Fernab der Hörerabzocke

Die Initiatoren des Hörfunk-Hygiene-Projekts Fair-Radio Sandra Müller, Udo Seiwert-Fauti und Max Foerster sind für den „Goldenen Prometheus“ nominiert worden.

Nicht jeder der für den „Goldenen Prometheus“ nominiert wird, will den Preis des Online-Medienmagazins „V.i.S.d.P.“ auch haben. Vor drei Jahren verzichteten die BILDblogger Christoph Schultheis und Stefan Niggemeier auf die mögliche Auszeichnung, weil „wir für einen Preis nicht nominiert sein wollen, der an dem Schlagabtausch zwischen Claus Strunz und Oskar Lafontaine irgendetwas für auszeichnungswürdig hält.“ Mit dem „Prometheus“ ist es so, wie mit anderen Medienpreisen – manche Nominierungen und Auszeichnungen sind halt fragwürdig, so wie der „Goldene Prometheus“, den im Frühjahr 2007 „Oli“ Kahn für den „Coup des Jahres“ überreicht bekam.

Verdient haben den Preis ganz bestimmt die Initiatoren von Fair-Radio Sandra Müller, Udo Seiwert-Fauti und Max Foerster, die diesmal für die Kategorie „Radiojournalist des Jahres 2008“ auf der Kandidatenliste stehen. Gegen Ignoranz und Widerstand mancher Hörfunkkollegen setzen sich die drei Journalisten unbeirrt „für ein glaubwürdiges Qualitäts-Radio“ ein.

Entstanden ist die Initiative während eines Radioseminars der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und der Akademie f?r Politische Bildung Ende Juni 2007 in Tutzing am Starnberger See. In einem Workshop zum Thema „Ethik“ berichteten seinerzeit Kollegen aus privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern von Manipulationen, längst nicht nur bei Gewinnspielen oder in den Programmen angekündigten PR-Aktionen. Auch in so genannten journalistischen Beiträgen wird regelmäßig geschummelt: Extern produzierte PR-Beiträge fließen ohne Kennzeichnung in das redaktionelle Programm ein, Reporter melden sich von Orten, die sie selbst gar nicht aufgesucht haben, Originaltöne werden nachträglich zu Interviews aufbereitet.

Unter der Federführung von Udo Seiwert-Fauti wurde am Ende des Seminars noch der „Tutzinger Appell“ formuliert, in dem die Missstände in deutschen Radioredaktionen angeprangert werden:

  • Recherche muss vor Schnelligkeit gehen.
  • Es wird nichts vorgegaukelt, was nicht tatsächlich so ist (der Reporter, der angeblich vom Ort des Geschehens berichtet, tatsächlich aber im Studio sitzt; der Verkehrsreporter, der vorgibt, aus einem Verkehrsflieger zu berichten)
  • Was nicht wirklich live ist, wird auch nicht als live verkauft.
  • PR-Beiträge gehören in den Werbeblock und nicht ins redaktionelle Programm.
  • Nachrichtensendungen werden nicht vorher aufgezeichnet.
  • Mogeleien bei Gewinnspielen sind tabu.

Während sich Hörfunkmanager den Forderungen der Initiative Fair-Radio bislang weitgehend verschließen, finden Sandra Müller, Udo Seiwert-Fauti und Max Foerster immer mehr Beachtung in Fachmedien und bei Journalisten-Vereinigungen wie dem DJV. Die auf der Website von Fair-Radio ausgewiesene Liste der Unterzeichner ist inzwischen auf fast 100 Einträge angewachsen. In der Begründung der Jury für die Prometheus-Nominierung heißt es denn auch zutreffend:

Vor anderthalb Jahren gegründet haben sich bei fair-radio.net zahlreiche Radiomoderatoren und Journalisten von privaten und öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zusammengetan, um auf Missstände und den um sich greifenden Hörerbetrug im Radio aufmerksam zu machen. Dank Müller, Seiwert-Fauti und Foerster gibt es nun sogar ethische Leitsätze für ein glaubwürdiges Qualitätsradio, fernab der Hörerabzocke.

Dem ist eigentlich nichts hinzufügen. Doch – blogmedien drückt die Daumen für den 19. Januar 2009, wenn die Fair-Radio-Macher in Berlin hoffentlich ausgezeichnet werden.