Aussichtspunkt Cuatro Postes

Einen ersten wunderbaren Ausblick auf Avila mit der Stadtmauer haben wir vom Aussichtspunkt Vista desde los Cuatro Postes am Rande der Nationalstraße 26. Auf dem davor liegenden Parkplatz lassen wir unseren knallroten Ford Focus zurück und gehen zu Fuß die etwa 1,2 Kilometer weite Strecke bis ins historische Zentrum. Dabei überqueren wir den Fluss Rio Adaja auf der gleichnamigen Brücke und passieren kurz danach das Stadttor Puerta de la Adaja en la Muralla de Ávila. Auf einer schmalen langen Straße geht’s jetzt bergauf bis zur Plaza Mercado Chico, dem Markt- und zugleich Hauptplatz der Stadt.

Plaza Mercado Chico mit dem Rathaus von Avila

Heute ist Spanischer Nationalfeiertag. Von offiziellen Feierlichkeiten ist hier im Zentrum von Avila allerdings nichts zu sehen oder zu hören. Nirgendwo spielt eine Kapelle Marschmusik und niemand tanzt Flamenco – so wie das bei feierlichen Anlässen sonst vielfach üblich ist. Dafür sind die Restaurants, Caféterias und Bars in der Innenstadt restlos besetzt. Die Restauranttische sind – offenbar zur Feier des Tages – überhäuft mit so  großen Fleischplatten, wie wir das zuvor noch nie in Spanien gesehen hatten. Uns dagegen gelingt es nicht einmal ein paar Tapas zu bekommen. „Hier ist schon reserviert“, werden wir von einem Camarero unfreundlich angeknurrt, als wir an einem gerade frei gewordenen Tisch in einer Tagesbar Platz  nehmen wollen.

Okay – mit über 30 Grad ist es ohnehin zu heiß, um ausgiebig zu speisen, versichern wir uns gegenseitig und beschließen zumindest einmal die bekannteste örtliche Spezialität zu probieren: Yemas de Avila. In der gleichnamigen Konditorei (Plaza de San Vicente, 3, A-05001 Ávila) kaufen wir gleich drei sorgsam verpackte Schachteln von der Spezialität: Zwei als Mitbringsel, den Inhalt der dritten Schachtel wollen wir gleich als Tapa-Ersatz verdrücken. Das geht schief. Die ausschließlich aus Zucker und Ei hergestellten Yemas entpuppen sich als wabbeliges Gebäck, das Inge und Julia schon nach den ersten Bissen verschmähen. Ich gebe nach dem dritten Stück auf. Die Spezialität aus Avila ist sicher Geschmacksache – aber auf jeden Fall sehr mächtig.

Die Kathedrale von Avila

Auf dem Weg zur Stadtmauer schauen wir uns noch die Kathedrale von Avila an – zumindest von außen. Mit dem Bau des Gotteshauses wurde schon im 12. Jh. begonnen. Ihr heutiges Aussehen erhielt die Kathedrale nach Fertigstellung des Langhauses im 14. Jahrhundert. Der mächtige Sakralbau hat sichtliche Ähnlichkeit mit einer Festung. Als man ebenfalls im 12. Jahrhundert mit dem Bau der Stadtmauer begann, wurde das Gotteshaus in die Stadtbefestigung integriert.

Ein Teil der 2.500 m langen Stadtmauer von Avila

Dann klettern wir endlich auf die Mauer, über die Inge uns so lange vorgeschwärmt hatte. Wir wählen den Aufgang an der offiziellen Touristeninformation Centro de Recepción de Visitantes (Av. de Madrid, 39, E-05001 Ávila). Für 4,50 Euro kann man ein großes Stück der insgesamt 2.500 Meter langen und im Durchschnitt 12 Meter hohen komplett erhaltenen Schutzmauer entlang gehen und dabei auch einige der Türme von der Mauer aus besteigen. 

Blick von der Stadtmauer

Von der Stadtmauer haben wir immer wieder Ausblicke auf das Zentrum von Avila. In der vermutlich ebenfalls von den Römern gegründeten Stadt leben heute etwa 58.000 Menschen. In Spanien ist das mittelalterlich geprägte Avila ein besonders begehrtes Reiseziel, vor allem wegen der bestens erhaltenen Mauer. 

Wie ein Burgfräulein: Julia auf der Stadtmauer von Avila

Während wir über die Stadtmauer bummeln, uns gegenseitig auf den Türmchen fotografieren, kommt bei uns auch etwas Schwermut auf, weil wir uns erst einmal wieder von Julia verabschieden müssen. Zwei Stunden später „liefern“ wir unsere Tochter wohlbehalten bei ihrem Freund Robin in Madrid ab. Die beiden sind glücklich. Inge und ich auch. Für uns geht’s noch weiter durch Spanien.

Julia mit ihrem Freund Robin

Córdoba in Andalusien

Córdoba auf den zweiten Blick

Die Mezquita-Catedral in Córdoba

Freitag, 13. Oktober – Samstag, 14. Oktober 2023 | Es gibt Städte, die schließt man beim ersten Besuch nicht sofort in sein Herz. Uns ging das so mit Córdoba. Die drittgrößte Stadt in Andalusien mit 320.000 Einwohnern hat großartige Sehenswürdigen zu bieten und ist dazu auch noch zentral gelegen: Bis nach Sevilla sind’s rund 150 Kilometer und die Costa del Sol bei Mijas ist kaum 200 Kilometer entfernt. Und dennoch taten wir uns erst einmal schwer mit dieser Stadt. Das begann schon mit der schwierigen Beschaffung einer Unterkunft. Wegen des Spanischen Nationalfeiertags am Tag zuvor waren in allen Städten mit namhaften Sehenswürdigkeiten entweder gar keine Zimmer oder Ferienwohnungen kurzfristig zu bekommen – oder es wurden so hohe Preise aufgerufen, dass es einem den Atem verschlug. 

Selfie auf der Terrasse unseres Hotels in Córdoba

Mit hartnäckigen Internetrecherchen hat Inge uns schließlich noch ein prima komfortables Zimmer mit großer Terrasse in der fünften Etage des Sercotel Córdoba Medina Azahara (Av. de Medina Azahara, 7, E-14005 Córdoba) besorgt. Das Hotel liegt ganz in der Nähe der Universität Córdoba. Das Zentrum haben wir zu Fuß bequem in 15 Minuten erreicht. Unsere jetzt langsam entstehende Zuneigung zu Córdoba wurde allerdings noch einmal durch die Schmuddeligkeit auf dem Weg in die Innenstadt beeinträchtigt. Ähnlich wie zuhause in Hamburg müsste hier mal wieder kräftig durchgefegt werden.

Stadtmauer an der Calle Cairuan

Das Bild ändert sich schlagartig, wenn man das Stadttor Puerta de Almodóvar an der Calle Cairuan erreicht. Eine gepflegte Parkanlage zu beiden Seiten des Tores vor den im Sonnenschein ockerfarben glänzenden Resten der Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert machen uns so richtig Lust auf einen Bummel durch das historische Zentrum Córdobas. Aus dem Bummel wird im dichten Gedränge des ehemals jüdischen Altstadtviertels Judería bald ein Geschiebe. Hier in den engen Gassen gibt es unendlich viele gastronomische Betriebe, kleine Hotels, einige hübsche Privathäuser und die einzige noch verbliebene Synagoge von ehemals 300 in Córdoba.

Dichtes Gedränge in Judería

Dann stehen wir auch schon vor der Außenmauer der Mezquita-Catedral, dem Gebäudekomplex der aus einer gigantisch großen Moschee mit „eingesetzter“  Kathedrale besteht. (Fast) jeder der die Stadt besucht, will auch in die „Mezquita“ – so wie hier das Bauwerk vereinfacht genannt wird. Wir auch. Nur schrecken wir vor der langen Menschenschlange zurück, die sich vor dem Eingang gebildet hat. Darüber hinaus erfahren wir an der Kasse, dass der strikt begrenzte Zugang zum angrenzenden Glockenturm für diesen Tag bereits ausgebucht ist. Also besorgen wir uns Online-Tickets (Mezquita-Catedral 13 €, Glockenturm 3 €) für den nächsten Tag auf der  ⇒ offiziellen Website. Hinweis: Im Internet gibt es ähnliche Seiten über die (teure) Touren durch die Kathedrale verkauft werden.

In der Mezquita von Córdoba

Mit dem Bau der Mezquita (Moschee) wurde im Jahr 784 begonnen, nachdem die Mauren Córdoba erobert hatten. In den folgenden Jahrhunderten wurde die Moschee immer wieder vergrößert, nicht zuletzt auch deswegen, weil die Bevölkerungszahl Córdobas immer weiter wuchs. Um 950 hatte die Stadt etwa 100.000 Einwohner – was damals eine gigantische Größe war. Nach der Rückeroberung der Stadt unter der Führung von Ferdinand III. von Kastilien wurde die Moschee 1236 zu einer christlichen Kirche umgewidmet. Im 16. Jahrhundert folgte dann der „Einbau“ der gewaltigen Kathedrale in die vorhandene Moschee, was die Mezquita-Catedral bis heute so einzigartig macht. Nahezu gleichzeitig wurde das Minarett durch einen Glockenturm ersetzt.

Die Mezquita-Catedral vom Glockenturm aus fotografiert

Das ganze Ausmaß dieses gewaltigen Bauwerks erkennen wir erst, als wir am nächsten Morgen auf den 54 Meter hohen Glockenturm hinaufsteigen. Vor uns sehen wir eine der größten Moscheen, die jemals erbaut wurde, mit einem quasi darin eingesetzten Kirchengebäude. Ohne zu übertreiben ist das eines der spektakulärsten historischen Bauwerke, das ich jemals gesehen habe. 

Die Römische Brücke mit dem Alcázar (links) und der Mezquita-Catedral (rechts)

Wir gehen weiter in Richtung des Flusses Guadalquivir und passieren dabei den Alcázar Andalusí de Córdoba auf der rechten Seite. Das ist die frühere Festung der Mauren und spätere Palast der Könige von Kastilien mit prachtvollen Gebäuden und kunstvoll angelegten Gärten. Dann erreichen wir die Puente Romano, die in 16 Bögen über den Guadalquivir führt. Die Brücke wurde im 1. Jahrhundert v. Chr. errichtet und war in der Römerzeit Teil der Via Augusta, der damals längsten und wichtigsten Verbindung auf der Iberischen Halbinsel. Vom gegenüberliegenden Flussufer haben wir dann eine großartige Aussicht auf die Puente Romano sowie den Alcázar und die Mezquita-Catedral.

Brautpaar auf der Puente Romano

Seit der Römerzeit wurde die Brücke immer wieder restauriert und saniert. Heute ist die Puente Romano ein beliebter Treffpunkt für viele Einwohner Córdobas und ihre Besucher. Man kommt auch her aus besonderen Anlässen – zum Beispiel um Hochzeitsfotos anfertigen zu lassen.  Auch wir waren so fasziniert von der Szenerie und Atmosphäre, dass wir noch zweimal zur Römischen Brücke zurückkehrten  – zuletzt am späten Abend nach einem vorzüglichen Abendessen.

Puente Romano und Mezquita-Catedral bei Nacht

Dann verrate ich euch auch noch gern, dass wir dieses wirklich außergewöhnlich gute Essen im Restaurante Asador El Choto (Calle  Almanzor, 10, E-14003 Córdoba) bekommen haben. Zur Vorspeise gab’s Berenjenas con miel – das sind gebackene Auberginen mit Honig und einer dunklen Essig-Marinade. Dann folgten wir dem Vorschlag des Camareros und bestellten ein Schweinefilet für zwei Personen, das vorgegart und in Scheiben geschnitten mit einer Grillplatte  serviert wurde. Wir haben dann den Rest übernommen. Das Fleisch war zart und die beiliegenden Bratkartoffeln einfach vorzüglich. 

Eine beliebte Vorspeise aus Córdoba: Überbackene Aubergine mit Honig

Unser Aufenthalt in Córdoba hätte damit eigentlich ein lupenreines Happy End haben können, wenn da nicht am nächsten Morgen bei Abfahrt eine böse Überraschung auf uns zugekommen wäre. Unser – nach einem vertraglich bedingten Autowechsel während des kurzen Aufenthalts in Madrid – inzwischen mausgrauer Ford Focus war nicht wieder zu erkennen. Wir hatten den Wagen zwei Tage und Nächte in einer Seitenstraße in Nähe unseres Hotels abgestellt und nicht bemerkt, dass sich in den Bäumen ganze Scharen von grünen Halsbandsittichen niedergelassen hatten. Die gefiederten Feinde benutzten unseren Ford als Vogelklo und ließen dabei kaum eine Stelle aus.  

Inge mit unserem frischgewaschenen mausgrauen Ford Focus

Während ich in solchen Situationen eher hektisch reagiere, behält Inge meistens die Ruhe. Sie suchte – und fand „im Netz“ eine am Sonntag geöffnete Autowäsche. Allerdings war das so eine Anlage „zum Selberspritzen“. Weil wir uns dabei reichlich dumm anstellten, sprang uns ein Mitarbeiter hilfreich zur Seite und entfernte mit Hochdruck auch das letzte Überbleibsel der Vogelattacke. So konnten wir dann in einem glänzenden Auto und gut gelaunt in Richtung Sevilla starten.

Sevilla in Andalusien

Sevilla - zwischen Kathedrale und Königspalast

Sevilla mit der Kathedrale und der Giralda im Hintergrund

Sonntag, 15. Oktober – Dienstag, 17. Oktober 2023 | Sevilla – das war unser Plan – sollte gegen Ende unserer großen Reise durch Spanien noch einmal ein Highlight sein. Und genau so  kam es dann auch. Ausschlaggebend für unsere großartigen Tage waren allerdings nicht nur  Sehenswürdigkeiten wie die Plaza de España, die Kathedrale mit der Giralda oder der Alcázar. Ein weiterer Grund für unsere Begeisterung war unsere  Unterkunft in Sevilla. Diesmal hat sich Inge selbst übertroffen, indem sie ein bezahlbares Luxusapartment für zwei Nächte für uns fand. 

Dachterrasse unseres Apartments in Sevilla mit Kathedrale und Giralda (links) sowie Alcázar (rechts)

Die Suites Murillo Alcázar (Calle Miguel Mañara, 2, E-41004 Sevilla) liegen mitten im historischen Zentrum zwischen der Kathedrale und dem Alcázar. Das luxuriös ausgestattete Apartment verfügt über Wohnraum, Schlafzimmer und Küche, die durch geschickt gesetzte Wände von einander getrennt sind. Die etwas eingeschränkte Aussicht aus dem Apartment selbst wird durch die  Terrasse auf dem Dach des Hauses mehr als kompensiert. Da oben sind die Mauern und Türme der umliegenden historischen Gebäude zum Greifen nahe. Das Apartment und die Dachterrasse erreicht man vom Foyer direkt mit dem Fahrstuhl. Mehr geht eigentlich nicht.

Eingangstor vom Alcázar

Wir fühlten uns in unserem Apartment wie in einer Oase inmitten des hektischen Touristenbetriebs in Sevilla. Tatsächlich waren wir überrascht, dass Mitte Oktober selbst am Montag und Dienstag so viel Zulauf an den  Sehenswürdigkeiten herrschte. Obwohl wir von unserem Apartment aus die Besucherschlangen vor dem Alcázar nebenan bestens beobachten konnten, ist es uns selbst nicht gelungen, zumindest auf einfachem Weg, Karten für den Königspalast von Sevilla zu ergattern. ⇒ Online waren die Tickets (13,50 €) schon für Tage im Voraus vergeben und an der Tageskasse bildeten sich bereits morgens ab 08.00 Uhr lange Schlangen. Uns war die Zeit in dieser pulsierenden Stadt einfach zu schade, um uns mehrere Stunden anzustellen und dann  möglicherweise doch keine Eintrittskarten mehr zu bekommen.

Die Kathedrale von Sevilla mit der Giralda - Nahaufnahme

Für die Kathedrale und die Giralda konnten wir auf der offiziellen ⇒ Website Tickets (11 €)  für ein Zeitfenster in den Mittagsstunden im Voraus buchen. Die Besichtigung beginnt mit der Giralda. Das im 12. Jahrhundert unter maurischer Herrschaft erbaute ehemalige Minarett der Hauptmoschee blieb nach der christlichen Rückeroberung Sevillas als Glockenturm erhalten. Der Name des insgesamt 104 Meter hohen Glockenturms ist eigentlich ein Kosename, der sich auf die Wetterfahne an der Spitze bezieht. Giralda kann man sinngemäß als „Windfahne“ übersetzen. 

Teil der Kathedrale mit Orangenhof von der Giralda fotografiert

Wir klettern über den treppenlosen schrägen Aufgang den Turm hinauf und müssen kurz vor Erreichen des Ziels geduldig auf den Zugang zur Aussichtsplattform warten, weil sich dort ein Stau gebildet hat. Die Aussicht von der Giralda ist dann leider nicht ganz so großartig, wie wir uns das gewünscht hatten. Zunächst muss man sich bemühen, um überhaupt an die durch klobige Stufen abgesetzten Aussichtsplätze zu gelangen. Von dort hat man zwar weite Ausblicke auf die Stadt und kann zum Beispiel die Stierkampfarena ganz gut erkennen. Der Abstand zur Kathedrale ist allerdings zu gering, um Bilder machen zu können, die das riesige Bauwerk in seiner ganzen Pracht darstellen würden;  so ähnlich wie wir vom Glockenturm in Córdoba die Mezquita-Catedral sehen und fotografieren konnten.

Der Hauptaltar in der Kathedrale von Seviila

Die Größe der zwischen 1401 und 1528 erbauten Kathedrale von Sevilla wird für uns bei der anschließenden Besichtigung des Kirchenraums klar. Nach dem Petersdom in Vatikanstadt und der St. Pauls Kathedrale in London, gilt „Santa María de la Sede“ – so der religiöse Name der Kathedrale – als der drittgrößte Kirchenbau weltweit. Man bräuchte viele Stunden – oder wohl eher einige Tage – um sich all die religiösen, historischen und kulturellen Werke und Zeugnisse genauer anzuschauen. Besonders beeindruckend fanden wir den mit Gold und Silber überzogenen und Edelsteinen besetzten Hauptaltar.

Das Grab von Christoph Kolumbus in der Kathedrale von Sevilla

Wie viele andere Besucher auch, konzentrieren wir uns schließlich auf den Sarkophag des Christoph Kolumbus. Die sterblichen Überreste des vermeintlichen Amerika-Entdeckers wurden nach einer jahrhundertelangen „Irrfahrt“ von Spanien in die Karibik und zurück zu Beginn des 20. Jahrhunderts hier in der Kathedrale von Sevilla endgültig beigesetzt. Die vier Sargträger verkörpern die historischen Königreiche Kastilien, León, Aragón und Navarra. Es soll allerdings nicht verschwiegen werden, dass man in der Dominikanischen Republik und anderen Ländern Lateinamerikas darauf beharrt, dass Kolumbus‘ Gebeine im Faro a Colón in Santo Domingo beigesetzt wurden.

Der Torre del Oro am Kanal Alfonso XIII.

Es sind nur wenige Minuten Fußweg durch das belebte historische Zentrum, bis wir die Puente San Telmo erreichen. Die Brücke führt nicht etwa über den Guadalquivir (wie manche Reiseautoren behaupten), sondern über den Alfonso III-Kanal, einen Stichkanal des Flusses. Von der Brücke aus können wir schöne Bilder vom Torre del Oro machen. Der frühere Wachturm wurde um 1220 fertiggestellt und war Teil der maurischen Stadtbefestigung. Später  diente der Turm als Kerker, dann als Lagerstätte für Edelmetalle, die die Spanische Flotte aus Übersee ins  Königreich brachte. Möglicherweise stammt daher auch der Name: Goldturm. Heute hat man vom Torre del Oro die vermutlich beste Aussicht auf die Kathedrale mit der Giralda.

Kathedrale und Giralda vom Torre del Oro aus fotografiert

Noch ein wenig zur Geschichte der Stadt: Sevilla war wahrscheinlich eine Gründung der Phönizier. Zumindest fanden die Römer hier schon einen florierenden Handelshafen vor, als sie die Stadt im 1. Jahrhundert v. Chr. eroberten. Später kamen auch Vandalen und Westgoten, bevor die Mauren im Jahr 712 die damals wichtige Hafenstadt eroberten und weit über 500 Jahre blieben. Erst im Jahr 1248 konnte Sevilla im Rahmen der Reconquista von Ferdinand III. von Kastilien zurückerobert werden. Seitdem ist die Stadt Teil des christlichen Spaniens. Mit heute 680.000 Einwohnern ist die andalusische Hauptstadt auch die viertgrößte Stadt Spaniens. 

Die Plaza de España in Sevilla

An keiner anderen Stelle in Sevilla kommt die Verbundenheit zu Spanien so stark zum Ausdruck wie an der riesigen Plaza de España. Das Ensemble, bestehend aus einem im Halbkreis angelegten Gebäudekomplex vor dem repräsentativen Platz, der von einem Kanal umringt wird, ist nicht etwa eine weitere historische Sehenswürdigkeit aus früheren Jahrhunderten. Nein, der „Spanische Platz“ wurde aus Anlass der Iberoamerikanischen Ausstellung im Jahr 1928 errichtet. Spanien – so ist es überliefert – wollte mit dieser großen Investition vor allem seine Bedeutung gegenüber den lateinamerikanischen Staaten zum Ausdruck bringen, die sich seinerzeit politisch und wirtschaftlich immer mehr den Vereinigten Staaten zuwandten. 

Fotoshooting mit einem Model aus Asien an der Plaza de España

Während kulturbeflissene europäische Besucher die Plaza de España gelegentlich wie ein „Disneyland aus vergangenen Tagen“ ansehen, hat der Komplex besonders für Gäste aus Asien augenscheinlich einen hohen Stellenwert. Wir sahen während unseres Aufenthalts nicht nur unzählige knipsende Chinesen, Japaner und vermutlich auch Koreaner, sondern beobachteten gleich mehrere professionell ausgerüstete Fotografen bei „Shootings“ mit Models auf Brücken, Balkonen und Treppen. Wir hatten keinen „Haus- und Hoffotografen“ dabei und mussten deshalb unsere Erinnerungsbilder selbst „schießen“.

Selfie mit Inge an der Plaza de España

Eigentlich hatten wir uns vorgenommen in Sevilla nicht nur kulturell, sondern auch kulinarisch anspruchsvoll unterwegs zu sein. Dieses Vorhaben gaben wir wegen unserer eingangs beschriebenen tollen Unterkunft gleich wieder auf. Stattdessen holten wir uns Schinken, Käse, Tomaten und Mozzarella und genossen Frühstück und Abendessen in unserem Apartment oder auf der Terrasse mit einer nahezu unschlagbaren Aussicht. 

Kathedrale mit Giralda bei Nacht, fotografiert von der Terrasse "unseres" Apartments

Mijas an der Costa del Sol

Unter uns in Mijas

Letztes Selfie der Reise auf dem Strandweg in Mijas

Mittwoch, 18. Oktober – Samstag, 21. Oktober 2023 | Die letzten vier Tage unserer großen Reise durch Spanien verbrachten wir – nicht ganz freiwillig – an der Costa del Sol in Calahonda bei Mijas zwischen Marbella und Málaga. Wir fuhren also dahin, wo an der  Mittelmeerküste direkt hinter den häufig nur schmalen Stränden eine Autobahn gebaut wurde, damit Sonnenhungrige bequem Urlaubszentren erreichen können, in denen man die schönsten Wochen des Jahres eigentlich nur im Vollrausch ertragen kann. 

Schlimme Bausünde nur 100 m neben unserem Ferienhaus direkt am Strand

Wir sind wetterbedingt an der Mittelmeerküste im Süden Spaniens „gelandet“, weil für weite Teil der Iberischen Halbinsel mit Wochenbeginn eine anhaltende Schlechtwetterfront angekündigt war. Eigentlich wollten wir über Jerez de la Frontera an einen möglichst einsamen Strand an der Atlantikküste im Süden fahren – doch dort regnete und stürmte es seit Tagen. Also richteten wir uns am Strand von Calahonda bei Mijas ein. 

Blick von unserem Ferienhaus aufs Mittelmeer

Inge hatte unter den gegebenen Umständen mit dem Doña Lola Beachfront Studio (1 Urbanización Doña Lola, E-29649 Mijas) mal wieder eine großartige Lösung gefunden. Unsere Unterkunft ist ein zweigeschossiges geräumiges Reihenhaus mit allem drin und dran, was man für ein paar komfortable Urlaubstage benötigt. Von der Terrasse und dem Balkon in der oberen Etage blicken wir direkt auf’s Meer. Wenn wir uns über die Bausünden nebenan  ärgern wollen, müssen wir schon auf die Rasenfläche vor das Haus treten. Um uns herum sind fast nur britische Familien, die uns nicht stören – und wir sie auch nicht. Weil sich auch die meisten Restaurants auf die Gäste von der Insel eingestellt haben, decken wir uns im nahen Supermercado mit vorwiegend spanischen Zutaten für die Selbstverpflegung ein.   

Kilometer langer Strandweg in Calahonda und Mijas

Obwohl die Temperaturen jetzt immer noch bei Mitte 20 Grad liegen, verzichten wir auf das Baden im Meer. Der schmale Strand hier ist recht steinig und wirkt auch nicht sonderlich einladend. Die Briten aus der Nachbarschaft nutzen deswegen den großen Swimmingpool, der genau wie unsere Unterkunft zur Ferienanlage „Doña Lola“ gehört. Wir bevorzugen den kilometerlangen Strandweg, der zumeist aus Holzbohlen besteht und aus unserer Sicht – im Gegensatz zu den meisten Bauten – keinesfalls den Strand verschandelt, sondern im Gegenteil eher aufwertet.

Untergehende Sonne und aufkommender Sturm

Bei unserem letzten Spaziergang, der von der Länge her schon einer veritablen Wanderung nahekommt und schließlich in einem atemberaubend schönen Sonnenuntergang endet, lassen wir die vergangenen vier Wochen in Spanien noch einmal Revue passieren und gelangen schließlich zu dem Fazit:

Inge und ich sind stolz auf uns selbst, dass wir uns zum 25. Hochzeitstag tatsächlich soooo viel Spanien geschenkt haben. Wir freuen uns darüber, dass uns unsere Tochter Julia und auch ihr Freund Robin zeitweise auf dieser tollen Reise begleitet haben. Und schließlich sind wir einmal mehr dankbar dafür, dass wir solche wundervollen  Ferientage miteinander verbringen konnten.